Nationaltheater

Schillertage Mannheim: Was macht das Theater im Käfertaler Wald?

Der Aufwand ist enorm. Während der Schillertage läuft das Stück „Räuber*innen“ im Käfertaler Wald auf einer Lichtung. Was Besucher beachten müssen.

Von 
Peter W. Ragge
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Sie planen die Aufführungen im Käfertaler Wald: Susanne Hiller, Bühne & Kostüm, und Sounddesigner Friedrich Byusa Blam bei den Aufbauten auf der Lichtung. © Michael Ruffler

Mannheim. Mückenspray mitnehmen! So eine Empfehlung vor einem Theaterabend ist doch eher selten. Aber das Nationaltheater gibt sie jetzt seinem Publikum. An fünf Abenden lädt es zu Aufführungen in den Käfertaler Wald ein. Das Mannheimer Stadtensemble zeigt ab Freitag, 20. Juni, dort „Mannheimer Räuber*innen“ von Leo Lorena Wyss, und kleine surrende Plagegeister haben schon die Proben geprägt.

Friedrich Schillers Uraufführung „Die Räuber“ am 13. Januar 1782 in Mannheim machte damals ihn und das Nationaltheater berühmt. Das Stück spielt im Wald, der sonst mal mehr, mal weniger auf der Bühne dargestellt wird. Anlässlich der 23. Internationalen Schillertage, mit denen stets an die Uraufführung erinnert wird, läuft das Stück nun erstmals im Wald – zumindest eine moderne Fortschreibung davon in der Regie von Stadtensemble-Leiterin Anna Beata Schmutz. Nicht die Räuber treffen sich da im Wald, sondern ihre Nachfahren, die sich in dem Stück mit Amalias Erbe, Identität und generationsübergreifenden Konflikten auseinandersetzen.

Aber auch mit der Natur werden sie sich auseinandersetzen. „Wir müssen uns dem Wald ausliefern“, sagt Susanne Hiller, verantwortlich für Bühne und Kostüm. Dabei meint sie die elf Akteure vom Stadtensemble, die drei mitwirkenden Kinder, das ganze Personal – und ebenso die Zuschauer. Schon bei den Proben habe man Bekanntschaft mit den Mücken gemacht, mit Nässe ebenso wie mit Hitze. „Das war schon körperlich anstrengend“, gesteht sie. „Wir sind eben in der Natur - und das spüren wir auch“, sagt Hiller.

Hilfe vom Förster und vom Freundeskreis Karlstern

Doch es sei „nie darum gegangen, eine Theaterproduktion einfach in den Wald zu setzen“, stellt Friedrich Byusa Blam klar, der für Sounddesign und Technik verantwortlich ist. „Wir sehen das nicht als Freilichtbühne“, unterstreicht Hiller. Vielmehr sei es ein Anliegen des Stücks, dass „wir mit und in der Natur arbeiten“, so die Bühnen- und Kostümbildnerin: „Der Wald pulsiert, der Wald lebt, und die Akteure und das Publikum sind mitten drin“, erklärt sie.

Die Vorbereitungen dazu hätten schon vor knapp einem Jahr begonnen, berichtet sie – mit Recherchen über die geschichtlichen Hintergründe des Walds. Dabei hätten sie sowohl dessen Rolle beim Kriegsende 1945, als den Amerikanern per Telefonverbindung ins Wasserwerk die Übergabe der Stadt zugesagt wurde, als auch die Ära als Jagdgebiet des Kurfürsten Carl Theodor fasziniert. Bei der inhaltlichen wie technischen Vorbereitung hätten dann der Freundeskreis Karlstern ebenso der örtlichen Revierförster Marco Kratz sehr stark geholfen, zudem die MVV Energie AG als Betreiberin des Wasserwerks.

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Dort, auf einer Lichtung beim Wasserwerk, finden die Aufführungen statt. Dazu habe man logistisch „natürlich sehr viel Aufwand betreiben“ müssen, um dort zunächst proben und dann spielen zu können. „Das ist natürlich nicht das übliche Arbeiten“, so Susanne Hiller, aber die eigenen Werkstätten des Nationaltheaters wie auch die Mitarbeiter des Wasserwerks hätten wertvolle Unterstützung geleistet.

Auch an die Schweinepest wird gedacht

Der oberste Grundsatz sei gewesen, „dass wir der Natur nicht schaden“, betont Hiller. Daher werde natürlich nichts an Bäume genagelt oder geschraubt, sondern – wenn überhaupt – nur festgebunden, nachdem man die Stämme umwickelt habe. Es werden auch keine Bühnenbilder aufgebaut, keine Sitzreihen, keine aufwendige Technik. „Minimal invasiv“ nennt Friedrich Byusa Blam das, was er an Licht- und Tontechnik in den Wald einbringt, und das werde mit Akkus betrieben. „Wir haben da keine große Technik verbaut, das ist alles sehr minimalistisch“, bekräftigt Blam.

Nur einen Bauwagen hat das Theater mitgebracht, als feste Station für das Ensemble, und ein Klavier. „Das ist nach zwei Regentagen und danach Hitze während der Proben natürlich verstimmt, aber dann klingt es halt so“, sagt Blam: „Das gehört dazu!“ Alles passiere in enger Abstimmung mit dem Förster, der aber viel Verständnis und von sich aus viele Vorschläge gemacht habe. Generell lege man auf Nachhaltigkeit viel Wert, weshalb auch ein großer Teil der Kostüme aus dem Fundus stamme.

Wenn das Publikum am Parkplatz beim Wasserwerk ankomme, erhalte es Campinghocker. „Dann läuft man noch etwa zwei Minuten zu der Lichtung“, erläutert die Bühnen- und Kostümbildnerin. Sie hat, auch unter Einsatz von Totholz, eine ganz in Rot gehaltene Installation geschaffen. Vorgesehen ist, dass das Publikum locker um die jeweiligen bespielten Flächen im Wald herumsteht oder sitzt, von Schauplatz zu Schauplatz mitläuft, quasi gemeinsam den Wald und das Stück erleben.

Für Toiletten sei gesorgt, Getränke gebe es und auch an die Schweinepest haben die Theaterleute denken müssen: Das Publikum - pro Vorstellung wird mit 60 Zuschauern gerechnet - läuft zunächst über Desinfektionsflächen. Derzeit sind die Wetterprognosen gut. „Aber was die Leute machen, wenn ein paar Tropfen vom Himmel kommen, wissen wir natürlich nicht“, so Susanne Hiller. Nur bei Sturm und Gewitter werde natürlich nicht gespielt.

Nun ist sie gespannt auf die Resonanz beim Publikum bei der Premiere am Freitag, 20. Juni um 20 Uhr und dann jeweils um 19 Uhr am 21.,22., 27. und 28. Juni. Tickets kosten 20 Euro, ermäßigt zehn Euro (Theaterkasse Tel. 0621/1680-150).

Redaktion Chefreporter

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