Gemeinderat

ML und AfD stellen Anträge gegen das Gendern

Die Fraktion der Freien Wähler - Mannheimer Liste und die AfD haben im Hauptausschuss des Gemeinderats Anträge gegen das Gendern in der Mannheimer Stadtverwaltung gestellt. Wie die Fraktionen argumentiert und entschieden haben

Von 
Valerie Gerards
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Im Mannheimer Gemeinderat wurde am Dienstagabend über den Umgang mit der Gender-Empfehlung in der Stadtverwaltung diskutiert.

© Marijan Murat/dpa

Mannheim. Anfang Dezember hatte die Fraktion Freie Wähler/Mannheimer Liste (ML) den Antrag gestellt, die Empfehlung zum Gendern in der der Mannheimer Stadtverwaltung abzuschaffen. Am Dienstagabend stand dann das Thema mit zwei Anträgen der ML und der AfD zur Abstimmung im Mannheimer Hauptausschuss auf der Tagesordnung. Wie bei der Sitzung deutlich wurde, ging es bei der Debatte nicht um Sprache allein, sondern um eine politische Haltung.

Gendern in Mannheimer Stadtverwaltung: Keine Pflichtvorgabe

In beinahe gleichlautenden Anträgen forderten ML und AfD: Kein Gendern in der Mannheimer Stadtverwaltung. Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) rief dem Gremium in Erinnerung, dass es sich bei der Geschäftsanweisung nicht um eine Pflichtvorgabe handele. „In dem Sinne besteht für die Mitarbeitenden Freiheit im Gebrauch ihrer Sprache. Dennoch legen wir Wert darauf, dass die Empfehlungen ihre Wirkung entfalten“, sagte das Stadtoberhaupt. Ihm sei wichtig, möglichst neutrale und geschlechtsumfassende Formulierungen zu nutzen, um alle Menschen einzuschließen und Diskriminierungen zu vermeiden.

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Nach zwei Jahren sowie nachfolgend im Turnus von drei Jahren solle evaluiert werden, ob die Inhalte verständlich und realisierbar sind. „Ich halte das für einen sehr weisen Beschluss, der hier im Juli von der Verwaltung getroffen worden ist“, sagte Specht über die Empfehlung, die im Juli 2023 durch den ehemaligen Oberbürgermeister Peter Kurz mit Zustimmung des Gesamtpersonalrats erteilt wurde.

Antrag gegen Gendern in Mannheimer Stadtverwaltung eine "Bitte"

Holger Schmid berief sich auf den CDU-Politiker Thomas Strobl, der das Gendern in Landesbehörden untersagen wolle, sowie auf die Mehrheit in der Bevölkerung. Nachdem er nun jedoch annehme, dass die Entscheidung über eine Rücknahme der Geschäftsanweisung in der Hohheit des Oberbürgermeisters liege, nannte Schmid den Antrag seiner Fraktion eine „Bitte“. Er meinte, er habe den OB nur gefragt, ob die Geschäftsanweisung in seine Kompetenz falle oder ob darüber abgestimmt werde.

Das ist eine Strategie, die meiner Meinung nach in die Kategorie Populismus gehört
Claudia Schöning-Kalender SPD

Claudia Schöning-Kalender (SPD) kaufte Schmid das nicht ab: „Für diese Frage ist es ein bisschen spät, Kollege Schmid. Dafür habt ihr euch einfach zu viel Mühe gegeben mit diesem Antrag“, sagte sie. Mit zweieinhalb Seiten Begründung habe die ML-Fraktion gezeigt, wie ernst es ihr sei.

Mit Blick auf die Aussage der ML, es handele sich bei der Debatte um den Ausdruck einer politischen Agenda, stimmte Schöning-Kalender zu: „Ja! Es handelt sich um die politische Agenda der Mannheimer Liste und der AfD.“ Mit stellenweise gleich lautenden Formulierungen forderen diese nicht weniger als ein Verbot geschlechtergerechter Sprache. Die ML hatte beantragt, dass jeder Beschäftigte bei der Stadt Mannheim frei und selbst entscheiden solle, welche Formulierung er verwende. Die Entscheidung solle allerdings den geltenden Rechtschreibregeln unterliegen und somit das Gendern verbieten. „Wie oft kann man sich eigentlich selbst widersprechen, ohne es zu merken?“, fragte die Stadträtin.

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Sie bemerkte, dass es laut ML und AfD richtigerweise wichtigere Themen als geschlechtergerechte Sprache gebe. Gleichzeitig würden aber gerade sie das Gendern zum Problem hochstilisieren. „Das ist eine Strategie, die meiner Meinung nach in die Kategorie Populismus gehört“, sagte Schöning-Kalender und bat um einen gelasseneren Umgang mit dieser Thematik.

Stefanie Heß (GRÜNE) schloss sich dem an. „Versuchen Sie es doch einfach mal und sprechen Sie so, wie die Menschen gerne angesprochen werden wollen“, sagte Sie. Mit der Empfehlung und den Evaluierungen habe sich die Stadt Mannheim als moderne Stadtverwaltung auf den richtigen Weg gemacht.

Claudius Kranz (CDU), dem die Geschäftsanweisung unbekannt war, fand geschlechtergerechte Sprache in Ordnung. In schriftlicher Form orientiere er sich an dem, was der Rat für deutsche Rechtschreibung vorgebe, der die Genderzeichen nicht als Kernbestand der deutschen Rechtschreibung eingestuft hat. CDU-Kollege Thomas Hornung sagte, wenn es sich bei dem irreführenden Begriff der „Geschäftlichen Anweisung“ um eine Empfehlung handele, könne er voll zustimmen. Auch den Ruf zu mehr Gelassenheit könne er unterzeichnen.

AfD-Antragsteller meldet sich am Ende der Debatte zu Wort

Schmid zitierte an Heß gewandt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der bezweifelt, dass die Gesellschaft durch gendern gerechter werde. Wie Kretschmann könne er von Sprachpolitik nur abraten. Sie sei in der Regel nicht sehr erfolgreich, die Leute würden reden, wie sie reden. Warum seine Fraktion mit ihrem Antrag im Mannheimer Gemeinderat dennoch Sprachpolitik betreibt, erklärte er indes nicht.

Die Leute wollen nicht gendern, das werden Sie aber nie verstehen, weil Sie sich für die Meinung der Bürger nur ganz wenig interessieren
Bernd Siegholt AfD

Zum Ende der Debatte meldete sich ganz kurz auch der AfD-Antragsteller Bernd Siegholt und richtete das Wort an Schöning-Kalender: „Die Leute wollen nicht gendern, das werden Sie aber nie verstehen, weil Sie sich für die Meinung der Bürger nur ganz wenig interessieren.“

Der Jugendbeirat sprach sich gegen die Anträge der Mannheimer Liste und der AfD aus. „Durch das Gendern wird nicht das Geschlecht, sondern die Vielfalt in unserer Gesellschaft betont. Ich finde, das ist im Moment wichtiger denn je.“

Die Anträge von ML und AfD fanden in ihren separaten Abstimmungen keine Mehrheit.

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