Preisverleihung

"Mannheimer Pfennig" geht nicht an "Pfennigfuchser"

Der neue Träger der Auszeichnung ist der Vorsitzende der Vetter-Stiftung, die sich um die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit verdient gemacht hat

Von 
Peter W. Ragge
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Verleihung des „Mannheimer Pfennigs“: Ulrich Nieß (vl.), Michael Grötsch, Helen Heberer, Peter Frankenberg und Carl-Heinrich Esser. © Michael Ruffler

Er ist „das Gegenteil von einem Pfennigfuchser“: So hat es Ulrich Nieß, Direktor vom Marchivum, auf den Punkt gebracht. Darum erhielt Peter Frankenberg, Vorsitzender der Heinrich-Vetter-Stiftung und ehemaliger Wissenschaftsminister, nun den „Mannheimer Pfennig“ - die Auszeichnung vom Freundeskreis Marchivum für Persönlichkeiten, die sich in ganz besonderer Weise um Aufarbeitung und Vermittlung der Stadtgeschichte verdient gemacht haben.

Und das hat Frankenberg - auch dann, wenn es unbequem wurde. Gleich mehrfach wurde Frankenberg daher Mut bescheinigt, von Kulturbürgermeister Michael Grötsch ebenso wie von Stadträtin Helen Heberer, die als Vorsitzende vom Freundeskreis Marchivum die Laudatio hielt.

Gemeint war damit, dass Frankenberg als Vorsitzender der Vetter-Stiftung maßgeblich die 2011 erschienene Studie „Ausgeplündert, zurückerstattet und entschädigt - Arisierung und Wiedergutmachung in Mannheim“ von Christiane Fritsche finanzierte, die schonungslos offenlegte, was zur Zeit des Nationalsozialismus passiert war.

Viel Respekt für die Arbeit Peter Frankenbergs

Die Arbeit habe gezeigt, „dass zu den Profiteuren wir als Stadt genauso zählten wie die Familie Vetter“, so Grötsch. Dass Frankenberg das als Verpflichtung gesehen habe, „sich immer wieder in die Erinnerungskultur einzubringen und entschieden gegen antisemitische und rechtsradikale Tendenzen einzutreten, verdient Respekt“, hob Grötsch hervor.

Mannheimer Pfennig

Der „Mannheimer Pfennig“ war eine in der Region gültige Münzwährung, die Ende des 14. Jahrhunderts auf der Zollburg Eichelsheim (heute Lindenhof) geprägt wurde.

Er zeigt als Symbol die Straßburger Lilien, die für Wehrhaftigkeit stehen, darunter zwei Wittelsbacher Rauten. Umgeben ist er von einem Perlenkranz, der Reichtum symbolisiert.

Goldschmied Reinhard Schütze hat die alle zwei Jahre vergebene Auszeichnung geschaffen und dafür eigens einen Prägestempel hergestellt.

Peter Frankenberg ist der 13. Träger – nach Hermann Wiegand, Christiane Fritsche, Carl-Heinrich Esser, Hans Freiländer, Gerhard Widder, Susanne Räuchle, Grit Arnscheid, Richard Grimminger, Günter Arheit, Bernd Jansen, Horst Hoffmeister und Heinrich Vetter.

Die Verleihung war am 3. September, dem Geburtstag des ersten Mannheimer Stadtarchivars Friedrich Walter im Jahre 1870. Er schuf die erste repräsentative stadthistorische Darstellung. pwr

„Mutiges und entschiedenes Auftreten“

Auch Heberer würdigte Frankenbergs „mutiges und entschiedenes Auftreten“ für die Aufarbeitung der Geschehnisse während der Diktatur. Dass Frankenberg dies mit Mitteln der Vetter-Stiftung finanziert habe, obwohl Vetter selbst betroffen gewesen sei, habe zur Glaubwürdigkeit der Stiftung wie auch von Frankenberg persönlich beigetragen, sagte Heberer. „Ohne seinen Einsatz und seinen umsichtigen Umgang mit dem Thema wäre das nicht möglich gewesen“, betonte sie.

Seit 2011 Leiter der Vetter-Stiftung

Allerdings wiesen Grötsch wie auch Heberer darauf hin, dass das Engagement von Frankenberg weit darüber hinaus reiche. Schließlich sei Frankenberg „der Stadt seit Jahrzehnten auf das Engste verbunden“, wies Grötsch darauf hin, dass der in Bad Honnef geborene Wissenschaftler, der Geschichte, Geografie und Geologie sowie Botanik studierte, 1986 als Professor an die Universität Mannheim kam.

Zunächst als Rektor der Universität ab 1994, dann als baden-württembergischer Wissenschaftsminister habe Frankenberg „maßgebliche Akzente in der Hochschulpolitik“ gesetzt, ehe er 2011 aus der Politik ausschied und die Führung der Heinrich-Vetter-Stiftung übernahm.

Diese Stiftung hatte der Kaufmann Heinrich Vetter („Kaufhaus Vetter“, später Horten in N 7) errichtet und in sie sein gesamtes Vermögen eingebracht. Nach seinem Tod 2003 übernahm zunächst Carl Heinrich Esser den Vorsitz der Stiftung.

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„Mannheimer Pfennig“ ein „Ausdruck großer Wertschätzung"

Auch er habe, ebenso bereits mit dem „Mannheimer Pfennig“ geehrt, die Grundlagen dafür gelegt, dass die Stiftung wissenschaftliche Arbeit und Publikationen zur Stadtgeschichte fördere, rief Marchivum-Chef Ulrich Nieß in Erinnerung.

Bei Frankenberg sei der „Mannheimer Pfennig“ laut Bürgermeister Grötsch „Ausdruck großer Wertschätzung für seine wissenschaftliche Reputation, seine Tatkraft und seine Unterstützung weit über das Marchivum hinaus“, so Grötsch.

„Auf Sie war immer Verlass“, unterstrich Heberer, die in ihrer Zeit als Landtagsabgeordnete mit Frankenberg im Wissenschaftsausschuss des Landtags gut zusammenarbeitete und als SPD-Kreisvorsitzende „in kommunalpolitisch sehr stürmischer Zeit“ viel bewegte, als er CDU-Kreisvorsitzender war.

Kritik an später Aufarbeitung der NS-Zeit

Doch auch nach Ende seiner politischen Tätigkeit habe Frankenberg „nie den Bezug zu Manheim verloren“. Beginnend bei Zuschüssen zu den „Stadtpunkten“, den Infotafeln zur Stadtgeschichte, über zahlreiche Publikationen und Forschungsarbeiten bis zur Mitfinanzierung der Stadtgeschichtlichen Ausstellung sowie des derzeit im Bau befindlichen NS-Dokumentationszentrums reiche der wichtige Betrag der Vetter-Stiftung zur Arbeit des Marchivums.

Diese Unterstützung werde weitergehen, versprach Frankenberg. Die Aufarbeitung der Geschichte sei ihm „persönlich ein wichtiges Anliegen“ und „muss uns Mahnung sein, dass Ähnliches nicht mehr passiert, nicht mit jüdischen Mitbürgern und nicht mit anderen Minderheiten“, bekräftigte er. Er habe sich immer gewundert, dass in Deutschland die Aufarbeitung der Vergangenheit „relativ spät“ angegangen worden sein, kritisierte er.

Wie sich dabei die Rolle von Archiven ändert und ihr Wandel von der reinen Aufbewahrung alter Akten als Belege für Herrschaftsverhältnisse und Verwaltungshandeln hin zu lebendigen Einrichtungen zur Kulturvermittlung erläuterte dann Marchivum-Abteilungsleiter Thomas Throckmorton in seinem Festvortrag.

Redaktion Chefreporter

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