Justiz

Prozessbeginn gegen Mannheimer Polizisten: Verteidigung zweifelt Todesursache von Ante P. an

Von 
Lisa Uhlmann
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Ein Schild mit der Aufschrift "Landgericht Mannheim" ist am Gerichtsgebäude angebracht. Das Landgericht Mannheim verhandelt zu einem tödlichen Polizeieinsatz. Ein 47-Jähriger war im Mai 2022 bei einem Polizeieinsatz zusammengebrochen und später im Krankenhaus gestorben. © Bernd Weißbrod

Mannheim. Ist Ante P. nach einem Polizeieinsatz durch die Hand von zwei Polizisten gestorben? Genau um diese Frage dreht sich seit dem frühen Freitagmorgen der Prozess am Mannheimer Landgericht. Einer der beiden Polizeibeamten ist wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge angeklagt, der andere wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen.

Direkt zu Beginn der Verhandlung präsentiert die Verteidigung der beiden 26 und 27 Jahre alten Angeklagten Gegengutachten zur Todesursache. Und stellt einen Beweisantrag zur Zulassung der beiden Gutachten samt Vernehmung der Rechtsmediziner für den dritten Prozesstag am 24. Januar.  Damit stellen die Verteidigerinnen Andrea Combe und Miriam Haas das Gutachten der Rechtsmedizin Heidelberg zur Todesursache des verstorbenen Ante P. in Frage, auf das sich die Anklage der Staatsanwaltschaft stützt.

Ante P. laut Gutachten der Rechtsmedizin erstickt

Demnach soll der Hauptangeklagte Polizist Ante P. zuvor gegen den Kopf geschlagen und ihn an der Nase verletzt haben, die blutete. Weil der 47-Jährige minutenlang auf dem Bauch lag, soll das Blut in seine Atemwege gelangt sein. Laut dem Gutachten erstickte Ante P., weil ihn erstens niemand auf die Seite drehte und er zweitens das Blut nicht abhusten konnte.

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Die Gegengutachten der Verteidigung sollen nun beweisen: Der 47-Jährige soll an akutem Herzversagen gestorben sein – und schon vor dem Vorfall am Marktplatz Herzleiden gehabt haben. Die Argumentation der Rechtsanwältinnen: Durch die Gegenwehr gegen die Polizisten, die körperliche Belastung und das dadurch ausgeschüttete Adrenalin soll das Herz des an einer paranoiden Schizophrenie leidenden Mannes kollabiert sein. Eine Reanimation vor Ort, aber auch das Umlagern in die stabile Seitenlage hätten seinen Tod also nicht verhindern können.

Hauptangeklagte Hauptkommissar bedauert vor Gericht den Tod des 47-Jährigen

Zudem bedauert der Hauptangeklagte Hauptkommissar vor dem Gericht den Tod des 47-Jährigen und erklärt: „Das Geschehen und der Tod gehen mir sehr nahe und beschäftigen mich bis heute. Ich möchte für meine Fehler geradestehen und dabei helfen, den Fall aufzuklären“, verliest der 27-Jährige vor dem Gericht. Er ist seit dem Vorfall vom Dienst suspendiert und erhält laut eigenen Angaben seitdem nur 50 Prozent seines Gehalts. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft Körperverletzung im Amt mit Todesfolge vor.

In dem Fall geht es um den 47-jährigen Ante P., der an einer paranoiden Schizophrenie litt und deswegen am Zentralinstitut (ZI) für Seelische Gesundheit in Behandlung gewesen ist. Als er das ZI-Gebäude an diesem Tag verlassen hatte, soll sein Arzt die nah gelegene Polizeiwache in H4 um Hilfe gebeten haben, um seinen Patienten sicher zurück zur Klinik zu bringen. Was dann geschah, soll nun vor Gericht aufgearbeitet werden. Das Interesse am Prozess ist groß, alle Plätze sind belegt.

Im weiteren Verlauf erklärt ein Dienstgruppenführer der H4- Wache, der als Zeuge geladen ist: Die beiden Polizisten haben mit Sicherheit Bodycams bei dem Einsatz getragen. Aufzeichungen aber seien ihm nicht bekannt. Auf die Frage des Richters, ob es eine Kooperation und Schulungen mit dem nahe gelegenen Zentralinstitut für seelische Gesundheit gebe, erklärt der Zeuge aber: Zwar gebe es einen regelmäßigen Austausch auf Führungsebene. Schulungen mit dem Umgang mit psychisch erkrankten Menschen seien ihm aber nicht bekannt. Vielmehr würden Beamte oft Personen zum ZI zur Einweisung bringen, als entlaufene Patienten zurück zur Klinik.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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