Mannheim. Sein Motiv verhehlt Egon Jüttner keineswegs. Dass ihn seine CDU trotz aller Verdienste nicht mehr für die Kommunalwahl am 9. Juni aufgestellt habe, „das hat mich sehr geärgert“, sagt der Stadtrat am Dienstag dem „MM“. Vor 40 Jahren war er erstmals für seine Partei in den Gemeinderat eingezogen, saß vier Mal für sie im Bundestag, war sieben Jahre ihr Kreisvorsitzender. Jetzt kandidiert er für die von Wolfgang Taubert geführte Wählervereinigung Mittelstand für Mannheim (MfM).
Deren Liste soll am Mittwochabend formell beschlossen werden. Verabredet sei, dass Jüttner auf den vierten Platz komme, berichtet Taubert. Eine entsprechende Einverständnis-Erklärung seines Stadtrat-Kollegen liege ihm bereits vor.
Vier Mal für die Mannheimer CDU im Bundestag
- Am 20. Mai 1942 wurde Egon Jüttner in Gurschdorf (Sudetenland) geboren. Aufgewachsen ist in er in Bayern.
- Er studierte in Saarbrücken Anglistik, Romanistik, Phonetik sowie Pädagogik, promovierte in Berlin und wurde Lehrbeauftragter an Hochschulen in Heidelberg, Mainz, Worms und Mannheim.
- Von 1976 bis 2007 war Jüttner Professor an der Universität der Bundeswehr München.
- Für die Mannheimer CDU zog er zwischen 1990 und 2017 vier Mal in den Bundestag ein.
- Von 1995 bis 2002 war Jüttner Kreisvorsitzender seiner Partei, seither ist er Ehrenvorsitzender.
- Dem Gemeinderat gehört er – mit Unterbrechungen – seit 1984 an.
- Er lebt seit 1980 in Sandhofen, ist verwitwet, hat zwei erwachsene Kinder und mehrere Enkel.
Jüttner droht nun Ärger mit seiner CDU. Der Kreisvorsitzende Christian Hötting teilt auf Anfrage mit, sollte der 81-Jährige tatsächlich für MfM antreten, „dann nehme ich diese Kandidatur mit Unverständnis erst einmal zur Kenntnis“. Man werde über den Sachverhalt und mögliche Konsequenzen nächsten Dienstag im Kreisvorstand sprechen.
Aus der CDU austreten will Egon Jüttner nicht
Taubert war früher auch in der CDU. Als er bei der Kommunalwahl 2014 dann als MfM-Kandidat in den Gemeinderat einzog, wurde gegen ihn ein Ausschlussverfahren eingeleitet. In dessen Verlauf verließ er von sich aus die Christdemokraten. Jüttner sagt nun, er habe nicht vor, aus seiner Partei auszutreten, schiebt aber nach: „Vorläufig nicht.“
Die Nicht-Nominierung im Dezember begründete CDU-Fraktionschef Claudius Kranz damit, dass der 81-Jährige zuletzt „sehr häufig“ in Sitzungen gefehlt habe. Das sei aus gesundheitlichen Gründen zwar verständlich. Aber es stelle sich die Frage, ob Jüttner in den nächsten fünf Jahren noch das leisten könne, was die Bürger von einem Stadtrat erwarteten. Davon hatten die Christdemokraten ihren Ehrenvorsitzenden auf diversen Wegen vergeblich selbst zu überzeugen versucht.
Jüttner kritisiert jedoch: „Die CDU hat sich mir gegenüber nicht sauber verhalten.“ Zumal er für sie stets „beste Ergebnisse“ geholt habe. Sein erster Gedanke sei gewesen, jetzt auf eigene Faust bei der Kommunalwahl anzutreten. Dann habe er sich jedoch entschlossen, das Angebot der MfM anzunehmen.
Kritik auch von Taubert an Mannheimer CDU
Taubert erklärt, er habe das Entstehen einer weiteren Wählergruppe in der bürgerlichen Mitte verhindern wollen. Wegen des Auszählverfahrens kann schon rund ein Prozent der Stimmen genügen, um in den Gemeinderat einzuziehen. Der MfM-Vorsitzende findet „sehr bedauerlich, dass es der CDU nicht gelungen ist, ihren langjährigen Bundestagsabgeordneten weiter einzubinden“. Immerhin habe Jüttner für sie in der traditionellen SPD-Hochburg Mannheim sogar mehrfach das Direktmandat erobert.
Speziell unter dem Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel, der 2021 wegen einer Maskenaffäre und anderer Mauscheleien zurücktrat, lag der Ehrenvorsitzende allerdings im Clinch mit der Parteiführung. Gegen seinen Willen gelang es Löbel auch, ihn bei der Bundestagswahl 2017 als Abgeordneten abzulösen.
Bei der Kommunalwahl 2019 holte Jüttner, obwohl nur auf Listenplatz 19 gesetzt, mit fast 35 000 Stimmen noch das fünftbeste Ergebnis seiner Partei. Bei der MfM schaffte es Taubert als Einziger in den Gemeinderat, mit 4674 Stimmen. Doch das lässt sich nicht vergleichen, weil für viele Wähler die Parteizugehörigkeit eine große Rolle spielt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Egon Jüttner und die Mannheimer CDU: eine Entfremdung