Finanzen

Was auf der Sparliste der Mannheimer Stadtverwaltung steht

Mannheim muss kräftig sparen, die Rathaus-Dezernate sollen Ausgaben reduzieren und Einnahmen erhöhen. Dem „MM“ liegen die Pläne vor.

Von 
Timo Schmidhuber
Lesedauer: 
Auch Krippen und Kitas in Mannheim sind vom Sparprogramm betroffen – Eltern sollen nach den Plänen der Verwaltung künftig höhere Gebühren zahlen. © epd

Das Wichtigste in Kürze

  • Jährlich drei Prozent sollen die Dezernate im Mannheimer Rathaus bis 2028 sparen.
  • Dem „MM“ liegen die lange erwarteten Vorschläge vor. Sie betreffen alle Bereiche, von Bildung bis Kultur.
  • Besonders Familien müssen sich auf höhere Gebühren einrichten.

Mannheim. Die Kita-Gebühren sollen steigen, genauso wie der Eintritt in die Schwimmbäder. Kultureinrichtungen wie Nationaltheater oder Museen müssen mit weniger Geld auskommen. Auch für viele andere Institutionen gibt es geringere oder gar keine Zuschüsse. Auf diese Weise will die Stadtverwaltung in den kommenden drei Jahren jeweils zwischen rund 14 und 18 Millionen Euro einsparen. So steht es in einer nicht-öffentlichen Vorlage für den Gemeinderat, die dem „MM“ vorliegt. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Warum muss Mannheim sparen?

Sinkende Steuereinnahmen wegen der lahmenden Wirtschaft sowie gestiegene Ausgaben etwa durch höhere Baukosten haben zu einer katastrophalen Finanzlage geführt. Den aktuellen Doppelhaushalt 2025/2026 hatte das Regierungspräsidium Karlsruhe nur unter der Auflage genehmigt, dass Mannheim spart und – etwas salopp gesagt – wieder flüssig wird. Die Vorgabe lautete: mindestens 57 Millionen Euro pro Jahr bis 2028. Die fünf Dezernate sollten deshalb Vorschläge machen, wie sie in diesem Jahr zwei Prozent und in den drei folgenden jeweils drei Prozent einsparen. Die aktuelle Vorlage mit 33 Seiten und vier Anhängen ist das Ergebnis davon – auch wenn noch nicht alle Vorschläge darin enthalten sind, wie es heißt, weil offenbar noch nicht alle Dezernate vollständig geliefert haben.

Wie sieht die Streichliste aus?

Es geht um die unterschiedlichsten Beträge aus den verschiedensten Bereichen: Von 10.000 Euro, indem man den städtischen Umweltpreis künftig nur noch alle zwei Jahre vergibt, bis zu einer veränderte Ausbildungsstrategie der Stadt Mannheim. War es bisher das Ziel, möglichst vielen jungen Menschen eine Lehrstelle anzubieten, will man sich jetzt stärker auf die konkreten Bedarfe konzentrieren. Sparpotenzial: mindestens 600.000 Euro pro Jahr.

Welche Pläne werden die Bürger am stärksten betreffen?

Viele Sparvorgaben fallen in den Bereich Kinderbetreuung. So soll die Gebührenerstattung für das letzte Kindergartenjahr wegfallen – die Stadt hatte Eltern bislang 105 Euro pro Monat erlassen. Sparpotenzial: drei Millionen Euro pro Jahr. Außerdem sollen die Gebühren der städtischen Kitas um jeweils ein Prozent pro Jahr erhöht werden, „bis die vorgesehene Eigenbeteiligung der Eltern von 20 Prozent erreicht ist“. Auch die Gebühr fürs Kita-Essen wird schrittweise steigen. Hier sollen die Erhöhungen 350.000 Euro im Jahr 2027 und 500.000 Euro im Jahr 2028 bringen. Und für Windeln, die es bislang in städtischen Kitas umsonst gab, sollen Eltern künftig eine Art „Windelgebühr“ bezahlen – und langfristig ihren Kindern selbst Windeln mitgeben, wie das laut Vorlage auch bei den Einrichtungen der freien Träger der Fall sei (100.000 Euro pro Jahr).

Auch bei den Schwimmbad-Eintritten wird es in den nächsten Jahren eine Erhöhung geben (das soll 367.000 Euro pro Jahr bringen), genauso wie bei der Stadtbibliothek (knapp 60.000 Euro). Die Gebühren zum Beispiel bei der Führerscheinstelle sollen ebenfalls steigen, was 150.000 Euro pro Jahr bringen soll. Wie hoch die neuen Gebühren in den jeweiligen Bereichen künftig jeweils konkret sein werden, steht nicht in der Vorlage.

Das Nationaltheater wird derzeit saniert, die Kosten belasten den städtischen Haushalt sehr. Die Stadtverwaltung will, dass das Theater künftig mit einem niedrigeren Betriebskostenzuschuss auskommt. © PIX-Sportfotos

Wie sieht‘s im Kulturbereich aus?

Dem Nationaltheater wird der Betriebskostenzuschuss in den kommenden Jahren jeweils um 1,5 Millionen Euro gekürzt. Unter anderem sollen Personalaufwendungen und der Produktionsetat der Oper sinken. Geplant ist auch eine „stetige“ Erhöhung der Eintrittspreise „alle zwei Jahre“. Außerdem soll das Haus selbst für Einnahmen sorgen, etwa durch Vermietungen und Sondervorstellungen. Auch bei den Reiss-Engelhorn-Museen (rund 300.000 Euro pro Jahr) und bei der Kunsthalle (knapp 220.000 Euro) will man den Betriebskostenzuschuss reduzieren. In der Kunsthalle sollen zum Beispiel die verlängerten Öffnungszeiten am Mittwochabend wegfallen.

Was steht noch in der Vorlage?

Das Kurzstreckenticket, das eine Vergünstigung für öffentliche Verkehrsmittel bei Fahrten von bis zu vier Haltestellen bietet, soll ab kommendem Jahr wegfallen (Sparpotenzial rund 350.000 Euro pro Jahr). Die freiwilligen städtischen Zuwendungen an die Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz ebenfalls (100.000 Euro). Den sanierungsbedürftigen Jugendtreff Feudenheim will die Stadt durch ein mobiles Angebot ersetzen (rund 65.000 Euro pro Jahr). Das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum Albrecht-Dürer-Schule wird den Plänen zufolge wegen rückläufiger Schülerzahlen geschlossen. Auch den eigentlich geplanten Ausbau der Schulsozialarbeit will die Stadt erstmal stoppen. Die Anschaffung eines zusätzlichen mobilen Blitzers soll außerdem für zusätzliche Einnahmen sorgen.

Mehr zum Thema

Finanzen

Gemeinderat berät über Mannheims schwierige Finanzlage geheim

Veröffentlicht
Von
Timo Schmidhuber
Mehr erfahren

Kommentar Mannheimer Finanzen: Öffentliche Beratungen wären ein Zeichen für Transparenz

Veröffentlicht
Kommentar von
Timo Schmidhuber
Mehr erfahren

Kommentar Mannheims Sparliste: Mehr Belastung für Familien

Veröffentlicht
Kommentar von
Timo Schmidhuber
Mehr erfahren

Wie geht es weiter?

Einige der Maßnahmen kann die Verwaltung direkt im laufenden Betrieb umsetzen. Andere sollen direkt in der nächsten Sitzung des Gemeinderats am 30. September beschlossen werden. Für eine dritte Gruppe von Maßnahmen – dazu gehören etwa die höheren Gebühren bei der Kinderbetreuung und bei den Bädern - sind gesonderte Beschlüsse in noch folgenden Sitzungen nötig. Am Dienstag will die Stadtspitze ihr „Programm zur Haushaltskonsolidierung“ bei einer Pressekonferenz vorstellen.

Werden diese Sparmaßnahmen reichen?

Nein. Nach „MM“-Informationen hatte Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) den Dezernaten und dem Gemeinderat kurz vor der Sommerpause angekündigt, dass die jeweils drei Prozent pro Jahr nicht ausreichten und man auf jeweils fünf Prozent kommen müsse. So steht es jetzt auch in der Vorlage. Eine weitere Streichliste wird also im Lauf des Jahres noch folgen. Darüber hinaus laufen in der Verwaltung noch Projekte, in denen zum Beispiel die viel beschworenen Synergieeffekte ausgelotet werden. Durch das Teilen von Schreibtischen, wenn Mitarbeiter im Homeoffice sind, sollen zum Beispiel gegebenenfalls Ausgaben für Büroflächen verringert werden. Auch die Größe des städtischen Fuhrparks steht auf dem Prüfstand. Weil sich die Finanzlage im Laufe dieses Jahres wie berichtet noch schlechter entwickelt hat als angenommen, müssen die jetzt vorgesehenen Sparmaßnahmen sozusagen auch gleich formell festgehalten werden. Heißt: Der bisherige Haushalt wird angepasst, der Gemeinderat muss einen sogenannten Nachtragshaushalt beschließen. Das ist für den 21. Oktober geplant.

Wie beurteilt die Stadtverwaltung die Lage?

„Die finanzielle Situation für Mannheim ist außerordentlich ernst, aber nicht hoffnungslos“, heißt es in der Vorlage für die Stadträtinnen und Stadträte. Durch „Priorisierung“ könnten „weiterhin wichtige Aufgaben, wie die Kinderbetreuung, ausgebaut oder andere Unterstützungsleistungen erhalten werden“. Dies erfordere allerdings, „dass alle Leistungen und Bereiche auf den Prüfstand gestellt und neben der Wirkung auch der Umfang oder der Ertrag/die Kostendeckung hinterfragt werden“.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke