Mannheim. In Mannheim werden in den nächsten Wochen gleich drei Kirchen aufgegeben. Das ist aber erst der Beginn eines längeren Prozesses, bei dem sich die beiden großen christlichen Konfessionen von zahlreichen Gebäuden trennen werden.
Bereits am Sonntag, 29. September, verabschiedet sich die evangelische Gemeinde mit einem feierlichen Gottesdienst von der Gethsemanekirche auf dem Waldhof, die 1966 von Architekt Helmut Striffler gebaut worden war. Was aus dem Gebäude wird, ist noch nicht ganz klar. Die Kirche möchte die Fläche freigeben für eine Wohnbebauung. Dies bedeute „voraussichtlich Abriss“, so der evangelische Dekan von Mannheim, Ralph Hartmann.
In acht Kirchen wird investiert
„Wir geben nicht nur auf!“, betont Dekan Ralph Hartmann: Außer Abschied und Rückbau investiere das Dekanat auch in mehrere Kirchen, die nicht nur langfristig erhalten, sondern auch modernisiert und zu multifunktional nutzbaren Veranstaltungskirchen gemacht werden sollen. Es sei eben „ein Prozess der Priorisierung“.
Konkordienkirche: Hier laufen bereits die Arbeiten, für die insgesamt eine Million Euro veranschlagt sind. Sie umfassen eine Sanierung des Innenraums und eine Umgestaltung für verschiedene Nutzungen, etwa durch Verzicht auf starre Bänke, durch neue Veranstaltungstechnik und den Einbau von Toiletten.
- Christuskirche: Geplant ist die Sanierung der Gemeinderäume im Untergeschoss, um sie mehr und besser nutzen zu können.
- Auferstehungskirche: Auch sie soll zur Veranstaltungskirche umgebaut werden, die Planung läuft.
- Erlöserkirche: Hier läuft ebenso die Vorbereitung für eine multifunktionale Nutzung.
- Versöhnungskirche: Keine Bänke, neue Heizung und Veranstaltungstechnik – hier ist gleichfalls die Umgestaltung zur Veranstaltungskirche angestoßen. „Wir rechnen mit mehr als einer Million Euro Kosten“, so Dekan Hartmann.
- Dreifaltigkeitskirche: Hier sind die Planungen noch nicht soweit. Es wird erst eine Machbarkeitsstudie erfolgen.
- Johanniskirche: Langfristig ist hier eine Sanierung geplant.
- Petruskirche: Anstelle des Gemeindehauses, das spätestens 2026 aufgegeben und für Wohnungsbau verkauft werden soll, plant die Gemeinde einen Anbau an die Petruskirche. Die Wiese soll aber weiter genutzt werden können, „sie ist doch ein Pfund“, betont der Dekan.
Ökumene in Käfertal und auf der Vogelstang
Für zwei Kirchen gibt es Gespräche über ökumenische Nutzungen. Schon konkret ist das bei der Philippuskirche, da die Katholiken die benachbarte Kirche St. Hildegard aufgeben. Als „Zukunftsmusik“ bezeichnet der Dekan eine Zusammenarbeit auf der Vogelstang, wo die Katholiken die gemeinsame Nutzung ihrer Kirche und ihres Gemeindezentrums angeboten haben. „Mittelfristig“ suche man, so der Dekan, auch für Emmauskirche, Jakobuskirche und das Areal um die Pfingstbergkirche nach Umnutzungen und Käufern. Zudem steht die Trinitatiskirche, als Eintanzhaus genutzt, auf der Liste der Gebäude, bei denen die Kirche die Verantwortung für die Bauunterhaltung abgeben will.
Unabhängig von Gebäudefragen läuft der Prozess, dass sich das Dekanat inhaltlich und personell auf bestimmte Themen konzentriert. Anne Ressel beendet ihre Tätigkeit als Pfarrerin in der CityGemeinde Hafen-Konkordien und als Schifferseelsorgerin. Sie ist künftig für das gesamte Dekanat für eine neu geschaffene Stelle „Vernetzung Gemeinwesenarbeit, Diakonie und Vesperkirche“ zuständig. Bislang hat sie die Vesperkirche nämlich nur „nebenbei“ organisiert. Am 29. September wird sie um 11 Uhr zum Abschluss der Erich-Kästner-Predigtreihe auf der Kirchwiese gemeinsam mit Pfarrerin Ilka Sobottke über „Pünktchen und Anton“ predigen, ehe Dekan Hartmann ihr dankt und sie in das neue Amt einführt. Diakonin Ute Mickel , seit 2022 an der Philippuskirche, trat eine neu geschaffene Stelle an, welche die Konfirmanden- und Jugendarbeit im Stadtkirchenbezirk Mannheim vernetzt. Damit sind zwei der drei durch die Synode beschlossene neue Stellen für Themenschwerpunkte besetzt. Eine weitere, für einen Pfarrer gedachte Stelle für das Thema Kinder/Familie ist beschlossen, aber da gibt es noch keine Person, die sie übertragen bekommt.
Bei der Lukaskirche auf dem Almenhof, 1965 von Carlfried Mutschler errichtet, wolle man einen Abriss vermeiden und prüfe „verschiedene Optionen etwa für Wohnen und Kultur“. Doch klar ist, dass dort am 6. Oktober der letzte Gottesdienst stattfinden wird.
Bei den Katholiken beginnt an diesem Wochenende der Abschiedsmonat mit mehreren Veranstaltungen in St. Hildegard in Käfertal-Süd. Am 27. Oktober findet dann der Profanierungsgottesdienst statt, um die Weihe der Kirche aufzuheben. Der Caritasverband der Erzdiözese Freiburg will sie zu einer Schule für Pflegekräfte und Erzieherinnen umbauen. Die Katholiken des Stadtteils ziehen in die benachbarte evangelische Kirche um, die dann ökumenisch genutzt werden soll.
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St. Hildegard ist die erste katholische Kirche, die in Mannheim aufgegeben wird. Bei den Katholiken in der gesamten Erzdiözese Freiburg läuft nämlich noch ein Umstrukturierungsprozess. Dabei werden aus den aktuell 1056 Pfarreien 36 neue, deutlich größere Pfarreien gebildet. In dem Zusammenhang stehen viele Gebäude auf dem Prüfstand, Beschlüsse gibt es aber noch nicht. Dass St. Hildegard schon im Vorgriff darauf aufgegeben wird, sorgte in der Gemeinde für Ärger und Frust.
Drei Kategorien regeln Abschied oder Investitionen
Die Evangelische Kirche in Mannheim hat dagegen bereits 2022 ihre Kirchen in drei Kategorien eingeteilt. Dabei fielen 13 in die Kategorie C, das heißt, sie werden aufgegeben. Hier sollen keine Mittel mehr für Bauunterhaltung fließen, sondern Umnutzungsmöglichkeiten gesucht werden. Darunter fallen auch Gethsemane und Lukas, wo jetzt der Abschied ansteht. Sieben Kirchen der Kategorie B werden nur repariert und so lange betrieben, wie es geht. Zwölf Gotteshäuser fallen in die Kategorie A, die nicht nur langfristigen Erhalt garantiert, sondern zudem Investitionen. Daher laufen derzeit bei mehreren Gebäuden Planungen oder schon Bauarbeiten.
Generell wolle das Dekanat keinen Abriss, versichert Dekan Ralph Hartmann. Wenn aber keine Umnutzung möglich sei oder sich kein Investor finde, könne er Abrisse „nicht ausschließen“. Schon lange seien die Mitgliederzahlen rückläufig und daher wegen sinkender Steuereinnahmen und hohem Aufwand für Energie oder Bauunterhalt nicht mehr alle Sakralbauten auf Dauer finanzierbar, erklärt er. Schließlich seien die Gebäude, viele in der Zeit des Wirtschaftswunders und der Neubaugebiete nach dem Krieg entstanden, auf viel mehr Gläubige ausgelegt.
Seit den 1960er Jahren sank der Anteil der Bürger, die Mitglied in einer der beiden großen Konfessionen sind, von 94 Prozent auf 47 Prozent der Bevölkerung – bedingt durch den gesellschaftlichen Wandel, aber auch aus Ärger über Missbrauchsskandale. Und selbst von denen, die noch Kirchensteuer zahlen, gehen immer weniger regelmäßig in die sonntäglichen Gottesdienste.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Warum Kirchen in Mannheim weiter wichtig sind