Mannheim. Der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz wird für keine dritte Amtszeit kandidieren. Das gab der Sozialdemokrat am Mittwochmorgen in einer Mitteilung an alle Mitarbeiter bekannt, die dieser Redaktion vorliegt.
Die Entscheidung, bei der Wahl am 18. Juni nächsten Jahres nicht mehr anzutreten, sei ihm nicht leichtgefallen, erklärte Kurz. Der 60-Jährige nannte sowohl persönliche als auch inhaltliche Gründe für seinen Entschluss. Oberbürgermeister in einer Stadt wie Mannheim zu sein, sei mit kaum einem anderen politischen Amt vergleichbar. Nach fast 40 Jahren Kommunalpolitik, davon 24 Jahre als Dezernent, „weiß ich genau, von was ich rede“, so der Sozialdemokrat. Für weitere acht Jahre hätte es erneut viel Kraft und Begeisterung gebraucht. Offensichtlich mehr, als Kurz noch aufbringen kann oder will.
Persönliche Mitteilung von OB Kurz
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Beschäftigte der Stadt Mannheim,
ich wende mich heute mit einer persönlichen Mitteilung an Sie, da ich denke, dass Sie mit als erste informiert sein sollten.
Ich habe mich entschieden, mich im nächsten Sommer nicht noch einmal um eine achtjährige Amtszeit als Oberbürgermeister zu bewerben.
Diese Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen.
Denn es ist es eine Ehre der Stadt in dieser Funktion dienen zu können und insbesondere auch mit so vielen engagierten Mitarbeitenden zusammenarbeiten und die Stadt gestalten zu dürfen.
Und viele haben mir Unterstützung signalisiert und mich bestärkt.
Und zudem wiegt die Verantwortung schwer, da Erfahrung als Oberbürgermeister und Kenntnis der Herausforderungen in dieser Zeit besondere Bedeutung haben können.
Ich habe mich dennoch anders entschieden:
Dies hat zum einen persönliche Gründe. Es braucht mehr als Pflichtbewusstsein und Verantwortungsgefühl, um eine erneute Bewerbung zu tragen und glaubwürdig zu machen. Es braucht die notwendige Kraft und Begeisterung, um dieses Amt auf eine so lange Strecke von 8 Jahren ausüben zu können, das mit kaum einem anderen politischen Amt zu vergleichen ist, da es zugleich ganz operative Aufgaben beinhaltet. Und nach fast 40 Jahren Kommunalpolitik, davon 24 Jahren als Bürgermeister und Oberbürgermeister, weiß ich genau, von was ich rede.
Es gibt zum anderen aber auch Gründe, die sich gerade aus den Anforderungen dieser Zeit ergeben. In einer fundamentalen Krise braucht es auch neue Ansätze und neuen Schwung. Und der verbindet sich für uns oft mit neuen Gesichtern.
Einem Neubeginn begegnen wir immer mit einem gewissen Wohlwollen. Das macht manches leichter und lässt manches gelingen, was unter anderen Umständen sehr zäh werden würde.
Vor allem aber wäre mein eigenes notwendiges Handeln in diesen nächsten Monaten größter Herausforderungen als Kandidat deutlich erschwert. Appelle zu Gemeinsamkeit und zum Zusammenstehen würden realistischer Weise verhallen. Entscheidungen würden nur wahltaktisch interpretiert und meine Kraft wäre zu einem erheblichen Teil gebunden. Dass würde der Stadt nicht guttun, denn wichtige Entscheidungen werden gerade in den immer noch neun Monaten meiner Amtszeit erfolgen müssen.
Doch wichtige Aufgaben der Krisenbekämpfung, aber vor allem auch der Ausrichtung auf die Zukunft, die ein hohes Tempo von Veränderungen verlangen wird, warten unmittelbar in den nächsten Wochen und Monaten auf uns. Ihnen werde ich mich mit ganzem Einsatz widmen. Ich weiß, dass ich dabei auf Ihr Engagement setzen kann und danke Ihnen einmal mehr für Ihren Einsatz für unsere Stadt.
Ich freue mich auf unsere nächste Begegnung.
Als weiteren Grund für seinen Entschluss argumentierte der Amtsinhaber in seiner Mitteilung: „In einer fundamentalen Krise braucht es auch neue Ansätze und neuen Schwung. Und der verbindet sich für uns oft mit neuen Gesichtern.“
SPD hat Plan B in der Schublade
Für den Fall, dass Kurz aufhören will, hat seine SPD angeblich seit längerem einen Plan B in der Schublade. Als ihr wahrscheinlichster Kandidat gilt nun Fraktionschef Thorsten Riehle. Auf Anfrage dieser Redaktion wies Riehle darauf hin, dass es in der SPD mehrere geeignete Aspiranten für die Nachfolge gebe: „Wir haben etwa einen Baudezernenten, wir haben auch mehrere Abgeordnete in Stuttgart und Berlin.“ Ob er sich das Amt des Oberbürgermeisters für sich selbst vorstellen könnte, wollte der Capitol-Chef nicht beantworten.
Der SPD-Kreisvorsitzende Stefan Fulst-Blei erklärte zum Verzicht von Kurz: „Wir haben uns auf diese Option schon lange vorbereitet, auch deshalb habe ich immer von einem Plan A plus gesprochen.“ Zunächst würden nun die Gremien der Partei darüber informiert, dann die Öffentlichkeit. Wann dies geschehe, werde der Kreisvorstand festlegen.
Auch in die Bewerbungsdebatten bei anderen Parteien dürfte die Entscheidung des Amtsinhabers nun großen Schwung bringen. Denn mögliche Aspiranten hatten darauf stets geschaut. So erklärte der Erste Bürgermeister Christian Specht (CDU) mehrfach indirekt, nicht gegen Kurz antreten zu wollen. Und bei den Grünen - derzeit stärkste Fraktion im Mannheimer Gemeinderat - stand sogar der Verzicht auf eine eigene Kandidatin im Raum, falls das bisherige Stadtoberhaupt weitergemacht hätte. Denn sie hatten Kurz bereits bei der vergangenen Wahl unterstützt, der Sozialdemokrat setzte sich auch stark für ihre Klimaziele ein.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Der 60-Jährige begründete seinen Verzicht auch damit, eine erneute Kandidatur hätte ihm das Handeln in den nächsten Monaten deutlich erschwert. Appelle zu Gemeinsamkeit und zum Zusammenstehen würden realistischer Weise verhallen, Entscheidungen nur wahltaktisch interpretiert. Wäre er ein weiteres Mal angetreten, hätte dies zudem einen erheblichen Teil seiner Kraft gebunden. „Dass würde der Stadt nicht guttun, denn wichtige Entscheidungen werden gerade in den immer noch neun Monaten meiner Amtszeit erfolgen müssen.“
Wäre Kurz 2023 ein drittes Mal angetreten, hätte er im Falle seiner Wiederwahl auf eine Amtszeit von insgesamt 24 Jahren kommen können. So lange war bisher nur sein Parteifreund und Vorgänger Gerhard Widder Mannheimer Oberbürgermeister. Der bleibt somit nun alleiniger Rekordhalter.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-mannheimer-ob-peter-kurz-verzichtet-auf-weitere-amtszeit-_arid,2019094.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Das Zögern von Peter Kurz ist teilweise verständlich