Mannheim. Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) hält gegen den Widerstand der Stadt an seinen Plänen fest, einen seiner vier Rettungswagen von Käfertal nach Sandhofen zu verlegen. Er werde „wie geplant die neue Rettungswache am 1. Juli in Betrieb nehmen“, kündigte der ASB an – womit er auf direkten Konfrontationskurs zur Stadt geht. Streit gibt es deshalb aber auch intern: Chris Rihm, Stadtrat der Grünen und zweiter stellvertretender Vorsitzender des ASB, ist von seinem ASB-Amt zurückgetreten.
Rihm war nach dem Abitur als Zivildienstleistender zum Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) gekommen. Er absolvierte eine Ausbildung zum Rettungsassistenten und arbeitete 1999 bis 2005 beim ASB. Danach war er noch ehrenamtlich als Einsatzleiter tätig. In seiner Funktion als Stadtrat der Grünen sprach er sich aber gegen die ASB-Pläne in Sandhofen aus, was nach seinen eigenen Angaben zur Konfrontation innerhalb des Vorstandes führte.
Zeiten und Zahlen
- Bislang gibt es in Mannheim vier Rettungswachen.
- Bei den Johannitern in Friedrichsfeld stehen zwei 24-Stunden-Rettungswagen und ein Fahrzeug mit sieben Stunden, das Rote Kreuz hat zwei Vollzeit- und zwei Teilzeit-Rettungswagen im Parkring und der Lagerstraße stationiert. Die Malteser besetzen einen 24-Stunden-Wagen, und der Arbeiter-Samariter-Bund hat Auf dem Sand in Käfertal drei 24-Stunden-Fahrzeuge und einen Wagen für 15 Stunden (werktags).
- Laut Rettungsdienstgesetz Baden-Württemberg beträgt die Hilfsfrist „nicht mehr als zehn, höchstens 15 Minuten“. Ziel ist, das in mindestens 95 Prozent der Fälle zu schaffen.
Der ASB hat den ehemaligen Getränkehandel Gemü in Sandhofen im Dompfaffweg übernommen, auch weil seine Rettungswache in Käfertal zu klein geworden ist. Die Baumaßnahmen seien so gut wie abgeschlossen, in den kommenden Tagen würden weitere Möbel geliefert, teilte der ASB mit. Dann werde ab 1. Juli einer der bisher vier in Käfertal stationierten Rettungswagen von Sandhofen aus ausrücken.
Beschlossen haben das im Juli 2020 Rettungsorganisationen und Krankenkassen, die im Bereichsausschuss allein über den Rettungsdienst entscheiden. Bei seiner Sitzung im Mai hat das Gremium dies einstimmig bekräftigt. Zwar läuft noch ein Verfahren zur Zulässigkeit Beschlusses beim Regierungspräsidium Karlsruhe. Die Stadt, bei der die Rechtsaufsicht liegt, hat eindeutig ein Veto eingelegt. Der ASB hält aber an den Plänen fest.
Gutachten vorgeschlagen
„Davon versprechen wir uns eine deutlich bessere Versorgung der Bürger im Norden“, sagt Joachim Schmid, Geschäftsführer des ASB. Die Befürchtungen der Stadt, dass möglicherweise andere Mannheimer Stadtteile weniger gut versorgt sein könnten, seien „nicht nachzuvollziehen“, ergänzt Hendrik Maier, Leiter des ASB-Rettungsdienstes.
Die Stadt indes pocht als Rechtsaufsicht darauf, dass „im gesamten Stadtgebiet Notfälle innerhalb der gesetzlichen Hilfsfrist erreicht werden“, so eine Sprecherin des Ersten Bürgermeisters Christian Specht. „Jegliche Eingriffe“ wie andere Fahrzeugstandorte oder neue Wachen müssten „auf einer daten- und damit faktenbasierten Analyse und einer Folgenabschätzung beruhen“.
Schon jetzt gebe es eine „überdurchschnittliche Versorgung des nördlichen Stadtgebiets“. Sandhofen habe obendrein den Vorteil, dass der Roche-Rettungswagen auch außerhalb der Werksgrenzen tätig werde – auf Basis eines Vertrags zwischen Roche und Rotem Kreuz.
Werde nun ein Rettungswagen von Käfertal weiter nach Norden verlegt, habe dies Hilfsfristverletzungen in anderen Stadtteilen zur Folge. So versorge die Wache Käfertal auch Franklin sowie die östlichen Stadtteile Vogelstang oder Wallstadt. Die Stadt präferiert daher die Lösung, einen zusätzlichen Rettungswagen für den Mannheimer Norden einzusetzen – was aber Krankenkassen und Hilfsorganisationen ablehnen. Die Stadt hat nun ein unabhängiges Gutachten vorgeschlagen, das die Versorgung aller Stadtteile prüfe.
„Ein Schildbürgerstreich“?
Dies sei „ein Schildbürgerstreich“, weil es „wieder Jahre dauert“, heißt es in einer Mitteilung des ASB als Zitat von einer Veranstaltung der Gemeinnützigen Bürgervereinigung Sandhofen. „Wir stehen zu 100 Prozent hinter der neuen Rettungswache, für die Menschen im Mannheimer Norden bedeutet das deutlich mehr Sicherheit“, zitiert der ASB Wolfgang Steinmann, stellvertretender Vorsitzender der Bürgervereinigung, nach der Veranstaltung in der neuen Rettungswache. „Von der Fläche her sind wir der größte Stadtteil“, sagt Steinmann, umso wichtiger sei eine gute und sichere Versorgung.
„Die Veranstaltung war eine einseitige Lobbyveranstaltung des Bürgervereins zugunsten des ASB – ohne die Argumente der Stadt zu hören oder zu berücksichtigen“, urteilt Chris Rihm darüber. „Letztendlich spielt der ASB mit seiner Vorgehensweise die Bevölkerung von Mannheim gegeneinander aus“, schimpft er. Der ASB habe „nicht überzeugend kommuniziert, wo die Vorteile der Wache Sandhofen für die Bevölkerung sein sollen“, denn wegen der hohen Auslastung stünde das Fahrzeug ohnehin kaum dort.
Rihm fordert – wie die Stadt – einen unabhängigen Gutachter, der prüft, wie sich die Versorgung von ganz Mannheim verbessern lasse. Vielleicht könne man auch als Modellprojekt temporär einen zusätzlichen Rettungswagen für Sandhofen finanzieren und prüfen, wie sich das zusätzliche Fahrzeug auf die Einhaltung der Hilfsfrist auswirke.
Wenn es Rettungsorganisationen und Krankenkassen „wirklich um eine Verbesserung der Versorgung gehen würde und nicht um betriebswirtschaftliche Interessen, dann müsste man diesem Vorschlag zustimmen“, so Rihm. Er hat zudem eine lange Liste von Fragen dazu für die nächste Sitzung des Sicherheitsausschusses des Gemeinderats eingereicht.
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