Wohnen

Mieten in Mannheim könnten nach Panne noch stärker steigen

Vereine und Verbände sind sauer. Die Stadtverwaltung hat den qualifizierten Mietspiegel für Mannheim nicht rechtzeitig aktualisiert. Das könnte einige Mieter nun teuer zu stehen kommen

Von 
Martin Geiger
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Das Wohnen zwischen Rhein (unten) und Neckar könnte demnächst für viele Mieter noch teurer werden. © Bernhard Zinke

Mannheim. Kurz vor Weihnachten ist der bisherige qualifizierte Mietspiegel ausgelaufen – und sein Nachfolger noch nicht veröffentlicht. Was bedeutet das? Ein Überblick.

Warum gibt es keinen qualifizierten Mietspiegel mehr?

Das Werk, durch das für die unterschiedlichen Wohnungstypen die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete definiert wird, muss laut Gesetz alle zwei Jahre der Marktentwicklung angepasst werden. Geschieht dies nicht, verliert es nach Angaben des Eigentümerverbands „Haus und Grund“ seine Gültigkeit als qualifizierter Mietspiegel. In Mannheim hätte die bisherige Version bis 17. Dezember aktualisiert werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, gibt es derzeit eine Art Lücke.

Welche Folgen hat das für Mieter und Vermieter?

Die Hauptfunktion des Mietspiegels ist es, einen Richtwert für die Höhe der Miete festzulegen. So dürfen Vermieter in der Regel, wenn sich an der Wohnung nichts verändert hat, bei einem laufenden Mietverhältnis den Preis maximal bis zur „ortsüblichen Vergleichsmiete“ anheben – die durch einen qualifizierten Mietspiegel eindeutig festgelegt wird. Durch dessen Auslaufen haben die Immobilienbesitzer nach „Haus und Grund“-Angaben nun noch eine zweite Möglichkeit, um eine Mieterhöhung zu begründen.

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Wie sieht diese zweite Erhöhungsmöglichkeit aus?

„Bis zur Veröffentlichung eines neuen qualifizierten Mietspiegels hat jeder Vermieter das Recht, eine Mieterhöhung auch unter Benennung von drei Vergleichswohnungen zu begründen“, erklärt „Haus und Grund“-Vorstand Josef Piontek. „Damit eröffnet sich für die Vermieter die Möglichkeit, die Mieten weitaus höher anzuheben, als nach dem bisherigen Mietspiegel.“

Ist dieser Unterschied denn relevant?

Durchaus, findet Piontek – und erklärt das so: „Ich finde ohne Probleme für eine Wohnung, die heute im Mietspiegel mit 8 Euro veranschlagt wird, drei vergleichbare, für die 9 Euro oder sogar 9,50 Euro bezahlt werden.“ Sprich: Die Mietsteigerungen könnten größer ausfallen als mit qualifiziertem Mietspiegel.

Warum ist der Mietspiegel noch nicht aktualisiert worden?

Das kann nur die Stadtverwaltung beantworten, die dafür zuständig ist. Aufgrund der personellen Besetzung zwischen Weihnachten und Neujahr konnte sie am Mittwoch jedoch keine Fragen zu dem Thema beantworten. Nach Angaben von „Haus und Grund“ sollten die entsprechenden Fragebögen für die Mieter und Vermieter eigentlich im Sommer verschickt werden. Viele Mitglieder des Verbands hätten diese jedoch erst im November erhalten.

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Wann soll der neue Mietspiegel veröffentlicht werden?

Vor Weihnachten teilte die Stadtverwaltung mit, dass voraussichtlich im Februar damit zu rechnen sei. Da das Werk üblicherweise im Gemeinderat verabschiedet wird und dieser planmäßig erst wieder am 7. Februar tagt, dürfte vorher kaum etwas geschehen.

Heißt das nun, dass in der Zwischenzeit die Mieten unbegrenzt erhöht werden dürfen?

Nein. Darauf weist auch der Mieterverein Mannheim hin: Erstens existiere der bisherige Mietspiegel als einfacher Mietspiegel fort und könne so weiterhin zurate gezogen werden, auch wenn er nicht mehr definitiv rechtlich bindend sei, erklärt dessen Vorsitzender Gabriel Höfle. Und zweitens, betont er: „Die Preis- und Kappungsgrenzen gelten weiterhin.“

Welche Grenzen für die Mieten sind damit gemeint?

Zum einen die Kappungsgrenze: Sie besagt, dass bei einem bestehenden Mietverhältnis der Preis innerhalb von drei Jahren um maximal 15 Prozent angehoben werden darf – weil Mannheim als Stadt mit angespanntem Wohnungsmarkt gilt. Und zum anderen die Mietpreisbremse, wonach bei einer Neuvermietung die „ortsübliche Vergleichsmiete“ um maximal 10 Prozent überschritten werden darf.

Was rät der Mieterverein betroffenen Bürgern?

Wer von seinem Vermieter eine Erhöhung angekündigt bekommt, soll dieser zunächst nicht zustimmen, sagt Höfle: „Ja nichts unterschreiben.“ Alle Ratsuchenden könnten sich gerne an den Mieterverein zur Klärung weiterer Fragen wenden. Denn letztlich gehe es bei einer Erhöhung, die mittels Vergleichswohnungen begründet wird, häufig um die Frage, ob die angeführten Wohnungen wirklich vergleichbar seien.

Wie bewerten die beteiligten Verbände die Lage?

„Das ist eine seltsame Situation jetzt“, sagt Josef Piontek von „Haus und Grund“. „Und sie ist sehr streitanfällig.“ Gabriel Höfle vom Mieterverein sagt: „Wir sind mehr als frustriert über die aktuelle Situation.“ Auch die seiner Meinung nach mangelnde Kommunikation der Stadtverwaltung ärgert ihn: „Das stellt eine Störung der vertrauensvollen Zusammenarbeit dar.“

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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