Porträt

Mannheims CDU-Chef stellt im Gemeinderat Jugend in den Fokus seiner Politik

Mannheims CDU-Vorsitzender Christian Hötting gehört nun auch dem Gemeinderat an. Im "MM"-Porträt spricht Hötting über politische Ziele in der Jugendarbeit, über Integration und über das Verhältnis der CDU zur AfD

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Sebastian Koch
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Will sich im Gemeinderat für Jugend- und Sozialpolitik engagieren: der CDU-Vorsitzende Christian Hötting. © Thomas Tröster

Mannheim. Der Baum, unter dem Christian Hötting zum Fotografieren steht, ist laut. Sehr laut. Wobei - eigentlich kommt das Brummen nicht von dem großen Baum, sondern von den vielen Insekten, die ungeachtet dessen, was unter ihnen passiert, in der Sonne von Blatt zu Blatt schwirren. Beeindruckend. Wie viele Sommer und Insekten der Baum schon erlebt hat?

Diese Frage, das sei verraten, wird in diesem Text nicht geklärt. Obwohl Hötting den Baum kennen muss. Hier, im Hof der Familien-Kita Friedrich Ebert auf dem Waldhof, stand er schon bei Festen am Grill, erzählt er über die Zeit, in der seine Frau die Einrichtung geleitet hat.

Es sind also persönliche Gründe, die den Mannheimer CDU-Vorsitzenden zum Porträtgespräch an die Familien-Kita geführt haben. Natürlich aber nicht nur. Hötting ist im Gemeinderat, dem er seit der Konstituierung vergangene Woche angehört, schließlich Sprecher der CDU für Jugend- und für Sozialpolitik. Im sozialpolitisch herausfordernden Waldhof gelegen, symbolisiert die Familien-Kita beide Politikfelder.

Christian Hötting - Mannheims CDU-Vorsitzender seit 2021

Obwohl Jugendhilfeplanung immer auch ein Blick in die Glaskugel sei, hätte man den Zuwachs junger Familien durch die Konversionsflächen bei der Planung der Kita-Versorgung stärker berücksichtigen müssen, meint er. Mit der jüngsten Verkürzung der Randzeiten in der Betreuung sei ein erster Schritt getan. „Das hat nicht zur Freude vieler Leute geführt, aber hatte den Effekt, dass wir mehr Kinder versorgen können.“ Auch flexiblere Bauweisen oder schnellere Genehmigungsverfahren könnten künftig helfen.

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Das Problem liegt zum großen Teil doch auch im fehlenden Personal. „Wir müssen den Beruf wieder spannender und attraktiver gestalten“, antwortet Hötting. Neben denkbaren Vergünstigungen auf dem kommunalen Wohnungsmarkt oder dem Ausbau von Ausbildungsplätzen müsse der Beruf dafür entbürokratisiert werden. Verwaltungskräfte sollten Formulare ausfüllen, nicht Erzieherinnen und Erzieher. „Die sind für Kinder da, und nicht dafür, ein Drittel der Zeit Dokumente auszufüllen.“

Hötting führt die CDU seit 2021. Auf einem denkwürdigen Parteitag in Feudenheim wurde er, damals schon Mitglied im Vorstand, gewählt. Zuvor hatte der Kreischef und Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel die CDU Mannheim mit Skandalen in eine tiefe Krise gestürzt.

Serie: Neu im Gemeinderat

  • Nach der Kommunalwahl am 9. Juni sind 17 Männer und Frauen neu in den Mannheimer Gemeinderat eingezogen.
  • In dieser Serie stellen wir die Neuen in loser Folge vor.
  • Dieser Text ist der erste Teil der Serie.

Zurück ins Hier und Jetzt: Noch größer als die Kita-Situation drückt der Haushalt die kommunalpolitische Stimmung. „Wir dürfen beim Priorisieren keine Abstriche in der Kinderbetreuung, der Schulsanierung oder der Schulausstattung machen“, fordert Hötting. In diesen Feldern den Anschluss zu verlieren, werde sich rächen. Um das verhindern, brauche Mannheim auch eine modernisierte Bibliothek, sagt der CDU-Stadtrat, der aber gegen einen in seinen Augen zu teuren Neubau ist. „Die Stadt wird allein auch kein neues Stadion bauen, sondern wäre auf private Investoren angewiesen.“

Hötting sprach sich für Norbert Röttgen als Bundesvorsitzenden aus

Für den in Bottrop „auf Kohle geborenen“ Hötting war nicht von Anfang klar, dass er mal CDU-Vorsitzender wird. Als politisch interessierter Jugendlicher, erzählt er, habe er sich viele Programme angeschaut, eher der damals 16-Jährige 1993 den Christdemokraten beigetreten ist.

In einem Interview mit dieser Redaktion sprach er sich 2021 für Norbert Röttgen als Bundesvorsitzenden aus. Es kam bekanntlich anders. Hötting, der als CDU-Kreisvorsitzender kein Akademiker, sondern ausgebildeter Justizfachwirt ist, zählt sich selbst zum eher linken Parteiflügel. 15 Jahre lang saß er für die CDU im Gemeinderat seiner Heimatgemeinde Schermbeck - auch damals schon als Jugendhilfepolitiker. Damit gewinne man keinen Schönheitspreis. „Für die Entwicklung einer Stadt ist es aber wichtig, den Jugendbereich nicht aus den Augen zu verlieren. Sonst kippt das gesellschaftliche Klima.“

Ist das schon passiert? Oberbürgermeister und Parteifreund Christian Specht hatte im Interview mit dieser Redaktion jüngst gesagt, es werde immer schwieriger, die dritte und vierte Generation der Gastarbeiterfamilien zu integrieren.

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Er teile diesen Eindruck, sagt Hötting. Zumindest auf den ersten Blick. „Ich frage mich aber, ob der Eindruck auch richtig ist.“ Jede junge Generation sei schwierig und wolle ihren Platz finden. „Deshalb weiß ich nicht, ob man gleich von Schwierigkeiten in der Integration sprechen kann“, sagt er. „Ich weiß auch nicht, ob diese Jugendlichen viel anders sind als Jugendliche ohne Migrationshintergrund.“ Wenn die Suche nach dem Platz aber dazu führe, dass man Werte einer freiheitlichen Gesellschaft ablehnt, sagt Hötting, „dann hört auch mein Verständnis auf und man muss diesen Menschen etwas entgegenhalten. Dann wird es schwierig mit der Integration“.

Christian Hötting: „Wir gehen keine Zusammenarbeit mit der AfD ein“

Im Gemeinderat müssen nun stabile Mehrheiten über Lagergrenzen hinweg organisiert werden. Dazu gehört, dass sich SPD und Grüne auf die CDU zubewegen - aber auch die CDU auf die linke Seite des Rats, sagt der Parteichef. Er weiß, dass die AfD irgendwann einem Antrag seiner CDU zustimmen werde. Angst davor habe er nicht, antwortet Hötting. „Ich bin aber gespannt, wie die Diskussionen danach verlaufen.“

Hötting wiederholt mehrfach die Haltung seiner CDU Mannheim zur AfD, einer in „weiten Teilen“ rechtsextremen Partei: „Wir treffen keine Absprachen mit der AfD, wir gehen keine Zusammenarbeit mit der AfD ein, und wir werden keinem Antrag der AfD zustimmen.“ Mitglieder einer Partei, der Björn Höcke angehört, könnten keine „aktiven Partner“ sein. Ob das auf Gegenseitigkeit beruht, wisse er nicht. „Wir werden unsere inhaltliche Politik nicht danach ausrichten, was die AfD gut oder schlecht findet. Damit gibt man dieser Partei zu viel Macht.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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