Justiz

Messerattacke vor Mannheimer Theresienkrankenhaus: So lief der Prozessauftakt

Vor dem Mannheimer Landgericht sind acht Männer angeklagt. Sie sollen ihr Opfer vor dem Theresienkrankenhaus angegriffen und lebensgefährlich verletzt haben.

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Vor dem Theresienkrankenhaus sollen die Angeklagten einen 46-Jährigen attackiert haben. © Christoph Blüthner

Mannheim. Acht Männer im Alter von Anfang zwanzig bis Mitte dreißig sitzen im großen Saal des Landgerichts Mannheim auf der Anklagebank. Ihnen wird versuchter gemeinschaftlicher Mord zur Last gelegt. Das vor dem Theresienkrankenhaus (TKH) mit einem Messer niedergestochene, außerdem geschlagene und getretene Opfer soll nur dank einer Not-Operation überlebt haben. Der 46-Jährige hatte bei der nächtlichen Attacke bedrohliche Verletzungen an der Leber und an Blutgefäßen erlitten. Der Strafprozess hat mit großen Sicherheitsvorkehrungen vor der Schwurgerichtskammer begonnen.

Die Publikumsreihen im Verhandlungssaal sind vor allem mit Angehörigen der Angeklagten dicht besetzt, als Oberstaatsanwältin Jeanette Zipperer in dem von ihr verlesenen Anklagesatz die Vorwürfe zu dem folgenschweren Abend des 30. Mai 2024 schildert. Alles soll in den Quadraten, in einem dortigen Döner-Imbiss, mit einer Auseinandersetzung, die erst verbal und dann körperlich eskalierte, begonnen haben. Zwei Männer, die vehement über Politik in der Türkei und ihre jeweils auseinander klaffenden Meinungen dazu stritten, fügten sich wohl gegenseitig Schnittverletzungen zu, im Gesicht wie auch an der Hand.

Als den eigentlichen Tatplan sieht die Staatsanwältin den Entschluss der acht Männer, die teilweise miteinander verwandt sind, dem 46-Jährigen nach der medizinischen Versorgung seiner Wunden aus Rache und in verabredeter Tötungsabsicht aufzulauern.

Aus dem Hinterhalt angegriffen und niedergestochen

Gegen 23.15 Uhr hat der Mann und das spätere Opfer laut Ermittlungen das am Neckarufer gelegene Ordenskrankenhaus „Theresien“ wieder verlassen und sich im Bereich des Klinik-Hauptportals auf einen Stein gesetzt. Die Anklage legt zur Last, dass die Gruppe aus dem Döner-Imbiss, darunter Brüder, den nichts ahnenden wie wehrlosen Mittvierziger aus dem Hinterhalt angegriffen hat: Einer soll ihm verabredungsgemäß ein Messer mehrfach in den Bauch gerammt haben, während andere auf das Opfer einschlugen – auch dann noch, als der Attackierte schon auf dem Boden lag, wo er getreten wurde.

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Erst als jene TKH-Mitarbeiterin, die vor dem Krankenhauseingang zufällig ihre Pause verbracht hatte und durch einen Faustschlag vorübergehend außer Gefecht gesetzt worden war, einen Kollegen an der Nachtpforte zu alarmieren vermochte, ließen die Angreifer angesichts der verständigten Polizei von dem Schwerverletzten ab und suchten flüchtend das Weite.

Am ersten Prozesstag ist nur einer der Angeklagten – alle acht sitzen verteilt auf unterschiedliche Gefängnisse in Untersuchungshaft – bereit, seinen beruflichen Werdegang zu skizzieren. Zu dem Tatgeschehen an dem Frühlingsabend schweigt freilich der 27-Jährige, der sich als selbständigen Finanzberater bezeichnet. Alle anderen ziehen auf Anraten ihrer Verteidigung vor, sich überhaupt nicht zu äußern, jedenfalls vorerst. Ihre Anwälte und Anwältinnen sind zu dem Prozess nicht nur aus direkter Umgebung, sondern aus Kanzleien in Frankfurt, Darmstadt und Heilbronn angereist.

Opfer tritt in dem Strafverfahren als Nebenkläger auf

Nach der Mittagspause befragt die Schwurgerichtskammer mit dem Vorsitzenden Richter Gerd Rackwitz das Opfer als Zeugen. Die mit Pausen unterbrochene Anhörung als Teil der Beweisaufnahme dauert über zwei Stunden. Der vor einem Dreivierteljahr lebensgefährlich verletzte und notoperierte Mann tritt in dem Strafverfahren als Nebenkläger auf. Wie zu hören ist, will der 46-Jährige den bis Mitte Mai terminierten Prozess nicht persönlich verfolgen, sondern dies seinem Anwalt Maximilian Seyderhelm überlassen.

Der Mittvierziger steht unter Zeugenschutz. Das Gebäude des Landgerichts im Quadrat A1 hat er nicht durch Haupttür und Foyer betreten, sondern durch einen hinteren nicht-öffentlichen Eingang. Bei seiner Befragung berichtet er, immer noch unter Folgen der schweren Attacke zu leiden. Nicht nur körperlich, auch seelisch. Die rechte Hand mache in ihrer Funktionsfähigkeit Probleme. Außerdem seien in einem Bein Taubheitsgefühle geblieben. Auf Nachhaken lässt der Nebenkläger wissen, obendrein mit Ängsten, besonders im Alltag, zu kämpfen. Beispielsweise fürchte er sich davor, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen: Weil man üblicherweise in Bus und Bahn von Menschen umgeben ist, die auch jenseits des Blickfelds sitzen oder stehen.

Auswertung der Verbindungsdaten von Handys

In dem mit 13 Sitzungstagen festgezurrten Strafverfahren sollen natürlich geladene Zeugen Licht in die Geschehnisse samt deren Abläufe bringen. Zwei Polizisten haben bereits beim Prozessauftakt ausgesagt. Außerdem dürften digitale Spuren, nämlich Verbindungsdaten von Funkmasten, eine wichtige Rolle spielen: Die Auswertung von Handys soll nämlich Aufklärung darüber geben, wer sich am letztjährigen 30. Mai vor, bei und nach dem blutigen Geschehen wann, wo und wie lange befunden hat. Damit könnten möglicherweise einzelne Tatbeiträge näher eingekreist werden.

Der Prozess wird in knapp drei Wochen am Montag, 10. März, um 9.30 Uhr fortgesetzt.

Freie Autorin

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