Mannheim. Für die Bundesgartenschau in Mannheim wurden nicht nur viele Tonnen von Erde ausgehoben, Bäume und Blumen gepflanzt oder Fußwege und weitere Infrastruktur angelegt. Die Buga23 ist auch ein guter Ort, um Innovationen einem großen Publikum vorzustellen. Eine davon ist das Projekt „PeePower BUGA 2023“, eine Toilette, mit der aus menschlichem Urin Energie gewonnen wird.
Die Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Technischen Universität Hamburg haben jahrelang an einer Stromtoilette getüftelt, die Urin auffängt und in Energie umwandelt. Schließlich ist es einer Forschergruppe aus beiden Universitäten gelungen, einen Reaktor zu konzipieren, der mithilfe von Mikroorganismen Wasserstoff aus Urin gewinnt. Eine Brennstoffzelle produziert daraus Strom. Die Voraussetzung ist jedoch, dass die Ausscheidungen voneinander getrennt werden.
Urin darf nicht mit Wasser verdünnt sein
Das geschieht bei „PeePower BUGA 2023“ schon beim Toilettengang. Harald Horn, Professor für Wasserchemie und Wassertechnologie am KIT, erklärt, warum das so sein muss: „Durch das gemeinsame Entsorgen von Urin und Kot verschenkt man die Möglichkeit, den Urin zu nutzen. Der meiste Stickstoff, den wir ausscheiden, ist im Urin. Aber wenn man Urin und Kot trennt, was Eco-Toiletten tatsächlich machen, kann man den Urin nutzen.“ Der Urin darf nicht mit Wasser verdünnt werden, was beim Spülen auf herkömmlichen Toiletten aber gemacht wird.
Ist der Urin erstmal aufgefangen, wird er zur Produktion von Wasserstoff in einem bioelektrischen System genutzt. Dieses bioelektrische System besteht aus einem Rotationsscheibenreaktor, der mikrobielle Elektrolyse betreibt. Die Mikroorganismen in der Vorrichtung oxidieren die organischen Säuren im Urin und liefern damit die Elektronen an die Anode. Diese wiederum reduzieren die bei der Säureoxidation entstehenden Wasserstoffprotonen an der Kathode zu Wasserstoff.
Vier Jahre Arbeit nötig
„Mit Wasserstoff kann man eigentlich alles machen. Auf der Bundesgartenschau kommt der Wasserstoff in eine konventionelle Brennstoffzelle, mit der Strom erzeugt wird“, führt Horn weiter aus. Damit können die Buga-Besucher dann ihre Handys aufladen. Was der Professor in wenigen Sätzen so vermeintlich einfach erklärt, ist jedoch eine komplexe Entwicklung, an der die Forscher vier Jahre gearbeitet haben.
Standort von PeePower
- Besucher finden die Stromtoilette mit dem Namen Pee Power auf der Parzelle für Bioökonomie auf dem Spinelli-Gelände, die das Umweltministerium Baden-Württemberg errichtet hat.
- Der Reaktor, der auf der Buga installiert wird, ist in Größe und Design weltweit einzigartig.
- An dem System zur Energiegewinnung haben Forscher vier Jahre lang gearbeitet.
Wie Urin nutzbar gemacht werden kann, ist schon lange Gegenstand der Forschung. Seit 20 Jahren ist bekannt, dass Mikroorganismen auf Anoden wachsen, organischen Kohlenstoff aufnehmen und Elektronen herstellen können. Urin bietet sich perfekt an, weil er einen hohen Salzgehalt hat und damit ein starkes Elektrolyt darstellt. Um auch den Stickstoff zurückzugewinnen, kommt laut Horn am besten der menschliche Urin in Frage. Ein Forscherteam um ihn arbeitet etwa auch daran, wie eine Transformation von kommunalen Kläranlagen in Bioraffinerien zukünftig möglich ist.
Ob sich das lohnt? „In der Gesamtenergiebilanz für Deutschland ist das Ergebnis sicherlich nachrangig. Abwasser ist nicht die neue Energiequelle. Es lohnt sich aber, damit zu zeigen, wie man Technologie weiterentwickeln kann. Die Innovation, die durch bioelektrische Systeme losgetreten wird, ist der Gewinn“, ist Horn überzeugt.
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