Rosengarten - Erweiterungsbau beginnt im Sommer / Bürger können im Internet über drei Frauen-Namen abstimmen

Mannheimer Rosengarten wird ab Sommer erweitert

Von 
Peter W. Ragge
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Mit Blick auf die Rückseite des Jugendstilbaus: So soll der neue Saal, aufgesetzt auf das Mittelfoyer, aussehen. © Schmucker/m:con

Mannheim. Autopionierin Bertha Benz, Frauenrechtlerin Alice Bensheimer oder Julia Lanz, die vielfältig karitativ engagierte Ehefrau des Inhabers der gleichnamigen Landmaschinenfabrik? Nach einer dieser drei Frauen soll der neue Saal, um den der Rosengarten bis September 2024 erweitert wird, benannt werden. Ab der nächsten Woche dürfen das die Besucher des Kultur- und Kongresszentrums entscheiden – mit einer Abstimmung im Internet.

Mozartsaal und Stamitzsaal sind bekannt, weitere Räume nach den Komponisten Gustav Mahler, Alban Berg oder Arnold Schönberg benannt – alles Männer. „Wir sind männerlastig“, räumt Bastian Fiedler, der Geschäftsführer der m:con – mannheim-congress gmbh, ein. Aber er will es ändern. „Es passt nicht mehr in die Zeit, und es passt nicht mehr zu unserer Firma, in der mehr Team- und Abteilungsleiter weiblich als männlich sind, in der Frauen so viel verdienen wie Männer und in der auch viele Männer Elternzeit nehmen“, so Fiedler. Für das neue „Rosengarten-Baby“, wie er den künftigen Saal nennt, habe daher schnell festgestanden: „Es wird ein Mädchen!“, sagt er schmunzelnd.

Zwischen Neubau (l.) und Altbau (r.) wird der neue Saal auf die bisher freie Fläche über dem Foyer gesetzt und an drei Seiten verglast. © Schmucker/m:con

Die m:con-Belegschaft machte zunächst intern Vorschläge, über 20 an der Zahl, und legte drei Favoritinnen fest – drei Frauen, die Stadtgeschichte geschrieben haben. Diese drei Vorschläge werden bei einer Onlineabstimmung nun zur Wahl gestellt. Eine Internetseite mit Informationen zur Biografie der Frauen sowie der Möglichkeit, sich mit einem Klick zu entscheiden, wird am 14. März freigeschaltet.

„Wir wollen die Öffentlichkeit einbeziehen“, so Benedikt Füssel, Prokurist und Leiter Marketing, „denn für die Mannheimer ist der Rosengarten doch ihre gute Stube“. Fast jeder Mannheimer sei hier in seinem Leben ganz oft, vom Abschlussball der Tanzschule bis zu Konzerten, ergänzt Fiedler. Daher wisse man um die enge Bindung der Mannheimer an das Haus und wolle sie entscheiden lassen. „Wir sind sehr gespannt“, so Fiedler. Die Abstimmung wird drei Wochen laufen. Das Ergebnis wird dem m:con-Aufsichtsrat unterbreitet, und Mitte April steht die Namensgeberin fest.

Drei Namensgeberinnen stehen zur Abstimmung

  • Alice Bensheimer: 1864-1935, setzte sich vor allem für die gesellschaftliche Gleichstellung der Frau ein, gründete 1896 den „Frauenbund Caritas“, in dem sie als Armen- und Waisenpflegerin tätig war. War in Mannheim in der städtischen Armen- und Jugendamtskommission aktiv. 1916 Mitbegründerin einer der ersten „Sozialen Frauenschulen“, Ausgangspunkt für die Fakultät für Sozialwesen an der Hochschule Mannheim.
  • Bertha Benz: 1849-1944, unternahm 1888 als erster Mensch weltweit mit ihren zwei Söhnen eine Fernfahrt in einem Automobil von Mannheim nach Pforzheim. Sie unterstütze Carl Benz bereits vor ihrer Hochzeit mit ihren unternehmerischen und finanziellen Möglichkeiten und trug mit ihrer Fahrt maßgeblich zum Durchbruch des Automobils bei.
  • Julia Lanz: 1843-1926, engagierte sich im Badischen Frauenverein für arbeitslose Frauen, wurde Präsidentin des Mannheimer Zweigs. 1899 gründete sie mit ihrem Ehemann Heinrich Lanz, Inhaber der gleichnamigen Landmaschinenfabrik, die noch heute bestehende Heinrich-und-Julia-Lanz-Stiftung zur Gesundheitsförderung. 1910 erhielt sie als erste Frau die Ehrenbürgerwürde der Stadt Mannheim.

Im Sommer, etwa August/September, soll mit der Einrichtung der Baustelle begonnen werden. „Wir warten auf die finale Baugenehmigung, machen dann die europaweite Ausschreibung des Generalunternehmers, danach kann es gleich losgehen“, beschreibt der m:con-Geschäftsführer die weiteren Schritte. Obwohl der Bau parallel zum laufenden Betrieb des Kongresszentrums stattfinde, hoffe er, dass der Zeitplan eingehalten werden kann. Der sieht vor, dass der neue Saal bereits im September 2024, zum großen Kongress von Kinder- und Jugendärzten, erstmals genutzt wird.

Für das vom Architekturbüro Schmucker geplante Projekt wird auf das Mittelfoyer zwischen Musen- und Mozartsaal – in den freien Luftraum zwischen Altbau und Neubau – noch ein Saal gesetzt. Die Kosten werden weiter mit 14 Millionen Euro angegeben – ungeachtet der enorm steigenden Baupreise. Dafür entsteht ein Saal mit 600 Quadratmetern Grundfläche, der in bis zu sechs kleinere Workshop- und Tagungseinheiten – ausgestattet mit modernster Technologie – unterteilt werden kann, bei voller Nutzung aber bis zu 450 Personen Platz bietet.

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Dass der neue Saal gebraucht wird, daran besteht für Bastian Fiedler kein Zweifel – auch und gerade nach der Corona-Pandemie. Es sei gelungen, alle Kunden zu halten, betont Benedikt Füssel. „Nach Corona werden Abstände aber noch eine Rolle spielen“, glaubt Fiedler, auch daher sei der zusätzliche Platz gut. Er biete zudem die Chance, einige Veranstaltungen komplett auf der oberen Ebene stattfinden zu lassen und dafür Mozart- und Musensaal zu entlasten, um diese dann für Konzerte belegen zu können. „Die Kulturbranche hat ja einige Tourneen nachzuholen“, weiß Fiedler.

Ab April läuft das Kongressgeschäft im Rosengarten nach langer Flaute wegen Corona wieder voll an, berichten Fiedler und Füssel erleichtert. Zwar werde es weiter eine Maskenpflicht geben – wenn die fällt, will der Rosengarten seinen Gästen zumindest empfehlen, Masken zu tragen. „Mit Maske und unserem guten Lüftungssystem ist man bei uns weitestgehend sicher“, bekräftigt Fiedler. Der große Kardiologenkongress finde in der Woche nach Ostern mit bis zu 6000 Teilnehmern statt, der große Fondskongress, ein Hebammenkongress und viele weitere Tagungen folgen. Auch die „Animagic“ ist Anfang August vorgesehen – ein riesiges Treffen der Fans japanischer Comics. „Da wollen wir aber auch die Außenbereiche des Rosengartens und rund um den Wasserturm einbeziehen“, kündigt Füssel an.

Was auch nach Ende der Corona-Pandemie bleiben werde, sei der hybride Charakter vieler Kongresse – sprich: dass ein Teil der Vorträge im Internet übertragen wird. Der Rosengarten habe die dazu nötige Technik und während der Corona-Einschränkungen bewiesen, dass er solche Events gut umsetzen könne. „Was wir uns da die letzten zwei Jahre erarbeitet haben, war extrem hilfreich“, sagt Fiedler dankbar. Auch über Mannheim hinaus ist das m:con-Team ja als Organisator von Großveranstaltungen und bei der technischen Abwicklung gefragt.

Doch selbst wenn das Umsatz und guten Ertrag bringt – neue Kunden annehmen kann das Rosengarten-Team derzeit kaum. „Vorhandene Kunden halten wir, neue Agenturaufträge gehen nicht“, bedauert Fiedler, weil die m:con ein „massives Personalproblem“ habe. Elf Stellen sind derzeit offen, da Mitarbeiter während der Corona-Zeit entweder die Chane zur Familiengründung nutzten und in Elternzeit gehen oder der Veranstaltungsbranche ganz den Rücken gekehrt haben. Nun gebe es einen Wettstreit um die verbliebenen Experten, bei dem der Rosengarten – da an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes gebunden – im Nachteil sei, so Fiedler.

Redaktion Chefreporter

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