Mannheim. Für Daniel Bockmeyer ist die Entwicklung von Stadtteilen eine Herzensangelegenheit. Dort, wo verschiedene Generationen sich unterstützen können, dort, wo unterschiedliche Lebensentwürfe zusammenkommen können und gesellschaftlicher Zusammenhalt durch Toleranz und gegenseitigen Respekt vorankomme, fühlt sich Bockmeyer wohl. „Die Stadt braucht mehr offene Stadtteiltreffs, an denen sich Menschen aus allen Gruppen und Generationen konsumpflichtfrei kennenlernen, treffen und austauschen können“, sagt er zu Beginn des Gesprächs. Für das hat sich Bockmeyer den ALTER in der Neckarstadt als Treffpunkt ausgesucht.
Hier, am Rande des Alten Meßplatzes, ist ein offener Stadtteiltreff entstanden, den Bockmeyer gar als vorbildlich bezeichnet. Es sei enorm, dass es hier gelinge, über Spieleverleih oder Workshops Menschen aus der Neckarstadt-West und mit kulturellen Angeboten Menschen aus anderen Stadtteilen gleichermaßen anzulocken. „Der ALTER ist eine Großstadt im Kleinen.“
Bockmayer lebt seit 1998 in Mannheim
Für die eigentliche Großstadt sitzt Bockmeyer nun für die Grünen im Gemeinderat. Als Leiter des Quartierbüros in der Schwetzingerstadt ist er zwar in der Kommunalpolitik kein ganz unbeschriebenes Blatt - ein Mandat aber hat er noch nie ausgefüllt. Nun will Bockmeyer Kommunalpolitik vor allem in den Stadtteilen sichtbarer machen. „Aufsuchende Politik“ nennt er das, was über eine transparentere Kommunikation oder die Erweiterung von Angeboten gelingen soll. „Immer weniger Menschen haben Kontakt zur Verwaltung. Sie wissen gar nicht, was es alles gibt oder wohin man sich wenden muss.“
Bockmeyer wurde in Grünstadt geboren. Seit 1998 lebt er in Mannheim, seinen pfälzischen Zungenschlag hat der verheiratete Vater eines Sohns aber nicht verloren. Früher, erzählt er, sei er leidenschaftlicher Fußballspieler gewesen. Auch Fan? Womöglich noch vom FCK? Ja - das war einmal, antwortet er. Bockmeyer hat dem Sport, und auch dem Fansein, abgeschworen. Die durchkommerzialisierte Fußballwelt sei nicht mehr die seine. Bockmeyer verbringt seine Freizeit nun lieber im Pfälzer Wald oder auf dem Rad.
Mit seinem Rad ist Bockmeyer im Wahlkampf schwer verunglückt. Ein paar etwas steife Bewegung und die Narben am Hals zeugen noch von den Folgen des Genickbruchs, den er sich bei dem Zusammenstoß mit einem Auto zugezogen hat. Er befinde sich aber auf dem Weg der Besserung, versichert der Punk-Fan.
Schaut man auf die Liste der Zuständigkeiten in der Grünen-Fraktion, taucht sein Name häufig auf. Bockmeyer ist für Arbeitsmarktpolitik zuständig, für Bürgerbeteiligung und für die großen Themen Integration & Migration und Soziales. Um Letzteres voranzubringen, würden zu viele Daten über die sozioökonomischen Hintergründe in den Stadtteilen fehlen. „In der Neckarstadt-West haben Menschen andere Probleme als auf der Schönau oder dem Waldhof“, meint Bockmeyer. Wo einerorts offene Bildungsorte fehlten, sei andernorts Armut ein großes Problem. „Die Stadt braucht eine fundierte Analyse, an welchen Orten was benötigt wird, damit die Verwaltung vernünftige und gezielte Konzepte entwickeln kann.“
Dezentrale Unterbringungen mit Teilhabe an Kultur und Sozialem
Ein solches Konzept sei auch für die Integration von Geflüchteten nötig. Zwar gelinge es der Verwaltung, zur Unterbringung die Belegung von Hallen zu vermeiden - auf Columbus aber gleiche die Unterbringung immer mehr einer Ghettoisierung, die der Stadt über einen privaten Betreiber noch dazu teuer zu stehen komme, kritisiert Bockmeyer. „Menschen werden am Stadtrand untergebracht und in Ruhe gelassen. Es gibt keine sozialen Angebote, kaum Freizeitgestaltung, keinen Sprachunterricht.“ Er hielte es für sinnvoller, Menschen dezentral unterzubringen und ihnen eine Teilhabe am sozialen oder kulturellen Leben aktiv zu ermöglichen. „Die Vermittlung von Normen und Werten hört nicht auf, indem man Menschen nur in den Arbeitsmarkt integriert.“
Vieles dreht sich in diesem Teil des Gesprächs zunächst um Menschen, die vor Kurzem nach Deutschland gekommen sind. Ausgelöst durch das Attentat am Marktplatz, gibt es in Mannheim aber auch eine Debatte um die Integration jener, die schon länger in Deutschland leben, hier vielleicht sogar geboren worden sind. „Die dritte und vierte Generation mitzunehmen, ist eine große Herausforderung“, sagte Oberbürgermeister Christian Specht vor drei Wochen dieser Redaktion über Integration.
Wie groß der Anteil der Jugendlichen ist, der schwer zu integrieren sei, wisse Bockmeyer nicht. „Ich habe von Menschen, die mit Jugendlichen zusammenarbeiten, diese Sorge aber auch schon gehört.“ Die Entwicklung sei Resultat einer in Teilen misslungenen Integrationspolitik vergangener Jahre. „Wir müssen uns doch fragen, wie es soweit gekommen ist, dass Menschen, die hier geboren sind, das Gefühl haben, kein wirklicher Teil der Gesellschaft zu sein“, sagt Bockmeyer mit Blick etwa auf jene, die den Wahlsieg des autoritären türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit Autokorsos feiern. Man müsse sich - auch über offene Begegnungsräume - mit Angeboten und Programmen wieder mehr mit diesen Menschen auseinandersetzen, damit die Möglichkeiten hätten, sich auch mit uns und unseren Werten zu beschäftigen, wünscht sich Bockmeyer. Er stellt aber klar, dass das keine Einbahnstraße sein dürfe. „Natürlich sind da beide Seiten gefordert.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-mannheimer-gruenen-stadtrat-daniel-bockmeyer-will-stadtteile-staerken-_arid,2232538.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/schwetzingerstadt-oststadt.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html