Mannheim. Zum Auftakt des Marktplatz-Prozesses am Freitagmorgen herrscht am Mannheimer Landgericht hoher Andrang. Bereits gegen 8.15 Uhr stehen vor dem Gerichtssaal die ersten Menschen in der Schlange, die bis zum Prozessbeginn um 9 Uhr stetig anwächst. Auch viele Polizeibeamte sind vor Ort. Die entsprechenden Einsatzfahrzeuge stehen aufgereiht vor dem Gebäude im Quadrat A 1, wo sich gegen 8.30 Uhr auch die Initiative 2. Mai mit einer Mahnwache postiert.
„Wir haben uns fast zwei Jahre darum bemüht, dass Ante (das damalige Todesopfer, Anm. d. Red.) nicht in Vergessenheit gerät und es zu einem öffentlichen Prozess gegen die Polizeibeamten kommen muss“, betont Jan Philipp Krauß, Sprecher der Initiative. Mit ihrer Anwesenheit möchten die Unterstützer der Familie des Opfers sowie den Zeuginnen und Zeugen nicht nur symbolischen Trost spenden, sondern auch „zeigen – egal wie der Prozess ausgeht – wir haben mitbekommen, was geschehen ist“, erklärt Krauß die Beweggründe der Mahnwache.
Doch nicht nur vor dem Landgericht, sondern auch im Gerichtssaal wohnt die Initiative dem Prozess bei. „Im Gerichtssaal werden wir mit vielen Ehrenamtlichen den Prozess kritisch begleiten und auswerten“, kündigt Krauß an. Auch Thomas Mohr, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei für die Bezirksgruppe Mannheim, will nach eigenen Aussagen an fast jedem Verhandlungstag als Prozessbeobachter dabei sein.
Gewerkschafter der Polizei: Videos zeigen nicht gesamten Sachverhalt
Es sei ein wichtiger Prozess, sagt Mohr. Als Gewerkschafter der Polizei würde er die Unschuldsvermutung von Polizisten hoch ansiedeln. „Wir haben als Gewerkschaft der Polizei Interesse an diesem Gerichtsverfahren.“ Man könne sich ein besseres Bild vom Geschehen machen. Gekürzte Videos, wie sie damals im Umlauf waren, würden nicht den gesamten Sachverhalt zeigen.
Die Initiative 2. Mai sieht das anders. „Es ist vor allem den Zeuginnen und Zeugen zu verdanken, dass es zur Anklage gekommen ist“, sagt Krauß. Etwa 70 Menschen hätten das Geschehen gefilmt. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie der 47-jährige Ante P. die Straße überquert, wie einer der Polizisten ihn ergreift und wie sich der Mann losreißt, bevor er überwältigt wird und schließlich Faustschläge einstecken muss.
Marktplatz-Prozess: Hoher Andrang am Mannheimer Landgericht
„Wir hoffen, dass dieses Verfahren zu einer breiten öffentlichen Debatte führt, die weitreichende Konsequenzen nach sich zieht“, betont Krauß. Zumindest die öffentliche Aufmerksamkeit ist gegeben. Das Interesse an dem Prozess ist groß, wie die Schlange im Foyer des Landgerichts zeigt. Noch bis etwa 9.30 Uhr werden die Menschen in den Gerichtssaal gelassen. Doch nicht alle kommen rein, weil der Saal mit rund 100 Sitzen nicht genug Platz bietet.
Viele der Interessierten wollen sich nicht zum Prozess äußern und halten sich bedeckt, was ihre Erwartungen oder Hoffnungen an die Verhandlungen angeht. Eine 29 Jahre alte Frau drückt sich erst vorsichtig aus: „Ich erhoffe mir Gerechtigkeit, aber erwarte es nicht.“ Erst auf Nachfrage sagt sie: „Gerechtigkeit für Ante P.“ Martina Schürch dagegen betont: „Ich bin für die Polizei, weil ich denke, dass Polizisten so vielem ausgesetzt werden. Die sind dann so unter Adrenalin.“ Zwar habe sie die Videosequenzen gesehen. „Aber ich hoffe, dass es für die Polizisten gut ausgeht“, sagt Schürch.
Eine weitere Frau sieht zwei Bauernopfer auf der Anklagebank. Das Problem sitze tiefer, als dieser Fall zeige. Denn weder hätten Polizeibeamte in ihren Augen die richtige Ausbildung noch seien sie gut genug ausgerüstet für solche Situationen, wie die am 2. Mai 2022: „Sie haben weder einen Taser noch die richtige Schulung“, sagt sie. Somit sei die Polizei Opfer der Politik. Die Frau betont dabei deutlich: „Für das Todesopfer tut es mir in der Seele leid.“
Initiative 2. Mai plant größere Kundgebung am Sonntag
Draußen, an der für 20 Personen angemeldeten Mahnwache, zeigen indes einige der vorbeikommenden Menschen Interesse an dem Stand der Initiative 2. Mai. Mit einer Kunstausstellung will sie auf ihr Anliegen aufmerksam machen. „Passanten sprechen uns gelegentlich an oder gucken interessiert. Das ist alles, was wir wollten“, betont ein 29-jähriger Student, der bei der Initiative aktiv ist. Auch die weiteren Prozesstage sollen mit der Mahnwache am Landgericht begleitet werden.
Zuvor gibt es am Sonntag von 13 bis 17 Uhr eine größere Veranstaltung am Marktplatz, die laut Stadt für 180 Personen angemeldet ist. Dennoch rechnet die Initiative mit 200 bis 300 Menschen. Um 13.44 Uhr, dem offiziellen Todeszeitpunkt von Ante P., soll eine Schweigeminute abgehalten werden. Danach geht es zum Landgericht, wo eine Kunstaktion mit Straßenkreide geplant ist.
Mannheimer Polizeibeamte auf der Anklagebank
Ante P. war bei dem Polizeieinsatz am 2. Mai 2022 am Marktplatz zusammengebrochen und im Krankenhaus gestorben. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft starb der Mann, weil er auf dem Boden liegend wegen des Drucks auf den Oberkörper nicht mehr richtig atmen konnte und weil er Nasenbluten hatte.
Was genau geschah, soll nun vor Gericht aufgearbeitet werden. Bislang sind acht Prozesstage angesetzt, die sich bis in den kommenden März erstrecken. Auf der Anklagebank sitzen die beiden Mannheimer Polizeibeamte, die damals bei dem Einsatz ausgerückt waren. Einer der beiden ist wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge angeklagt und noch immer vom Dienst suspendiert. Seinem Kollegen wirft die Staatsanwaltschaft fahrlässige Tötung durch Unterlassen vor.
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