Rust. Am Schluss fragt Erika Schmaltz das Publikum: „Jetzt haben Sie unser Programm gesehen. Sollen wir Schluss machen?“ Applaus und jemand ruft: „Zugabe!“. Das höre man gerne, erwidert Schmaltz und die 14 Mitglieder des Rheinauer Awo-Tanzballetts zeigen einen letzten Tanz auf der überdachten Freilichtbühne im spanischen Themenbereich des Europa-Parks Rust.
„So ein tolles Publikum“, wird Erika Schmaltz später sagen. Sie sei erleichtert, alles habe geklappt. „Das war wunderbar, alles sehr respektvoll“, zieht Denise Schneider ihr Fazit. Von der Kritik an den Kostümen der Seniorinnen-Gruppe hat die Besucherin aus Basel vorher gehört, verstehen kann sie sie nicht. „Wenn es keine anderen Probleme gäbe, wäre die Welt in Ordnung.“
Tänzerinnen nach Rust eingeladen
Es ist ein Argument, das in der Debatte um die umstrittene Tanzshow in den letzten Tagen häufig genannt wurde. Doch weil Roland Mack, Chef des Europa-Parks, einem Familienunternehmen in der Nähe von Freiburg, das genauso sieht, hat er, nachdem die Debatte in Mannheim um den Auftritt des Tanzensembles auf der Bundesgartenschau Fahrt aufnahm, zum Telefonhörer gegriffen und Erika Schmaltz angerufen. Er lud die Tänzerinnen nach Rust ein. In Originalkostümen, die sie auf der Buga nicht mehr zeigen dürfen.
So sind am ersten Mai 14 Mitglieder des Rheinauer Awo-Ensembles nach Rust gereist und präsentieren zunächst eine Zeitreise mit Steinzeitmädchen, mittelalterlicher Magd, Biedermeier-Reifrock, Kaiserin Sisi und Hippie. Danach müssen sich die Tänzerinnen verkleidungstechnisch auf die Weltreise vorbereiten, und die Pause füllt ein „Michael“ mit Hildegard Knefs „Für mich soll‘s rote Rosen regnen“. Vielsagend singt er: „Die Welt sollte sich umgestalten, und ihre Sorgen für sich behalten“.
Kimonos und schwarze Perücken
Schließlich heißt’s auf der Bühne: Packt die Koffer, Leinen los! Und im Koffer sind dann auch tatsächlich die Kimonos und schwarzen Perücken, die Sombreros und ägyptischen Göttinnen, die zu Vico Torrianis „Im Orient gibt’s ein Lokal, das Café Oriental, jeder Scheich war schon einmal im Café Oriental“ über die Bühne tanzen.
Dass Teile des Outfits kulturelle und religiöse Stereotype bedienen, findet Roland Mack, Jahrgang 1949, abwegig. „Wir sind offen für Kulturen“, betonte Mack in einem Interview im Anschluss an die Show mit den eigens am Feiertag angereisten Journalistinnen und Journalisten. Die Frauen zeigten Mut und Engagement, dies sei besser, als im Alter zu Hause die Hände in den Schoß zu legen. „Ich würde mir wünschen, ich könnte mich noch so bewegen.“
Die Absage durch die Bundesgartenschau habe den Frauen weh getan, sie hätten lange für die Show geprobt, die Kostüme selbst geschneidert. Dass er mit seiner Einladung die Debatte befeuert, die die Bundesgartenschau bundesweit in die Schlagzeilen gebracht hat, sieht Mack nicht. Im Gegenteil – er könne sich vorstellen, dass die Rheinauer Gruppe öfter in seinem Park auftritt. „Das ist sicher nichts für jede Altersgruppe, aber wir wollen ja ein Programm machen, das alle anspricht.“
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