Reiss-Engelhorn-Museen

Sind Schätze aus Togo Raubkunst der Kolonialzeit?

Land bewilligt Geld für Aufarbeitung einer weiteren völkerkundlichen Sammlung durch einen Wissenschaftler aus dem Herkunftsland

Von 
Peter W. Ragge
Lesedauer: 
Die Objekte gehören zum Bestand vom Museum Weltkulturen. © Markus Prosswitz

Die Reiss-Engelhorn-Museen können nun auch ihre völkerkundlichen Bestände aus Togo untersuchen und klären, wo sie genau herkommen und ob sie vielleicht unrechtmäßig nach Deutschland gebracht wurden. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat dazu eine Landes-Förderung in Höhe von 30 000 Euro für Personalkosten bewilligt. Damit kann die Aufarbeitung der Sammlungen, die zur Kolonialzeit nach Mannheim kamen, jetzt weitergehen.

Togo war von 1884 bis 1916 deutsche Kolonie. Die Reiss-Engelhorn-Museen besitzen rund 200 Exponate aus dem westafrikanischen Land, die über verschiedene Kanäle und Sammler ins Haus gelangten. Es handelt sich etwa um Waffen, Musikinstrumente, Ritualobjekte und Schmuck.

Sie sollen zunächst genau erfasst und digital weltweit zugänglich gemacht werden, um auf diese Weise eine möglichst große Transparenz zu schaffen. Damit folgen die Reiss-Engelhorn-Museen der Strategie, auf die sich Vertreter von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden im Oktober 2020 im Umgang mit Sammlungen aus kolonialen Kontexten verständigt haben.

Mehr zum Thema

Reiss-Engelhorn-Museen

Weniger Raubkunst als gedacht

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Reiss-Engelhorn-Museen

Wissenschaftler aus Togo arbeitet koloniales Erbe Mannheims auf

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren
Reiss-Engelhorn-Museen

Stuttgart hilft bei Objekten aus Afrika

Veröffentlicht
Von
pwr
Mehr erfahren

Diese Aufgabe übernimmt der togoische Kulturwissenschaftler Oussounou Abdel-Aziz Sandja, der sich bereits während seines Studiums an der Universität von Lomé intensiv mit der kolonialen Vergangenheit seines Landes beschäftigt hat. Er ist seit April 2021 in Mannheim tätig. Generaldirektor Wilfried Rosendahl, bezeichnet ihn als „absoluten Glücksfall“, denn der Wissenschaftler könne „ab der ersten Sichtung die Perspektive der Herkunftsgesellschaft mit einfließen“ lassen. „Unser Ziel ist eine enge Zusammenarbeit mit Institutionen in Togo, um einen intensiven Dialog auf Augenhöhe anzustoßen,“ so Rosendahl.

Insgesamt umfasst die Weltkulturen-Sammlung der Reiss-Engelhorn-Museen rund 40 000 Exponate aus fünf Kontinenten. Welchen Weg die Stücke ins Museum zurückgelegt haben, ist oft nur lückenhaft dokumentiert. Generaldirektor Wilfried Rosendahl will zwar schon lange die Provenienzforschung ausbauen. Sein Antrag bei der Stadt, dazu eine Personalstelle zu schaffen, wurde jedoch abgelehnt.

„Konsequent und engagiert“

Land und Stadt zahlten bisher aber je zur Hälfte die auf zwei Jahre befristete Stelle von Oussounou Abdel-Aziz Sandja, Germanist und Kulturwissenschaftler. Zunächst sichtete, untersuchte und digitalisierte er zwei Sammlungen, die beide einen direkten Bezug zu ehemaligen deutschen Kolonialgebieten haben: Die eine geht auf Theodor Bumiller zurück, der im 19. Jahrhundert an Militärexpeditionen in (Deutsch-)Ostafrika teilgenommen hat, die andere brachten Frank und Pauline Thorbecke von ihrer Kamerun-Reise 1911 bis 1913 mit – etwa 2000 Exponate. Schon aufgearbeitet haben die Reiss-Engelhorn-Museen die Zusammenhänge ihrer als Raubkunst geltenden Exponate aus dem heutigen Nigeria („Benin-Bronzen“).

Nun kann die Forschungsarbeit zu Togo weitergehen. Theresia Bauer, baden-württembergische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, bescheinigt den Reiss-Engelhorn-Museen, dass sie „die Erforschung ihres kolonialen Sammlungsbestandes konsequent und engagiert angehen“. Daher unterstütze das Land das Museum, auch seine Togo-Bestände zu untersuchen.

Redaktion Chefreporter

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen