Herzogenriedpark - Debatte über neues Nutzungskonzept der Multihalle überschattet von Diskussion um das Grün

Mannheimer Stadträte in Sorge um Bäume im Herzogenriedpark

Von 
Peter W. Ragge
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Zu „eingegrünt“? Die meisten Fraktionen im Gemeinderat sind dagegen, Bäume rund um die Multihalle zu fällen. Oben links in der Ecke der Wasserspielplatz. © Zinke

Mannheim. Ist die Multihalle „zu eingegrünt und versteckt“? Dieser Satz von Klaus Elliger, Leiter des Fachbereichs Stadtplanung der Stadt, hat einige Stadträte alarmiert. Er verstärkte die schon vorher durch eine Architektur-Präsentation genährte Sorge, im Zuge der Sanierung und neuen Nutzung der Multihalle würden dort ringsum viele Bäume gefällt. Noch nicht geklärt ist auch, ob die Halle weiter zum eingezäunten Bereich des Herzogenriedparks gehören soll. Eine Entscheidung hat der Hauptausschuss des Gemeinderats dazu am Dienstagabend nicht gefällt.

„Wir müssen uns noch ein bisschen Zeit nehmen“, so Baubürgermeister Lothar Quast. Man wolle „schrittweise vorgehen“, einen Ideenwettbewerb zum Neuen Messplatz und seiner Anbindung zu Herzogenriedpark sowie Schwimmbad machen und dabei „den Bezirksbeirat und die Bürger dort insgesamt ins Boot holen“, versprach Quast.

Zuvor hatten er und die Mitarbeiter des Teams Kulturelle Stadtentwicklung das neue Nutzungskonzept vorgestellt (wir berichteten). „Wir haben die Multihalle in ihrer Qualität und Bedeutung wiederentdeckt“, wies Oberbürgermeister Peter Kurz auf die steigende internationale Beachtung hin. Das Gebäude und seine künftige Nutzung habe „die Chance, Mannheim ganz groß auf die internationale Landkarte zu setzen“. Man dürfe nun aber nicht nur die Hülle sanieren und sie „einem ähnlichen Schicksal überlassen wie die letzten drei Jahrzehnte“, sondern müsse sie mit Leben füllen.

Klaus Elliger wies aber darauf hin, dass es derzeit eine „Trennwirkung“ zwischen Multihalle und Park, aber auch der Max-Joseph-Straße und neuen Wohngebieten wie Turley und Centro Verde gebe. Zugleich räumte er jedoch ein, dass es „wohl nicht klappt, die Multihalle Tag und Nacht jedem Vandalen frei zugänglich zu machen“.

Wasserspielplatz unverzichtbar

„Wir sind, was die Nutzung der Halle betrifft, ein gutes Stück vorangekommen“ - diesen Satz von SPD-Stadtrat Reinhold Götz wiederholten so oder ähnlich nach und nach Vertreter fast aller Fraktionen. Götz hält es für zu früh, sich festzulegen, ob die Multihalle Teil des Herzogenriedparks bleiben soll oder nicht. „Das muss man genau abwägen,“, so der SPD-Stadtrat. Dazu wünscht er sich eine „breite Bürgerbeteiligung“. Allerdings seien der Wasserspielplatz hinter der Multihalle und das Restaurant unverzichtbare Bestandteile des Parks. Die Halle selbst solle in erster Linie für Kultur- und Sportaktivitäten der Neckarstadt zur Verfügung stehen. Zudem regt er an, dort eine „Grüne Schule“ wie im Luisenpark zu etablieren.

Angebote für Umweltbildung, zudem in erster Linie für Familien und Jugendliche des Stadtteils wünscht sich ebenso Grünen-Fraktionschefin Melis Sekmen. „Leben in die Mulihalle bekommen wir nur, wenn wir die breite Gesellschaft hineinkriegen“, so Sekmen. Der Baumhain im Luisenpark zeige, dass man eine Halle auch betreiben könne, wenn sie innerhalb des Parks liege.

Schon klar festgelegt hat sich die CDU. „Wasserspielplatz und Restaurant sind zentrale Bestandteile des Herzogenriedparks, daher muss auch die Halle Teil des Parks bleiben“, forderte Fraktionsvorsitzender Claudius Kranz. Für völlig undenkbar hält es die CDU, den „hervorragenden und tollen Baubestand“ rund um die Multihalle auch nur auszudünnen: „Das ist eine Halle im Grünen und soll es bleiben!“

„Ich weiß, dass wir in einem Zeitalter leben, wo der Erhalt von Bäumen im Vordergrund steht“, räumte daraufhin Quast ein. Man wolle aber „Blickbezüge schaffen“. Entscheiden sei jedoch nichts. Allerdings bestehe eine „konzeptionell unterschiedliche Dimension“ zwischen künftiger Nutzung der Halle und dem Park, was auch zu Konflikten führen könne, ergänzte OB Kurz.

„Gegen das Fällen wertvoller Bäume“ sprach sich auch klar Birgit Reinemund (FDP) aus. Das Nutzungskonzept sei gelungen, die Halle müsse aber Bestandteil des Parks bleiben. Dafür plädierte ebenso Thomas Trüber (Linke), der selbst in der Nähe wohnt. Er äußerte sich froh, dass die „kuriose, schäbige Halle nun einer Nutzung zugeführt wird“, die nicht „abgehoben-hochschwellig“ sei, denn Bürger hätten „erheblichen Mangel an Räumen“.

Unverändert Skepsis ließ dagegen ML-Fraktionschef Achim Weizel erkennen, der sich zudem an den vielen Anglizismen in dem Nutzungskonzept störte. Klar sei für die ML aber, dass die Halle weiter zum Park gehören müsse. „Das Dach ist denkmalwürdig - jetzt hoffen wir nur, dass am Ende was für die Bevölkerung rauskommt“, meinte Fraktionschef Bernd Siegholt (AfD).

„Architektonisches Wunder“

  • Die Multihalle entstand zur Bundesgartenschau 1975 und steht seit 1998 unter Denkmalschutz und hat neuerdings den höheren Rang als Kulturdenkmal besonderer Bedeutung“.
  • Sie stammt von den Architekten Carlfried Mutschler und Joachim Langner sowie von Frei Otto (bekannt vom Münchner Olympiastadion). Er entwarf das Gitterschalendach aus 7200 Metern mehrfach gekrümmten Holzleisten aus kanadischer Tanne. Es handelt sich um die weltweit größte frei tragende Dachkonstruktion aus Holz. Sie gilt als „architektonisches Wunder von Mannheim“.
  • 1981 wurde die Dachhaut erneuert. Seit 2008 gibt es ein Stützgerüst in der Mitte der Halle. Seit Februar 2011 ist sie eigentlich gesperrt, wird aber seit 2017 immer wieder genutzt.
  • Der Gemeinderat hat zwar 2016 beschlossen, dass nur der Abriss bleibt, wenn sich nicht Sponsoren für eine Rettung finden. Danach revidierte er das und entschied, die Sanierung mitzufinanzieren. Der Bund stufte das als „Nationales Projekt des Städtebaus“ ein und gibt fünf Millionen, die Stadt zahlt die restlichen 9,2 Millionen Euro, die Denkmalstiftung 50 000 Euro.
Herzogenriedpark

Nutzungskonzept Multihalle: Ein Dach und viele kleine Räume

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