Bundesgartenschau

Reiss-Engelhorn-Museen erinnern auf der Mannheimer Buga an Karl Friedrich Schimper

220 Jahre alt würde er am Mittwoch: Karl Friedrich Schimper, einer der weltweit berühmtesten Kurpfälzer – in Mannheim geboren und in Schwetzingen gestorben – und doch in seiner Heimat weitgehend unbekannt

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Peter W. Ragge
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Steppenbisons haben vor 44 000 Jahren auf dem heutigen Gelände der Bundesgartenschau gelebt – daher wird so ein Skelett dort zu sehen sein. © REM

Mannheim. 220 Jahre alt würde er am Mittwoch: Karl Friedrich Schimper, einer der weltweit berühmtesten Mannheimer – und doch in seiner Heimatstadt weitgehend unbekannt. Das wollen die Reiss-Engelhorn-Museen ändern. Ihr Beitrag auf der Bundesgartenschau wird dem Pionier der Klimaforschung gewidmet, der als erster Wissenschaftler den Begriff „Eiszeit“ prägte, deren Entstehung er auch erforschte.

„Wir haben seine Büste im 3-D-Druck hergestellt“, sagt Wilfried Rosendahl, Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen. Das Original wird nämlich nicht ausgeliehen. Es befindet sich dort, wo der Naturforscher zuletzt in einer vom Großherzog zur Verfügung gestellten Wohnung, verarmt und krank, lebt und am 21. Dezember 1867 mit erst 64 Jahren stirbt: in Schwetzingen.

In der Antarktis ist immerhin ein Gletscher nach ihm benannt. Und in der Nähe des Hauses Oberrhein am Rheinufer steht der „Schimperasso“, wie der Volksmund jenen Findling getauft hat, den der Wissenschaftler selbst 1837 in der Nähe der damaligen Gaststätte „Rheinlust“ hat aufstellen lassen.

3D-Druck der Büste des Naturforschers Karl Friedrich Schimper. © REM

Diese Steine spielen eine wichtige Rolle in Schimpers Forschung. Die, wie man sagt, „Findlinge“ führt der Wissenschaftler darauf zurück, dass Gletscher, wie man sie aus den Alpen kennt, auch anderswo gewesen sein müssen – denn nur derart gewaltige Eismassen könnten solche schweren Felsen über die Distanz bewegen, zumal sie nicht zu den sonst vorkommenden Gesteinsarten passen. Und daraus entwickelt Schimper, in D 5, 9 am 15. Februar 1803 geboren und Schüler am angesehenen Lyceum in A 4, Vorgänger des heutigen Karl-Friedrich-Gymnasiums, die Eiszeit-Theorie. Er beobachtet, kombiniert und weist nach, dass vor etwa 11 600 Jahren, während der letzten Eiszeit, weite Teile des Kontinents mit Gletschern bedeckt sind, aber längst nicht alles. Dabei ist Schimper nicht nur Klima- und Pflanzenforscher, sondern er dichtet gerne. Seine „Ode an die Eiszeit“, wo der Begriff erstmals auftaucht, sei eindeutig „die Geburtsstunde des Wortes Eiszeit“, so Rosendahl.

Rosendahl konzipierte auch die erfolgreiche Ausstellung „Eiszeit-Safari“. Schon 2016 hatte sie in der Festung Ehrenbreitstein Koblenz Premiere, ging dann mit sechs 40-Tonnern auf Tournee und war – überarbeitet und erweitert – 2021 in Mannheim zu sehen. Daran knüpft Rosendahl nun auch beim Beitrag des Museums für die Bundesgartenschau an – schließlich widmet die sich dem Thema Klima und Nachhaltigkeit.

Präsentation mit Skelett

„Was passt da also besser, als zu zeigen, dass aus Mannheim der erste Klimaforscher überhaupt gekommen ist – auch wenn man ihn in seiner Heimat weitgehend vergessen hat“, so Rosendahl. Auf der Bundesgartenschau will er daher unter anderem Faksimiles seiner beiden wichtigen Publikationen „Eiszeit“ aus dem Jahr 1837 und „Witterungsphasen der Vorwelt“ aus 1843 in der U-Halle präsentieren. Die Forschungen von ihm und seinem Team am Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie stünden schließlich „in moderner Tradition dieses Mannes“, so der Generaldirektor. Präsentiert wird auch eine „Mannheim-Formation“ – Mannheims geologischer Untergrund. Die oberen Ablagerungen des nördlichen Oberrheingrabens gelten als eines der wichtigsten kontinentalen Klimaarchive Europas, weil sich hier Zeugnisse aller Erdzeitalter finden.

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Und die befinden sich in tiefen Schichten unter der Erde. Rosendahl hat daher die Initiative „KIWI – Kieswirtschaft im Dialog am Oberrhein“ sowie dem Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg als Partner gewonnen. Sie werden, wie er sagt, „ein paar Tonnen“ Kies auf dem Spinelli-Areal anliefern und dort die Schaufel eines Schwimmbaggers als Blickfang platzieren.

„Ohne das Ausbaggern zur Gewinnung von Sand und Kies, vor allem in den 1960er und 1970er Jahren, gäbe es viele Funde nicht – und damit auch viele Kenntnisse, die wir heute über das Leben in der Eiszeit haben“, bekräftigt Rosendahl. Das will er auf der Bundesgartenschau anhand von Tier-Rekonstruktionen zeigen, aber auch von einem Steppenbisonskelett. „Der Steppenbison war das größte Wildrind der letzten Eiszeit bei uns, er lebte in großen Herden am Oberrhein“, erläutert der Generaldirektor. „Wenn man das Bundesgartenschau-Gelände vor 44 000 Jahren besucht hätte, dann wäre man dort sicherlich auf dieses stattliche Tier getroffen, dessen Herden in einer Grassteppenlandschaft weideten“, erklärt er.

Die 44 000 Jahre sind nicht geschätzt: Anhand eines im Stadtmuseum Viernheim ausgestellten Schädelfunds vom Waldsee in Viernheim weiß man das genau, denn dessen Alter haben Wissenschaftler des Mannheimer Forschungsprojekts „Eiszeitfenster Oberrheingraben“ im Labor vom Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie mit der 14 C-Methode, bei der man den Zerfall von Kohlenstoff-Isotopen misst, auf genau 44 000 Jahre datiert.

Buch zum Thema

Pünktlich zur Bundesgartenschau hat Rosendahl auch ein Buch veröffentlicht, wo sonst man in Deutschland Spuren zu den Themen Klima, Umwelt und Mensch entdecken kann – Eiszeitgärten, Museen, bedeutende Dünen, Höhlen- und Freilandfundstellen. „EisZeitReise Deutschland“ heißt der Band mit 36 Zielen vom Chiemsee bis Flensburg, den er im Nünnerich-Asmus-Verlag mit Doris Döppes, Sammlungsleiterin der Abteilung „Weltkulturen und Naturkunde“ der Reiss-Engelhorn-Musen, und Robert Darga, Direktor des Südostbayerischen Naturkunde- und Mammut-Museums Siegsdorf, herausbrachte.

Redaktion Chefreporter

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