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Mannheimer Traditionsbäckerei Zorn meldet Insolvenz an

Die auch wegen des Maimarktbechers bekannte Mannheimer Bäckerei und Konditorei Zorn ist in wirtschaftliche Turbulenzen geraten. Ein Insolvenzverwalter führt aktuell die Geschäfte

Von 
Peter W. Ragge
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Die Mannheimer Bäckerei Zorn präsentiert auf dem Maimarkt ihren berühmten Maimarktbecher. © Michael Ruffler

Mannheim.. Es wird derzeit weiter gebacken, weiter verkauft - aber wie lange, das ist offen: Die traditionsreiche Mannheimer Bäckerei und Konditorei Zorn GmbH & Co. KG hat Insolenz angemeldet.

Verhandlungen mit anderen Vertretern der Branche, ob und welche Teile des Betriebs sie fortführen, laufen.

Insolvenzverwalter hofft auf Lösung

„Ich bin optimistisch, dass wir eine Lösung hinbekommen“, sagt Rechtsanwalt Steffen Rauschenbusch von der Mannheimer Kanzlei Ernestus, der vom Amtsgericht Mannheim als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt ist.

Der Inhaber der Mannheimer Bäckerei in der Backstube in Käfertal: Christian Zorn. © Troester

Betroffen sind 114 Mitarbeiter, davon 72 Vollzeitkräfte. Das 1926 gegründete Unternehmen wird in zweiter und dritter Generation durch die Gesellschafter Reinhard Karl Josef Zorn und Christian Zorn geführt.

Bis zu seinem Tod 2002 gehörte auch der legendäre Rudi Zorn, Ober- und Landesinnungsmeister der Konditoren sowie Gründer und langjähriger Präsident der Karnevalsgesellschaft „Löwenjäger“, zur Führung des Unternehmens.

Auf "Mannemer Dreck" spezialisiert

Es zählt auch zu den nur noch wenigen Konditoreien in der Stadt, welche die Gebäckspezialität „Mannemer Dreck“ nach Originalrezept herstellen, und hatte sich zudem auf Fototorten spezialisiert.

Überregional bekannt wurde der traditionelle, klassische Handwerksbetrieb vor allem durch seine Präsenz auf dem Mannheimer Maimarkt. Dort verarbeitete er in elf Tagen etwa acht Tonnen Erdbeeren, um bis zu 40 000 der beliebten Maimarktbecher mit Erdbeeren, Biskuit und Bayerisch Creme sowie Schokostreuseln zu verkaufen.

Sofortkredit muss bedient werden

Solch einen hohen Umsatz habe das Unternehmen aber nur einmal jährlich, bedauert Rechtsanwalt Rauschenbach. Auslöser der Insolvenzanmeldung war nach seinen Angaben eine Rückzahlungsforderung für einen Sofortkredit, den die staatliche KfW-Förderbank während der Corona-Zeit bewilligt hatte.

So sieht der Maimarktbecher der Mannheimer Traditionsbäckerei Zorn aus. © Christoph Bluethner

Dem Vernehmen nach ging es um 40 000 Euro, die Ende September fällig geworden wären - die Zorn zu dem Termin aber nicht aufbringen konnte. Daher der Gang zum Amtsgericht.

Hohe Energiekosten bereiten Probleme

„Diese jetzt fälligen Rückzahlungen sind derzeit ein weit verbreitetes Thema in der Wirtschaft, unter dem viele Betriebe leiden“, bedauert Steffen Rauschenbusch. Bei Zorn sei es jedoch „ein Punkt, aber nicht der einzige Punkt“ gewesen, der zur Insolvenz geführt habe.

Der Jurist verweist zudem auf die hohen Energiekosten, unter denen wegen der Öfen viele Bäckereibetriebe leiden. Die Innungen und der Zentralverband des deutschen Backhandwerks hatten daher schon vor Monaten gewarnt, dass die Energiekrise zu einem Sterben vieler kleiner Handwerksbetriebe führen werde, weil die Gas- und Stromkosten einen vergleichsweise hohen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen.

Schließlich verfüge Zorn in der Backstube in der Mannheimer Straße in Käfertal „nicht mehr über die modernste Technik“, was zusätzlich Energie fresse - die Maschinen sind über drei Jahrzehnte alt, es gibt einen großen Investitionsstau. „Im Wettbewerb mit modernen Produktionsbackstraßen konnte der Betrieb nicht mehr mithalten“, bedauert er.

13 Filialen in Mannheim und Region

Zorn verfügte zuletzt noch über 13 Filialen in sechs Mannheimer Stadtteilen sowie in Lampertheim, Heddesheim, Ilvesheim und drei in Viernheim, darunter eine im Rhein-Neckar-Zentrum. In elf Filialen läuft der Betrieb derzeit weiter, zwei sind geschlossen. Laut dem Insolvenzverwalter liegt dies aber nicht am Insolvenzverfahren, sondern an Personalmangel.

Die Bäckerei Zorn war im Rhein-Neckar-Zentrum in Viernheim eines der erste Geschäfte. © Othmar Pietsch

Einige Mitarbeiter seien krank, andere haben sich bereits neue Jobs gesucht. „Wir versuchen, die lukrativen, umsatzstarken Filialen offen zu halten“, sagt er. Schon seit etwa drei Jahren geschlossen ist aber der Verkauf direkt am Unternehmenssitz in Käfertal - denn nur wenige Meter weiter hatte das Ludwigshafener Unternehmen Görtz eine Filiale eröffnet, worauf bei Zorn der Umsatz einbrach. Der kleine Handwerksbetrieb selbst hatte sich vergeblich darum beworben, in die dort neu gebaute Rewe-Filiale einziehen zu dürfen.

Gespräche mit Vermietern laufen

Derzeit laufen nach Angaben des Rechtsanwalts Gespräche mit Vermietern und Zulieferern über eine Weiterführung des Unternehmens. Ebenso spreche man mit bisherigen Wettbewerbern wie Grimminger, Görtz oder Theuer, ob sie einzelne oder mehrere Filialen übernehmen.

„Es gibt Interesse und damit durchaus die Perspektive für die Mitarbeiter, dass es weitergeht“, so Rauschenbusch. Ob das auch für die Backstube gilt, ließ er indes offen.

Seckenheimer Betrieb gekauft

Nicht verantwortlich für die Insolvenz ist nach den Worten des Rechtsanwalts die Tatsache, dass Katrin Zorn, die Ehefrau von Christian Zorn, Ende Juni aus dem Geschäft ausgestiegen war. Privat sind beide weiter zusammen, aber sie geht geschäftlich eigene Wege. „Es lag nicht an Konkurrenz im eigenen Haus“, stellt Rauschenbusch klar.

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Katrin Zorn hatte im Sommer, nachdem der Inhaber aus Altersgründen aufhörte, auf eigene Rechnung die seit 1936 bestehende kleine Bäckerei Edgar Seitz in Seckenheim mit einem Hauptsitz und zwei Filialen übernommen und steht dort auch wieder selbst in der Backstube.

Sie war es, die federführend die Verkaufsstände auf dem Maimarkt und die - vor über 40 Jahren unter der Regie der Konditoreninnung begonnene - Produktion der beliebten Erdbeerbecher organisiert hatte. Die lief vor allem mit polnischen Saisonkräften und Studentinnen. „Ich werde mich weiter auf dem Maimarkt engagieren“, verspricht Katrin Zorn - die Kult-Spezialität werde es daher auch künftig geben.

Redaktion Chefreporter

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