Sauberkeit

Sauberkeitsermittler in Mannheim: Den Müllsündern auf der Spur

Mannheim ist dreckig, wild abgelagerter Abfall ist keine Seltenheit. Seit Kurzem wühlen aber Mülldetektive in dem Dreck anderer Leute, um die Müllsünder dingfest zu machen. Wie die Arbeit der Sauberkeitsermittler abläuft

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Kai Plösser
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Sauberkeitsermittlerin Sabrina Brand durchsucht wild abgelagerten Müll und hofft auf Hinweise, die zum Verursacher führen. © Michael Ruffler

Nur wenige Minuten ist Sauberkeitsermittlerin Sabrina Brand auf dem Waldhof unterwegs, schon muss sie im Müll herumwühlen. Lebensmittel, Kleidung, Restmüll, Teile von Möbelstücken und noch mehr bekommt sie in die Finger. Eigentlich sucht sie aber nach Hinweisen, die darauf schließen lassen, wer den Abfall illegal in der Jakob-Faulhaber-Straße entsorgt haben könnte. Die um die Plastiktüten und -taschen herumschwirrenden Fliegen oder tote Ratten, die unweit neben einem weiteren Müllhaufen liegen, scheinen sie nicht weiter zu stören. Es komme einem alles Mögliche entgegen. „Das gehört dazu“, sagt Brand. „Man stumpft ab.“

Kommentar Trotz Sauberkeitsermittlern in Mannheim: Alle müssen anpacken

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Kai Plösser
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Brand ist eine von drei Sauberkeitsermittelnden in Mannheim. Im März hatte die Pilotphase für die Mülldetektive begonnen, im Juli der Regelbetrieb. Am Mittwoch hat die Stadt die Arbeit von Brand und Kollegen vorgestellt. „Vermüllung wird als zunehmend problematisch empfunden. Es herrscht in der Bevölkerung der Wunsch vor, dass wir da energischer einschreiten“, sagt der Bürgermeister für Sicherheit und Ordnung, Volker Proffen (CDU), in dessen Dezernat die Sauberkeitsermittler angesiedelt sind.

Bußgeldrahmen

  • Einzelstücke kleineren Umfangs (zum Beispiel Koffer, Kinderwagen): 100 bis 500 Euro
  • Einzelstücke größeren Umfangs (zum Beispiel Ofen, Kommode): 200 bis 800 Euro
  • Mehrer Einzelstücke größeren Umfangs beziehungsweise Gesamtmenge bis ein Kubikmeter beziehungsweise 200 Kilogramm: 200 bis 800 Euro
  • Sperrmüll über ein Kubikmeter beziehungsweise über 200 Kilogramm: 800 bis 2500 Euro
  • Gegebenenfalls Bußgeld-Erhöhung, wenn zum Beispiel Schadstoffe illegal entsorgt werden.

Proffen zeigt Bilder von wilden Sperrmüllhaufen aus der Stadt, die die Lage verdeutlichen: „Das ist natürlich ein Schandfleck. Das kann so nicht sein“, betont er. Ändern sollen das nun die Sauberkeitsermittler, die stadtweit von Montag bis Freitag und - wenn es sein muss - auch am Wochenende im Einsatz sind. Sie dokumentieren jeden noch so kleinen Müllhaufen mit Bildern, wenn es größere Ausmaße annimmt, auch schriftlich. Die Infos gehen per Mail an den Stadtraumservice, damit dieser tätig werden kann. Die Hauptaufgabe der Sauberkeitsermittler ist aber, die Verursacher zu ermitteln, damit diese für die Entsorgungskosten aufkommen und ihre Vergehen geahndet werden können.

Bereits mehr als 100 Anzeigen durch Sauberkeitsermittler in Mannheim

Proffen nennt Zahlen: Seit März wurden 1177 Fälle von wilden Müllablagerungen überprüft. Dabei stellten Brand und Kollegen 31 Verursacher direkt vor Ort fest, insgesamt wurden 106 Anzeigen ausgestellt und Bußgeldverfahren eingeleitet. Infolge der Arbeit der Mülldetektive wurden zudem 1800 Kubikmeter illegaler Sperrmüll beseitigt. „Unglaublich eindrucksvoll“, findet Proffen die Zahlen. „Das zeigt, wie proaktiv die Kollegen sind“, sagt er.

Wirklich an jeder Ecke. So krass hätte ich es mir nicht vorgestellt.
Volker Proffen Bürgermeister für Sicherheit und Ordnung

„Ich brenne für die Arbeit“, berichtet Brand. „Meine Motivation ist, dass ich etwas zu einem sauberen Stadtbild beitragen möchte“, führt sie aus. Bei ihrer Arbeit sucht sie nicht nur im Abfall nach Hinweisen, sie geht auch Meldungen aus der Bevölkerung nach oder befragt die Anwohnenden selbst. Hotspots werden in den Abendstunden oder nachts auch mal observiert. „Das ist dann wie im Tatort: Wir sitzen im Auto und warten, bis sich etwas tut“, schildert Brand. Macht sie Müllsünder dingfest, stellt sie schließlich die Ordnungswidrigkeitsanzeigen aus.

Brand hebt aber hervor, dass sie erst das Gespräch sucht und darum bittet, den Müll innerhalb von ein bis zwei Tagen zu entfernen und verweist zugleich auf die Möglichkeit eines Expresstermins zur Abholung. In 90 Prozent der Fälle seien die Menschen einsichtig. In den anderen Fällen komme es zur Anzeige. Doch oft gestalte sich die Kontaktaufnahme etwa durch Sprachbarrieren schwierig. Hier will die Stadt Handzettel an die Anwohnenden in verschieden Sprachen verteilen, um das Bewusstsein der Menschen für das Müllproblem zu schärfen.

Ziel der Mannheimer Sauberkeitsermittler: Sensibilisieren und wilden Müll Vermeiden

„Unser Ziel ist zum einen zu sensibilisieren, auch durch die Ermittlungstätigkeiten vor Ort“, sagt der Bürgermeister. Nicht nur, damit es sauber wird, sondern auch um das Sicherheitsempfinden der Menschen zu stärken. „Und wir wollen vermeiden, dass künftig wieder Müll an den gleichen Stellen abgelagert wird. Auch das ist ja oftmals ein großes Problem“, betont Proffen. Zum einen soll das durch die Observierungen der Mülldetektive gelingen. Zum anderen durch „sichtbare Zeichen“, die laut Proffen aber noch entwickelt werden müssten. Diese sollen dann zwischen Ermittlungen und Abholung an den Müllablagerungen zu sehen sein und deutlich machen, dass wilde Müllablagerungen verboten sind.

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„Ich glaube, ohne Abschreckung werden wir nicht zum Erfolg kommen. Deshalb ist das, was hier getan wird, so wichtig“, betont Erste Bürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne), die ebenfalls bei der Vorstellung der Sauberkeitsermittler dabei ist. „Es gibt einfach Täter, die wir nur über diesen Weg finden“, sagt die Umweltdezernentin.

Zurück auf den Waldhof, wo Proffen sich über die Menge an wildem Müll zu wundern scheint: „Wirklich an jeder Ecke. So krass hätte ich es mir nicht vorgestellt“, sagt er. 150 Fotos habe Sauberkeitsermittlerin Brand innerhalb von 20 Minuten in dem Gebiet schon machen müssen, erzählt sie. Eine unendliche Geschichte sei das Ganze, sagt die Sauberkeitsermittlerin, bevor sie weitergeht und im nächsten Müllhaufen herumwühlt.

Redaktion

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