OB-Wahl Mannheim

Mannheimer CDU-Basis hofft auf Christian Specht als OB-Kandidat

Die Erwartung, dass Erster Bürgermeister Christian Specht für die CDU als Oberbürgermeister in Mannheim kandidiert, ist an der Basis seiner Partei riesig. Das zeigte sich jetzt bei der Adventsfeier der südlichen CDU-Ortsverbände

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Konstantin Groß
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Zwei unter Beobachtung: Daniel Caspary (l.) und Christian Specht. © Konstantin Groß

Mannheim. In normalen Zeiten, da wäre die Adventsfeier zweier CDU-Ortsverbände nichts, was Parteimitglieder elektrisiert, oder die Presse interessiert. Doch es sind eben - auch kommunalpolitisch - keine normalen Zeiten. Der langjährige SPD-Oberbürgermeister wird nicht mehr antreten, und die Stadt wartet: Was macht die CDU?

So ist zu erklären, was sich im „Dalmatino“ abspielt. Das Seckenheimer Lokal ist Schauplatz einer gemeinsamen Veranstaltung der Ortsverbände Seckenheim/Friedrichsfeld und Rheinau/Pfingstberg, zweier der wenigen noch verbliebenen „Hochburgen“ der Mannheimer CDU. „72 Gäste sind angemeldet“, kann Kreisgeschäftsführerin Sabine Brenner ihr Glück selbst kaum fassen. Viel für die Veranstaltung einer politischen Partei in unseren Tagen.
Erst recht, wenn man bedenkt, welche Zeiten hinter der Mannheimer CDU liegen. Der Maskenskandal des Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel, der bundesweit für Schlagzeilen sorgt; eine Kommunalwahl, eine Landtagswahl, eine Bundestagswahl, die krachend verloren gehen. Seit 50 Jahren erobert kein von der CDU unterstützter Kandidat mehr das Rathaus. Das alles scheint wie weggewischt an diesem Abend.

Großer Andrang

Man entdeckt Vereinsvertreter, die sich lange nicht mehr bei der CDU haben sehen lassen. An einigen Tischen müssen sogar Stühle hinzugestellt werden. Vor allem an dem, an dem die Junge Union sitzt. Smarte Jungs - in der Tat fast nur Männer - , die im Wahlkampf die Prätorianergarde des Kandidaten bilden werden. Egal, wer es wird.

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Alles ist da, was in der Mannheimer CDU Rang und Namen hat: Claudius Kranz, Christian Hötting, Lennart Christ, Christoph Hambusch, Roland Hörner. Sogar Altstadtrat Richard Karl. Der 85-Jährige wird von seiner Frau im Rollstuhl in den Saal geführt. „Es haben doch schon viele gesagt, die CDU ist tot“, freut sich der Grand Old Man der Mannheimer CDU sichtlich: „Und heute Abend sind so viele da, da kann doch niemand sagen, dass die CDU tot ist.“

Und natürlich ist auch „Er“ da. Von „Er“ sprechen Anwesende geradezu mystisch, wenn sie Christian Specht meinen. Der Erste Bürgermeister braucht Zeit, um vom Eingang zu seinem Platz zu gelangen. Von vielen wird er angesprochen, mit Fragen, mit durch Gesten unterstrichenen Ermutigungen, mit guten Wünschen. Manche machen Selfies mit ihm. Als wäre er schon OB. Specht lässt das alles gelassen über sich übergehen. Doch wer ihn seit langem kennt, der spürt, dass ein riesiger Druck auf ihm lastet.

Specht hält ihm Stand. Er lässt nichts raus, weder gegenüber dem „MM“-Redakteur, den die Regie gleich neben ihn platziert, noch in seinem Grußwort, in dem er den Pressevertreter direkt anspricht: „Er kann die Botschaft mitnehmen: Es gibt wenige Parteien, die einen Plan haben, und die CDU gehört dazu“, sagt er unter dem Beifall der Anwesenden: „Die entscheidende Frage ,Wie geht’s weiter’, die überall gestellt wird, können wir als CDU am besten beantworten.“ Und noch einmal: „Es gibt überhaupt nur eine Partei, die einen Plan hat, wie es weitergeht.“ Und wieder: „Wir haben einen Plan und den ziehen wir durch.“

Was ist der Plan B?

Doch was ist, wenn Specht nicht antritt? Die CDU-Granden versichern immer wieder, es gebe einen Plan B. Wohl trete der oder die an, der/die bei einer erneuten Kandidatur von Peter Kurz kandidiert hätte, denn dann hätte es Specht bestimmt nicht gemacht. Doch wer ist „B“?

Da fällt auf, dass Daniel Caspary an diesem Abend Ehrengast ist. Mitglied des Europäischen Parlaments, aber keineswegs der Stammlande entfremdet: Kreisvorsitzender der CDU Karlsruhe-Land, Vize-Chef der CDU Baden-Württemberg, durch frühere Tätigkeit bei der MVV mit Mannheim bestens vertraut. Man erinnert sich: Die Heidelbergerin Beate Weber ist lange Europaabgeordnete der SPD, bis sie 1990, unbelastet vom Chaos im SPD-Kreisverband Heidelberg, bei den dortigen OB-Wahlen antritt, gewinnt und zwei Amtsperioden amtiert. Ist Caspary „Weber II“?

In seiner Rede deutet gar nichts darauf hin. Ausschließlich widmet er sich der Europapolitik. Auch direkt gefragt, wehrt er ab. Die nächsten Europawahlen sind im Frühjahr 2024. Das Rennen um die Nominierung beginnt daher schon bald. Und so reagiert er auf Nachfrage mit einer alten Elektrikerweisheit: keine zwei Stromquellen gleichzeitig anfassen.

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Erkenntnis bringt dagegen die Rede von Claudius Kranz. Denn der Fraktionschef greift die Achillesferse von Specht auf. Dieser ist ja seit vielen Jahren Stellvertreter des SPD-OB und dessen Kämmerer. Kranz relativiert das, indem er zum aktuellen Etat formuliert, dass „der amtierende Oberbürgermeister einen Haushalt hat aufstellen lassen, durch seinen Kämmerer, und ich sage das jetzt mal so bewusst: hat aufstellen lassen, der auch noch einige Fragezeichen aufwirft“. Deutlich werden bereits auch inhaltliche Wahlkampfschwerpunkte: Die Kostenbelastung durch das Klinikum und die angebliche Priorisierung von Großprojekten zulasten der Stadtteile.

Fleck: „Mit einem Vogel“

Schließlich Alexander Fleck als Nikolaus. Was als anachronistischer Programmpunkt erscheint, atmet politische Brisanz. „Wir setzen ja demnächst hoffentlich auf einen Vogel bei der Oberbürgermeisterwahl“, sagt der Feudenheimer Stadtrat unter seiner Bischofsmütze in Anspielung auf den Namen Specht: „So oft, wie ich den heute schon gesehen habe, könnte man fast meinen, es wäre Wahlkampf.“ Der Auftritt erinnert an mittelalterliche Zeiten, als Hofnarren in ihrer Verkleidung wahre Dinge sagen durften, die andere den Kopf kosten würden.

Das Publikum wirkt elektrisiert. Zur Hintergrundmusik von Bloomaul Joachim Schäfer wird jedes Wort gewogen. „Er wird es schwer haben als OB“, sagt ein altgedienter Kämpe mit Blick auf Specht und meint damit die „linke Gemeinderatsmehrheit“. Die Basis ist also sogar noch weiter als ihre Führung.

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