Mannheim. Mit CDU und Grünen tragen die zwei größten Fraktionen im Mannheimer Gemeinderat die jetzt vorgestellten Sparpläne der Stadtspitze mit – auch wenn das nicht für eine Mehrheit reicht. Andere Fraktionen wie SPD, AfD, LTK oder FDP/MfM üben zum Teil deutliche Kritik - vor allem an der geplanten Gebührenerhöhung bei der Kinderbetreuung. Eine Übersicht, wie die Lager im Gemeinderat das Sparprogramm in einer ersten Einschätzung bewerten.
CDU
Die Christdemokraten unterstützen die Sparpläne, die die von ihrem Parteikollegen Christian Specht geführte Stadtverwaltung vorgelegt hat. „Nur durch klare Einsparungen bleibt die Handlungsfähigkeit Mannheims erhalten“, so der Fraktionsvorsitzende Claudius Kranz. Für den weiteren Beratungsprozess müsse nun gelten, „dass keine vorgenommene Einsparmaßnahme ersatzlos wegfallen kann, für jede Veränderung muss ein anderer gleichwertiger Vorschlag zur Einsparung erfolgen“. Der jugend- und sozialpolitische Sprecher Christian Hötting weist darauf hin, dass das Regierungspräsidium auch klare Vorgaben zur Reihenfolge bei den Einsparungen gemacht habe. Ganz oben stünden die freiwilligen Leistungen einer Kommune. Das sei in den Sparplänen „klar und eindeutig beschrieben“, so Hötting. Auch wenn das beim von der Verwaltung geplanten Wegfall der Gebührenerstattung für die Kita-Kinder „besonders schmerzt“.
Grüne/DIE PARTEI
Die Fraktion von Grünen/DIE PARTEI ist bereit, „die vorgeschlagenen Maßnahmen mitzutragen, um Mannheims Handlungsfähigkeit zu sichern“, wie Nina Wellenreuther, Gabriele Baier und Chris Rihm als Fraktionsvorstand erklären. Sie weisen aber darauf hin, dass mit den Sparmaßnahmen wichtige Zukunftsaufgaben in Gefahr gerieten. „Überall sind Transformationen im Gange, die für Mannheim von großer Bedeutung sind. Schon bisher standen zu wenig Mittel zur Verfügung, nun drohen weitere Kürzungen.“ Als Beispiel nennt die Fraktion die Kürzung „des ohnehin zu kleinen Klimafonds“ von 5,5 auf drei Millionen Euro. „Dringend notwendige Maßnahmen für Klimaschutz und -anpassung geraten so in Gefahr.“ Die Fraktion begrüßt, dass auch trotz der schwierigen Finanzlage weiter in den Kita-Ausbau investiert werde. „Auf der anderen Seite bedauern wir den Wegfall der städtischen Förderung der Kita-Beiträge sehr. Hier wollen wir gemeinsam mit der Verwaltung nach Lösungen suchen, so dass Familien nicht finanziell überfordert werden.“ Generell kritisieren die Grünen die „strukturelle Unterfinanzierung“ der Kommunen durch Bund und Land.
SPD
In der ernsten Haushaltslage seien „umfangreiche und weitgehende Maßnahmen unvermeidlich, um die Handlungsfähigkeit Mannheims erhalten zu können“, sagt SPD-Fraktionschef Reinhold Götz. Seine Fraktion erachtet allerdings „insbesondere die zahlreichen Vorschläge der Stadtspitze in den Bereichen Kinder, Jugend und Bildung als problematisch“. Die führten „zu deutlich höheren Belastungen und sozialen Härten“. Als Beispiele nennt Götz den Wegfall der Gebührenerstattung für den Kita-Besuch, aber auch die geplante Schließung des Jugendtreffs Feudenheim oder die Aussetzung des Ausbaus der Schulsozialarbeit. Kritisch sehen die Sozialdemokraten auch die geplante Kürzung bei der Einstellung von Auszubildenden bei der Stadtverwaltung. Götz und seine Fraktion erwarten von der Stadtspitze stattdessen Sparvorschläge, „die sich sozialverträglich umsetzen lassen“. Ein Beispiel könne sein, nur noch städtische Bedienstete mit hoheitlichen Aufgaben zu verbeamten. Das entlaste mittel- und langfristig den Personaletat.
AfD
„Viele der auf der Sparliste aufgeführten Vorschläge machen einen vernünftigen Eindruck“, erklärt AfD-Fraktionschef Jörg Finkler. Sie würden aber nicht reichen, um die geforderte Mindestliquidität zu schaffen. Welche weiteren Maßnahmen geplant seien, sei noch nicht bekannt, „ein abschließendes Urteil ist daher nicht möglich“. Die Gebührenerhöhungen „ausgerechnet bei der Kinderbetreuung“ lehnt seine Fraktion allerdings ab. „Hier werden überproportional stark die Familien belastet.“ Stattdessen müsse die Stadt „viel stärker bei den Ausgaben kürzen“. Die AfD-Fraktion will etwa, dass das Nationaltheater „einen viel stärkeren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leistet als geplant“. Darüber hinaus wiederholt sie ihre Forderungen aus den Etat-Beratungen: die vollständige Streichung der städtischen Zuschüsse unter anderem für das Antidiskriminierungsbüro, das Queere Zentrum und das Jugendzentrum „JUZ“.
LTK
Für die vierköpfige Fraktion aus Linken, Klimaliste und Tierschutzpartei sind die Sparvorschläge ein „Rundumschlag mit Kürzungen in allen Bereichen“. Eine „Gesamtstrategie mit Weitblick“ sei dabei nicht zu erkennen, wie Nalan Erol und Dennis Ulas bemängeln. Gleichwohl könne LTK viele Zuschussreduzierungen unterstützen – „jedoch auf keinen Fall für Familien und Haushalte mit niedrigen Einkommen“. Auch sie lehnen den Wegfall der Kita-Gebühren-Erstattung und den Ausbau-Stopp für die Schulsozialarbeit ab, genauso wie die Gebührenerhöhungen in der Mittagsverpflegung der Kitas. Auch die Jugendtreffs müssten erhalten bleiben. Dass die Stadt die Verluste der Stadtparkgesellschaft aus Buga-Zeiten nicht ausgleiche, „gefährdet die für Mannheim so wichtigen Stadtparks“, kritisieren Erol und Ulas. Beim Nationaltheater sieht LTK „mehr Einsparpotential“. „Mannheim kann sich kein Vierspartenhaus mehr leisten. Zwei Intendanzen könnten eingespart und die Zahl der Premieren reduziert werden.“
FDP
„In diesem ersten Sparpaket treffen die Kürzungen und Gebührenerhöhungen besonders Kinder und Familien, ein Bereich, der für unsere Fraktion sehr schwierig ist“, erklärt FDP/MfM-Fraktionschefin Birgit Reinemund. „Generell halten wir es für schwierig, bei Pflichtaufgaben zu kürzen, solange das Potenzial bei den freiwilligen Aufgaben nicht vollständig auf dem Tisch liegt. Auch finden wir es ehrlicher, zu prüfen, welche größeren Aufgaben und Projekte wir ganz aufgeben als überall Teile wegzukürzen.“ FDP/MfM sieht durchaus noch andere Einsparpotenziale: Etwa die Streichung des städtischen Bodenfonds zum Aufkauf von Grundstücken, was fünf Millionen Euro im Jahr bringe. Oder die Streichung des Shuttle-Systems FIPS. Reinemund betont, offen in die anstehenden Diskussionen zu gehen. „Es ist jetzt nicht die Zeit, parteipolitische Pflöcke einzuschlagen und rote Linien zu ziehen.“
Mannheimer Liste
Jetzt schon eigene Vorschläge für Einsparungen oder höhere Einnahmen ins Spiel zu bringen, hält die ML-Fraktion um ihren Vorsitzenden Holger Schmid „zum jetzigen Zeitpunkt für nicht zielführend und zu früh“. Zunächst sei im Haushaltsausschuss über die Vorschläge der Verwaltung zu reden. Es könne nicht darum gehen, „über Einzel- und Kleinmaßnahmen zu diskutieren, sondern eine gemeinsame Linie von Stadtverwaltung und Gemeinderat zu erarbeiten, im Gemeinderat zu beschließen und dann auch Schritt für Schritt umzusetzen“.
Julien Ferrat
Der Einzelstadtrat der selbstgegründeten Wählerinitiative „Die Mannheimer“ findet die Stadt Mannheim zu „ideenlos, wenn es darum geht, neue Einnahmequellen zu generieren – ohne die Bürger mehr zu belasten“. Andere Kommunen seien da einfallsreicher. Als Beispiel nennt Ferrat nicht nur das Nudisten- und Swinger-Dorf in Cap d‘ Agde, sondern auch die Stadt Göteborg, die einen Gewinne abwerfenden Vergnügungspark betreibe. Dass die Stadt mehr als 300 Millionen Euro für die Sanierung des Nationaltheaters ausgebe und es jedes Jahr mit mehr als 50 Millionen subventioniere, verdeutlicht laut Ferrat „die falsche Prioritätensetzung“.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheims Sparliste: Mehr Belastung für Familien