Mannheim. Erst seit ein paar Wochen ist Christian Hötting als Vorsitzender der CDU Mannheim im Amt. Er soll den Kreisverband nach der unrühmlich zu Ende gegangenen Ära Nikolas Löbel wieder in ruhigeres Fahrwasser bringen. Nun droht ihm Ärger. Der Grund ist eine Spende an den Ortsverband Käfertal für den Wahlkampf vor der Kommunalwahl 2019. Die könnte für den 45-Jährigen, aber auch für die CDU Mannheim unangenehme Folgen haben.
Am 12. Februar 2019 schickt Hötting - er war damals Vorsitzender und Kassier des Ortsverbands - um 12.32 Uhr eine Mail an drei Parteifreunde aus dem Ortsverband. Sie liegt dem „Mannheimer Morgen“ vor. Darin verkündet er, dass die „angekündigte Spende von 5000 Euro“ auf dem Konto der CDU Käfertal eingegangen sei. Der Ortsverband verfüge nun über ein Guthaben von 7000 Euro. „Dies ist ein sehr bedeutender Schritt nach vorne und sichert uns die nächsten Schritte im Wahlkampf“, schreibt Hötting. Allerdings gebe es damit ein „Problem“. Hötting beschreibt, dass die Spende von einem Bauentwickler stamme, den wir in diesem Text X nennen. Als überweisende Person sei allerdings eine andere Person genannt - sie heißt in diesem Text Y.
"Ja, es ist alles in Ordnung."
Hötting erklärt, dass er dem Spender nun „sehr gerne eine Spendenquittung zukommen lassen“ wolle. Diese könne aber nach seiner Kenntnis der einschlägigen Vorschriften nur auf die einzahlende Person, die er gar nicht kenne, ausgestellt werden. Seine Frage an die Parteifreunde: „Ist das so in Ordnung und von X beabsichtigt?“
Gleichzeitig äußert Hötting noch die Bitte, dass jemand, der einen guten Kontakt zu X habe, bei diesem kurzfristig nachfrage, warum nicht sein Name als überweisende Person dort stehe und wer Y sei.
Chris Rihm, damals Mitglied im CDU-Ortsverband Käfertal und Kandidat für die Kommunalwahl, erinnert sich an das Thema. Der Bauentwickler habe ihm in einem persönlichen Gespräch angekündigt, dass die Spende kommen werde. Vermittelt habe sie ein Parteifreund aus dem Ortsverband, der sehr gute Kontakte zum Spender habe. Der Bauentwickler habe zuvor schon häufig gespendet. Die Höhe der Summe, 5000 Euro, sei aber neu gewesen. Der Parteifreund, der den Unternehmer damals wegen einer Spende angefragt hatte, war Konrad Schlichter. Der Altstadtrat sagte dem „MM“, dass der Bauentwickler zugesagt habe. Die Summe sei auch eingegangen, das wisse er. „Aber ich weiß nicht, von wem“, sagt Schlichter.
Auffällig war laut Rihm auch, dass die Person Y (die ebenfalls in der Immobilienbranche tätig ist) vor ihrer Spende noch nie mit der CDU zu tun hatte. Der Eingang der von X angekündigten und von Y überwiesenen Spende sei dann an den damaligen Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel gemeldet worden, erinnert sich Rihm. „Das passt!“, sei Löbels Antwort an den Ortsverband gewesen. Als Kreisvorsitzender sei er für das Ausstellen von Spendenquittungen zuständig gewesen. Auch Georg Herrmann, Mitglied im Ortsverband Käfertal, erinnert sich an eine Aussage Löbels. „Können wir das Geld behalten?“, sei der Bundestagsabgeordnete damals bei einer Veranstaltung gefragt worden. Löbels Antwort, so Georg Herrmann: „Ja, es ist alles in Ordnung!“
Rihm wollte damals von dem Bauentwickler wissen, warum er die Spende auf diesem ungewöhnlichen Weg überweisen ließ: Dessen vielsagende Antwort: „Das mussten wir halt so machen.“ Konkreter sei er nicht geworden.
Was ist das Problem an dem Vorgang? Der Bauentwickler könnte den Immobilieninvestor dazu genutzt haben, um Spenden zu verschleiern. Das Parteiengesetz schreibt nämlich vor, dass Spendernamen und Summe in den Rechenschaftsberichten von Parteien veröffentlicht werden müssen, wenn die Person pro Jahr mehr als 10 000 Euro spendet. Verteilt eine Person ihre Spenden auf „Strohmänner“, um unter dieser Grenze zu bleiben, spricht man von Verschleierung von Spenden. In Paragraf 25 heißt es im Parteiengesetz, dass eine Partei eine Spende unter anderem dann nicht annehmen darf, wenn es sich erkennbar um die Weiterleitung einer Spende eines nicht genannten Dritten handelt.
"Der Gesetzgeber möchte, dass die Partei weiß, von wem das Geld kommt."
„Wenn der Vorsitzende sicher weiß, dass die Spende von Unternehmer X stammt, dann muss sie als Spende von X verbucht werden“, sagt Sophie Schönberger, Professorin für Öffentliches Recht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Auf X müsse auch die Spendenquittung ausgestellt werden. Stelle er die Spendenquittung auf Y aus, mache er sich gegebenenfalls wegen (versuchter) Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar. „Wenn man nicht genau weiß, woher das Geld kommt, darf man es nicht annehmen - das ist die Rechtslage“, erklärt Martin Morlok, emeritierter Rechtswissenschaftler aus Düsseldorf. Sollte der Ortsverband das Geld angenommen haben, werde die Partei in Höhe des Dreifachen bestraft. „Der Gesetzgeber möchte, dass die Partei weiß, von wem das Geld kommt“, so der Parteienrechtler. Nur wenn die Partei wisse, dass das Geld tatsächlich von Y ist, dürfe sie es behalten und eine Quittung ausstellen. „Bei Zweifel muss sie es an die Bundestagsverwaltung weiterleiten.“
Christian Hötting bestätigt, dass die Spendensumme damals von X avisiert war, dann aber von einer anderen Person überwiesen wurde. Es habe ihm allerdings kein Hinweis vorgelegen, dass das Geld einer Person über eine andere Person eingereicht worden sein könnte. Den Vorgang habe er zur Prüfung an den Kreisverband weitergeleitet, von dort aber nichts gehört. Die Spendenquittung habe üblicherweise der Kreisschatzmeister ausgestellt. Er selbst hat nicht nach dem Grund gefragt, warum das Geld von einer anderen Person gekommen war, so Hötting. „Für mich wurde die Spende offensichtlich nicht unrechtmäßig getätigt“, sagt der CDU-Kreisvorsitzende heute. Das Geld sei ein Segen für den Ortsverband gewesen.
Nikolas Löbel ließ eine Anfrage dieser Redaktion zu dem Sachverhalt unbeantwortet. Der damalige Kreisschatzmeister Thorsten Bock erklärte, ihm sei der Fall nicht bekannt. „Die Ortsverbände agieren unabhängig.“
"Ich mache meine Spenden so, wie ich es für richtig halte."
Der Bauentwickler X spricht gegenüber dieser Redaktion von einer „ganz sauberen Sache“, weil das Geld von Y bezahlt worden sei. „Wir haben das so ausgemacht, dass er das spendet.“ Auf die Frage, ob er selbst auch noch was gespendet hat, wie es angekündigt war, erklärt er: „Ich mache meine Spenden so, wie ich es für richtig halte, und da brauche ich dem ,Mannheimer Morgen’ keine Rechenschaft abzulegen.“
Dass er die 5000 Euro an die CDU Käfertal bezahlt hat, bestätigt Y. Er habe sein Büro viele Jahre in Käfertal gehabt. „Deshalb habe ich einen sehr großen Bezug zu Käfertal“, erklärt der Immobilieninvestor. Sein soziales Engagement sei vielfältig, er spende regelmäßig Beträge zwischen 1000 und 10 000 Euro an die unterschiedlichsten Institutionen.
Ob der Bauentwickler die avisierte Spende gemacht habe, könne er nicht sagen. „Ich kenne ihn, aber ich kenne auch alle anderen Immobilienunternehmer. Was er wem spendet, weiß ich nicht.“
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