Fasnacht

Mannheimer Fasnacht: So wurde die beliebte Hartung-Matinee gerettet

Über 40 Jahre hat das Ehepaar Angelika und Roland Hartung die Matinee im Rosengarten mit beschwingter Musik veranstaltet. jetzt hören sie auf. Warum es Ärger gab

Von 
Peter W. Ragge
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Nach vier Jahrzehnten gibt er die Leitung der Kultveranstaltung ab: Roland Hartung bei seinen Eröffnungsworten, hier bei der 36. Matinee. © Markus prosswitz

Mannheim. Es hat geknirscht, teils heftig geknirscht – das wird trotz aller diplomatischen Umschreibungen deutlich. So spricht Roland Hartung von „kräftigen Friktionen“. Aber jetzt ist es sicher: Die beliebte Fasnachts-Matinee, die das Ehepaar Hartung über 40 Jahre mit dem Nationaltheaterorchester im Rosengarten veranstaltet hat, gibt es auch weiterhin. Die Musikalische Akademie des Nationaltheaterorchesters wird die Tradition fortführen, unterstützt vom Nationaltheater selbst.

„Für die Akademie ist es eine ganz große Ehre, das fortsetzen zu dürfen“, so Fritjof von Gagern, der Vorsitzende des Vereins der Orchestermusiker. Sie organisieren künstlerisch und organisatorisch völlig eigenständig die Akademiekonzerte – ein bundesweit einzigartiges Modell. Und dieses Modell steht nun auch Pate für die Matinee.

Wir wollen den besonderen Charme dieser Matinee, diesen ungewöhnlichen Geist gerne weitertragen und in die Zukunft führen.
Fritjof von Gagern Vorsitzender des Vereins der Orchestermusiker

„Wir wollen den besonderen Charme dieser Matinee, diesen ungewöhnlichen Geist gerne weitertragen und in die Zukunft führen“, verspricht Fritjof von Gagern. Schließlich sei die Veranstaltung „unheimlich beliebt bei den Kollegen“, sagt er: „Jeder wollte da gerne mitspielen!“ Auch künftig wolle man „die Freude bewahren, die die Menschen bei diesem Konzert empfinden“, und es sei sichergestellt, dass die künstlerische Leitung allein bei der Akademie liegt: „Es wird uns niemand ins Handwerk pfuschen!“ Das Nationaltheater helfe nur „bei der wirtschaftlichen Abdeckung des Risikos“, erläutert van Gagern.

Nur 1991 fiel die Matinee aus

Das lag bisher allein beim Ehepaar Hartung. „Mal ist es aufgegangen, mal haben wir draufgelegt“, erklärt Angelika Hartung. Roland Hartung erfand diese Matinee mit beschwingter Muse und heiterer Conférence, als er 1980 als Oberbürgermeisterkandidat der CDU gegen Wilhelm Varnholt antrat und „Wahlkampf mal anders machen“ wollte.

Termine und Tickets

  • Die Matinee findet am Sonntag, 4. Februar um 11 Uhr im Rosengarten statt.
  • Die Karten kosten 25 Euro, fünf Euro mehr als 2020.
  • Der Verkauf der Karten findet ab dem Samstag, 1. Dezember nur persönlich statt – solange der Vorrat reicht.
  • Der Vorverkauf läuft über die Theaterkasse in O 7, 18 (ehemals MV-Kundenzentrum).
  • Öffnungszeiten sind Montag bis Samstag, 11 bis 18 Uhr. 

Nach fünf Jahren im Musensaal zog Hartung mit der Matinee in den Mozartsaal um. Nur 1991 – als wegen des Golfkriegs die Fasnacht ausfiel – gab es keine Matinee. Aber egal, ob Roland Hartung CDU-Fraktionsvorsitzender und selbstständiger Rechtsanwalt oder 15 Jahre Vorstandschef der MVV war und sie an die Börse führte – die Matinee veranstaltete er stets ganz privat mit seiner Frau, auf eigene Kosten und mit Hilfe seiner langjährigen Sekretärin Gisela Selbitschka.

Doch dass der Wahlkampfgag mal eine solche Eigendynamik entwickeln würde, war für ihn nicht absehbar. Die Matinee wurde zur – stets schnell ausverkauften – Kultveranstaltung. Über Jahrzehnte stellten sich viele Leute in kalten Februarnächten mit Thermoskanne sehr früh in eine lange Warteschlange vor dem Tattersall-Kiosk, um die begehrten Tickets zu ergattern.

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„Unser größtes Geschenk war, wenn die Leute nach der Matinee gut gelaunt und fröhlich lächelnd aus dem Rosengarten gegangen sind“, so Roland Hartung: „Mehr kannst du nicht bewirken, als Lebensfreude zu stiften!“ Alle Restaurants rund um den Rosengarten seien nach der Matinee ausgebucht gewesen, ergänzt Angelika Hartung, und die Leute hätten sich stets dankbar geäußert. „Und mindestens 40 Prozent des Publikums ist sonst gar nicht ins Theater gegangen“, weiß sie. „Insofern haben wir auch Werbung für das Theater gemacht“, betont Roland Hartung, der sonst die leichte Muse auf dem Spielplan vermisst.

Opernintendanz des Nationaltheaters kündigte Matinee ohne Rücksprache an

Zwar hatte Roland Hartung 2020 eine Fortsetzung der Matineen versprochen – aber dann kam Corona. Inzwischen ist er 87 Jahre alt, kann und will die ganze Arbeit nicht mehr leisten. Mit der Musikalischen Akademie führte er daher Gespräche über eine Fortsetzung. Dass dann die Opernintendanz des Nationaltheaters – ohne Rücksprache und Namensnennung von Hartung – einfach ankündigte, die Matinee zu veranstalten, sorgte für Ärger. „Es hat mich entsetzt, dass man bürgerschaftliche Initiative derart missachtet“, schimpft Hartung, und von „Verletzungen“ spricht seine Frau. „Aber ich bin kampferprobt, ich habe mir das nicht gefallen lassen“, unterstreicht Roland Hartung.

„Da ist definitiv ganz viel schiefgelaufen“, seufzt von Gagern. Tilmann Pröllochs, dem Geschäftsführenden Intendanten des Nationaltheaters, ist es dann gelungen, die Wogen zu glätten. Er „gebe unumwunden zu, dass beim Nebeneinander von professioneller Arbeit und künstlerischem Engagement von Privatpersonen manchmal die Wertschätzung zu wünschen übrig läßt“, räumt er selbstkritisch ein: „Ich verstehe die Verletzung und verneige mich vor der persönlichen Lebensleistung des Ehepaars Hartung“, so Pröllochs. Nun helfe er gerne, „diese großartige Matinee als Mannheimer Errungenschaft fortzuführen“. Auch das Prinzenpaar und Fasnachter sollen weiter eingeladen werden.

Karl-Heinz Bloemeke macht weiter mit beim Matinee

Ein wichtiger Erfolgsgarant macht weiter mit: Karl-Heinz Bloemeke. Von 1981 bis 1985 stellvertretender Generalmusikdirektor am Nationaltheater, war er es, der mit seinen charmanten wie augenzwinkernd-heiteren Moderationen sowie seiner wunderbaren Programmgestaltung die Matinee zu einem mustergültigen Unikat der leichten Muse machte. Längst ist er auch als Professor an der Musikhochschule in Detmold im Ruhestand – aber für die Matinee kommt er weiter gerne nach Mannheim. „Ich bin sehr begeistert, dass es weitergeht“, freut er sich. „Es wird nicht leicht, weil die Tradition durch die dreijährige Pause ja abgebrochen ist“, sagt er, „aber ich glaube, dass der Hunger der Leute nach so etwas weiter da ist – und ich will, dass sie weiter lächelnd rausgehen“.

Redaktion Chefreporter

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