Mannheim. Die ersten der 760 – gut gepolsterten – Theatersessel sind montiert, viele Scheinwerfer auch. Die Drehscheibe auf der Bühne dreht sich schon und ermöglicht ebenso schnelle Kulissenwechsel wie die Seilzüge, die sich bereits heben und senken. „Wir sind auf der Zielgeraden, es laufen letzte Rohbauarbeiten“, sagt Leonhard Großwendt zufrieden, Architekt und Technischer Bauleiter für die Ersatzspielstätte „Oper am Luisenpark“ (Opal) des Nationaltheaters. Sie soll am 12. Oktober eröffnet werden. Diesen erstmals im Mai genannten Termin hat die Intendanz des Theaters nun bestätigt.
Verabschiedet hat sich das Nationaltheater von der ursprünglichen Idee, dass das Bauprojekt zunächst ganz fertiggestellt und danach zur endgültigen Einrichtung an das Theater-Team übergeben wird. Zwar sind noch Hämmern, Bohr- und Schleifgeräusche zu hören, fehlen Türen, Rauchabzüge und viele weitere Bauarbeiten mehr. Dennoch befinde man sich bereits „im Inbetriebnahmemodus“, sagt Harald Frings, der Technische Direktor des Nationaltheaters. Der Einzug sowie das Justieren der Technik laufe „Hand in Hand“ mit den Bauarbeitern und dem Abschluss ihrer Arbeiten so, dass Mitte September die ersten technischen Einrichtungen und Proben für die erste Premiere „Creations“ erfolgen können.
Bereits am 19. Juli wird es die erste Sitzprobe von Orchester und Solisten – im Vorfeld der Gala „Schloss in Flammen“ am Samstag, 20. Juli im Schwetzinger Schlossgarten – im „Opal“ geben, auch wenn da noch nicht alles komplett eingerichtet ist.
Insolvenz der Baufirma sorgt für Verzögerung und Mängel
„Aber ich bin dankbar, dass das als Opernhaus erkennbar ist“, sagt Opernintendant Albrecht Puhlmann. Ab 12. Oktober werde das Publikum hier „große Oper sehen können“, und das „für mindestens vier Jahre“, wie er mit Blick auf die bis 2028 geplante Generalsanierung des Spielhauses am Goetheplatz formuliert. Dass die Plätze zu füllen sind, daran hat zumindest Puhlmann keinen Zweifel. „Die Verankerung des Nationaltheaters in der Stadtgesellschaft ist riesig“, äußert er überzeugt und ist sicher, dass das Publikum „Lust auf diesen tollen Ort“ haben wird. Dem Nationaltheater eröffne es die Chance, „ein anderes Eigeneinnahmenpotenzial“ zu erschließen, ergänzt Tilmann Pröllochs, der Geschäftsführende Intendant.
Die bisherige Ersatzspielstätte in der alten Schildkrötfabrik bot weniger Plätze und damit weniger Einnahmen, Gastspiele im Pfalzbau Ludwigshafen oder im Rosengarten verursachten hohe Mietkosten – auf diese Orte wird das Nationaltheater verzichten, wenn „Opal“ fertig ist. Dabei wird das Theater das Haus nicht allein für sich beanspruchen. Zumindest am Wochenende nach der Eröffnung sei geplant, es Chören, Vereinen und anderen Ensembles zu öffnen. „Es ist ein Haus für alle Mannheimer“, betont Pröllochs.
Er ist „sehr froh, dass wir hier stehen und etwas zeigen können“, hebt er hervor – denn lange stellte „Opal“ ein großes Sorgenkind des Theaters dar. Baubeginn auf dem ehemaligen Oktoberfest-Platz an der Theodor-Heuss-Anlage, zwischen Carl-Benz-Stadion und Technoseum, war im Februar 2022. Für die Stahlhalle mit den Abmessungen 75,4 mal 32,50 Meter, die sich in die Bereiche Hinterbühne, je 20 Meter breite und tiefe Guckkastenbühne, Orchestergraben, Zuschauerraum und Foyer gliedert, hatte nach einer europaweiten Ausschreibung die Firma metron Vilshofen GmbH als Totalunternehmer zum Festpreis von 13,5 Millionen Euro den Zuschlag erhalten.
Damals wurde sie als erfahrenes Messebauunternehmen vorgestellt. Im August 2022 tauchten plötzlich Probleme beim Innenausbau auf. Dann hieß es, dass der geplante Eröffnungstermin am 17. Dezember 2022 nicht zu halten sei, sondern sich bis April 2023 verzögere. Im November 2022 meldete die Firma aber Insolvenz an. Da die Stadt eine Sicherungsübereignung vereinbart hatte, fiel der angefangene Bau wenigstens nicht in die Insolvenzmasse.
Die Stadt entschloss sich daher, dass das Nationaltheater den Bau in eigener Regie fertigstellen soll, wofür der Gemeinderat erst 6,3 Millionen Euro und dann noch weitere 2,7 Millionen Euro bewilligen musste. Schließlich habe man „massive Planungslücken“ angetroffen, sagt Großwendt, sowie statische Mängel und fehlerhaft ausgeführte Arbeiten.
Akustik bleibt eine Herausforderung
Mit der neuen Bausumme von 25,4 Millionen Euro „werden wir hinkommen“, versichert Pröllochs. Allerdings gebe es einen „Sparzwang“, sagt Großwendt, dem etwa Oberlichter im Oberen Foyer „zum Opfer gefallen“ seien, weshalb es dort noch dunkel ist. Auch ein Aufzug ins Obere Foyer fehlt, die Rollstuhlplätze befinden sich alle ebenerdig, und der Orchestergraben lässt sich nicht heben und senken.
Klar ist, dass es sich weiter um eine Ersatzspielstätte handelt. „Wir können hier kein Opernhaus nachbauen“, wirbt Frings um Verständnis. In einer Leichtbauhalle bleibe die Akustik „eine Herausforderung“, so der Technische Direktor. An Wänden und Decken sind daher gekrümmte Reflektoren für den Schall angebracht. Dazu kommt ein elektronisches Raumakustiksystem, sprich: kleine Mikrofone werden Musik und Gesang gegen Umweltgeräusche von außen verstärken, die einzelnen Sänger müssen aber keine Mikrofone tragen.
Ein Großteil der Technik – Beleuchtung, Ton- und Video- sowie Projektionsanlage – stammt vom Haus am Goetheplatz, wird dort wieder installiert oder ist schon mit Blick auf das sanierte Theater neu gekauft worden. An vielen Stellen ist erkennbar, dass es sich um ein Provisorium handelt, ja handeln soll, das nach der Sanierungszeit wieder demontiert werden kann. Durch Weitergabe und Wiederaufbau habe man die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Verwertung des Baus, so Pröllochs.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Theater: Warum "Opal" jetzt besonders wichtig ist