Lokalpolitik

Nach Ampel-Aus: So war der Kreisparteitag der SPD in Mannheim

Auch wenn die SPD ihre Tagesordnung auf dem Kreisparteitag in der Mannheimer Jungbuschhalle durchzieht - die Paukenschläge der zurückliegenden Woche dominieren - ein Besuch

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori bei ihrer Ansprache beim Kreisparteitag der SPD Mannheim. © Michael Ruffler

Mannheim. Olaf Scholz, Christian Lindner, Donald Trump: Die Drei stünden ganz oben, wenn beim Kreisparteitag der SPD eine Strichliste mit den am häufigsten genannten Politikern geführt worden wäre. Die Entscheidung um die US-Präsidentschaft und das Ampel-Aus schlagen beim samstäglichen Treffen in der Jungbuschhalle voll durch  - mit dem Effekt, dass geradezu enthusiastisch Wahlkampfstimmung aufflammt.

Eigentlich war ein „Arbeitsparteitag“ geplant, kommentiert der Kreisvorsitzende Stefan Fulst-Blei. Auch wenn die SPD ihre auf der Tagesordnung formulierten Hausaufgaben - die Debatte organisatorischer   Konsequenzen aus dem Kommunalwahlkampf 2024 und das Beraten von Anträgen – komplett durchzieht, so dominieren die Polit-Paukenschläge  „einer spannenden Woche“. 

Im Mittelpunkt der teilweise sehr emotionalen Redebeiträge steht die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner. Nicht nur der Landtagsabgeordnete Fulst-Blei begrüßt die Entscheidung des sozialdemokratischen Bundeskanzlers und betont, Olaf Scholz habe ihm mit seiner Rede „aus der Seele gesprochen“. Beifall brandet auf, als die Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori darüber jubiliert, dass „das von der FDP inszenierte Theater ein Ende hat“. Einem Liberalen zollt sie freilich ausdrücklich Respekt –  Volker Wissing, der aus seiner Partei ausgetreten ist und Verkehrsminister bleibt.  Seinen Schritt sieht sie als „innere Haltung“, für die er einen „hohen Preis“  zahle. Schließlich gebe er mit seiner Partei nicht nur den Landesvorsitz der FDP Rheinland-Pfalz, sondern seine politische Karriere auf.  Jene Staatssekretäre, die Wissing als Verräter brandmarken, so Cademartori, seien ihrerseits unterwegs, um Bundestagsmitglieder wie sie zu negativen Statements zu drängen.  

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„Endlich hat Scholz die Reißleine gezogen!“ – „Ein Befreiungsschlag!“-  „Krass, aber gut wie der Bundeskanzler rausgeballert hat!“   Mit Formulierungen wie diesen reagieren Frauen und Männer aus den verschiedenen Ortsvereinen auf das Ampel-Aus samt Minister-Entlassung.  Aufregerthema ist das Datum für die Kanzler-Vertrauensfrage und die damit verknüpften Neuwahlen.

Bürgermeister Ralf Eisenhauer beschwört bei seiner Rede die „Vereinigten Staaten von Europa“ als Gegengewicht zu den USA. © Michael Ruffler

Die Forderung nach einem möglichst frühen Zeitpunkt spielt Cademartori   „mathematisch“  durch:  Würde, wie von Friedrich Merz ins Spiel gebracht, der 13. November   festgezurrt, dann läge der späteste Termin für die Bundestagswahl am 2. Februar – was bedeuten würde, dass mit der   Briefwahl kurz vor Weihnachten, am 22. Dezember, gestartet werden müsste.  Da das Drucken der Stimmzettel und deren Verteilung an die Wahlämter üblicherweise zwei Wochen dauert, gelte es bis zum  8. Dezember die Protokolle der Nominierungskonferenzen zu prüfen  – was wiederum hieße, dass diese bis Ende November komplett über die Bühne gebracht werden. Anders ausgedrückt: Kandidierende müssten quasi in den nächsten Tagen aufgestellt werden. Beim SPD-Kreisparteitag zeigt man sich überzeugt:  „Ein solches Szenario ist völlig absurd“, wie es Cademartori ausdrückt.

Einigkeit besteht auch darüber:   Der Wahlkampf müsse mit aller Kraft umgehend beginnen und dürfe sich in der Adventszeit keine Plätzchenpause gönnen. „Jetzt anpacken!“ lautet das Credo, das sich einem roten Faden gleich durch die Diskussionsbeiträge zieht.   Carolin Wichtermann  vom Ortsverein Innenstadt, dem auch Isabel Cademartori angehört, verspricht der Bundestagsabgeordneten: „Gemeinsam gehen wir mit Dir auf die Straße!“   Dies künden auch andere Genossen und Genossinnen an.   „Wir müssen wieder mehr raus auf die Gass“, erklärt Stadträtin Melanie Seidenglanz: Es gelte, Menschen im direkten Gespräch nahezubringen, was den sozialpolitischen Markenkern   der SPD ausmache.  „Wir brauchen keine neuen Programmdebatten“, so Seidenglanz.   Schließlich lägen die Themen auf der Straße.

Und Sebastian Camarero Garcia liegt am Herzen, dass Wirtschaftskompetenz stärker in den Mittelpunkt gerückt wird –  denn die werde der SPD, wie aktuelle Befragungen zeigen, „nicht zugetraut“.   Angesichts der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus geht beim Kreisparteitag der Blick weit über die Region und Deutschland hinaus. Bürgermeister Ralf Eisenhauer beschwört die „Vereinigten Staaten von Europa“  als Gegengewicht zu den USA. 

Nach dem Ausflug in die große Politik läutet am Podium Sascha Brüning die eigentliche Arbeitssitzung ein.  An Pinnwänden sollen stichwortartig Ideen geäußert werden, wie es beispielsweise gelingen kann, SPD-Mitglieder langfristig für eine Kandidatur im Gemeinderat aufzubauen. Oder zur effektiveren   Zusammenarbeit von Ortsvereinen.  Dennis Ewert berichtet, dass sich damit auch ein Arbeitskreis   beschäftigt. Zwischen Vorschlägen finden sich auch Forderungen:  Für „Neue“   gelte klar zu benennen,  wie viel Zeitaufwand ein kommunalpolitisches Ehrenamt erfordert.

Alle vier zur Beratung anstehenden Anträge finden einstimmige Akzeptanz.  Wirtschaftsbürgermeister Thorsten Riehle befürwortet beispielsweise ausdrücklich, Einkaufsmöglichkeiten wohnortnah zu erhalten.  Er kündigte an, mit einem Team der Wirtschaftsförderung auch im kommenden Jahr gezielt Stadtteile zu besuchen. Von einem „intensiven Kreisparteitag“ spricht abschließend der Vorsitzende Fulst-Blei  und ruft bereits im Wahlkampf-Modus den SPDlern   in der Halle zu: „Wir sehen uns demnächst wieder öfter!

Freie Autorin

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