Industriehafen

Warum die defekte Diffenébrücke die Schifffahrt in Mannheim behindert

Seit Ende 2024 lässt sie sich nicht mehr bewegen. Wann die Stadt die Reparatur der Diffenébrücke plant und warum Anlieger, Hafen und IHK das kritisieren.

Von 
Peter W. Ragge
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Kann nicht mehr aufgeklappt werden: die 1988 gebaute Diffenébrücke im Industriehafen mit ihren markanten roten Auslegern. © Michael Ruffler

Mannheim. „Katastrophal“, schimpft Roland Hörner, der Vorsitzende des Hafenclubs. Diplomatischer, aber nicht weniger deutlich äußert sich Hafendirektor Uwe Köhn. Er spricht von „erheblichem Anlass zur Sorge“. Die kaputte Diffenébrücke behindere den „lebhaften Schiffs- und Straßenverkehr auf dem Weg in und aus dem Industriehafen“. Die Klappbrücke mit den markanten roten Auslegern lässt sich nämlich nicht mehr öffnen – und das kann laut Stadtverwaltung noch einige Jahre so sein.

Seit 1901 gibt es an der nördlichen Einfahrt zum Industriehafen, zugleich eine Art Tor vom Luzenberg zur Friesenheimer Insel, eine Drehbrücke. Benannt worden ist sie nach dem damaligen Präsidenten der Handelskammer, Reichstagsabgeordneten, Stadtverordneten und späteren Ehrenbürger Philipp Diffené (1833-1903). 1986 bis 1988 erfolgte ein kompletter Neubau mit zwei getrennten, jeweils 28 Meter langen Klappbrücken mit hohen, weithin sichtbaren Pylonen.

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Timo Schmidhuber
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Will ein Schiff die Stelle passieren, dauert es 150 Sekunden, bis die Brücke – per Fernbedienung – aufgeklappt ist. Das ist insbesondere bei hohen Wasserständen nötig. Laut Stadt kommt es zu 40 Klapp-Vorgängen pro Jahr. Hafenanlieger sagen, dass dann aber jeweils gleich mehrere Schiffe die Chance nutzen und besonders Bunge, der Recyclingbetrieb TSR und die Mühlen betroffen seien, die eben von großen Frachtern angesteuert werden.

Mannheimer Diffenébrücke: Defekte Hydraulik und Gefahr des Ölaustritts

Nun hat aber die Steuerung der Schwerlasthydraulik Defekte. Damit seien, so Kevin Ittemann, Sprecher des dafür zuständigen Dezernats von Erster Bürgermeisterin Diana Pretzell, „reguläre, automatische Hebevorgänge nicht möglich“ – und das schon seit Dezember 2024. Nach Informationen dieser Zeitung wurden bereits Ende 2023 Schäden an den Radialgelenklagern festgestellt, bei Arbeiten zur – wie es damals hieß – Notinstandsetzung aber weitere Schäden entdeckt. Laut Ittemann bestehe „die Gefahr, dass durch ein Versagen in der Hydraulik Öl austritt und ins Hafenbecken gelangt“. Die Stadt hat die Hafenanlieger informiert, dass die gesamte Schwerlasthydraulik und die elektrotechnische Steuerung erneuert werden müssen.

Wie der Sprecher erklärt, befänden sich derzeit die Planungsleistungen in der Ausschreibung. „Diese sollen bis Dezember beauftragt und bis Ende 2026 ausgeführt werden“, so Ittemann. Je nach Ausschreibungsergebnissen und Lieferzeiten für Sonderbauteile könne Anfang 2028 die Instandsetzung beginnen. Bis 2030 soll sie abgeschlossen werden.

Kann seit Anfang des Jahres nicht mehr geöffnet werden: die Diffenébrücke. © Bernhard Zinke

Roland Hörner findet diesen Zeitraum viel zu lang. „Die Stadt muss sich dringend bemühen, dass diese Brücke in der Prioritätenliste nach vorne kommt“, so der Präsident des Hafenclubs, einer gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als „Beschaffungsbörse für Instandsetzungsarbeiten“ gegründeten Interessenvertretung der Hafenanlieger. „Die Stadt kommt ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht nach“, kritisiert er. Immerhin kassiere sie mehrere hunderttausend Euro Ufergelder pro Jahr, stecke diese aber nicht zweckgebunden in den Erhalt der Infrastruktur des kommunalen Teils der Hafenanlagen.

„Wir erwarten schon, dass die Stadt auch ihren Teil der Infrastruktur in Schuss hält“, so der – beim Land angestellte – Hafendirektor Uwe Köhn. Darüber sei man zwar im Gespräch, doch er beklagt „mangelnde Verlässlichkeit für die Planbarkeit als Logistikstandort“. So seien etliche Firmen wie Bunge – bekannt als Ölmühle oder Verein Deutscher Ölfabriken (VDO) – auf kontinuierliche Anlieferungen für ihre Produktion angewiesen.

Die Firmen müssten unabhängig vom Wasserstand und der Größe der Schiffe sicher sein können, dass diese sie jederzeit anlaufen können, und dafür sei die Diffenébrücke ja da. Die zweite Zufahrt zum Industriehafen stellt die Kammerschleuse dar, die von der Hafengesellschaft betrieben wird. „Wir bemühen uns, die Schleusenzeiten zu erweitern, aber da sind uns personelle Grenzen gesetzt“, so Köhn. Zudem stehe spätestens im nächsten Jahr die große Inspektion der Schleuse und der Austausch der 40 Jahre alten Schleusentore an, wozu die Anlage einige Wochen außer Betrieb gehen müsse. Damit fehle auch die Alternative zur Diffenébrücke, warnt er. Die betroffenen Unternehmen seien auf eine bald wieder funktionsfähige Brücke angewiesen.

Von kaputter Brücke sind mehr als 350 Unternehmen betroffen

Auch Mario Klein, Geschäftsbereichsleiter Verkehr der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar (IHK), berichtet von großen Sorgen bei Hafenbetrieben und Binnenschiffern. Die Diffenébrücke spiele „eine Schlüsselrolle für die Erreichbarkeit des Industriehafens über die Wasserstraßen Rhein und Neckar“. Wichtig sei sie eben nicht nur, wie die Stadt argumentiert, bei Hochwasser. „Von dieser Funktion profitieren auch Schiffe, die sehr hoch beladen sind und selbst bei Normalwasser sonst nicht in den Hafen einfahren könnten“, so Klein. Der Ausfall der Klappfunktion sei daher „problematisch, auch weil Extremwetterereignisse wie Hochwasser immer häufiger vorkommen“. Die als Alternative angebotene Neckarschleuse sei ein „ein ebenfalls störanfälliges Nadelöhr“.

Laut Klein gibt es mehr als 350 unmittelbar betroffene Unternehmen auf der Friesenheimer Insel und am Industriehafen sowie vielen Betriebe, die vom Industriehafen als internationalem Logistikstandort abhängig sind. „Sie brauchen rasch eine Perspektive“, kritisiert auch er den bisherigen Zeitplan der Stadt. Die Stadt müsse „schnellstmöglich einen verbindlichen Fahrplan aufstellen, wie und bis wann der Industriehafen wieder vollständig an die Wasserstraße angebunden sein wird“, verlangt Klein. „Die schwierige Haushaltslage der Stadt kann an dieser Stelle keine Ausrede sein: Ein attraktiver Wirtschaftsstandort ist eine zentrale Voraussetzung für auskömmliche Steuereinnahmen“, mahnt der Vertreter der Industrie- und Handelskammer.

Redaktion Chefreporter

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