Innenstadt

Was wird aus der geplanten neuen Stadtbibliothek in Mannheim?

Eigentlich sollte der Neubau der Mannheimer Stadtbücherei im kommenden Jahr fertig sein, doch für 2023 steht nicht mal Geld im Haushalt. Der Gemeinderat ringt, wie es weitergeht

Von 
Timo Schmidhuber
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Links das Stadthaus, rechts vorne das Parkhaus in N2, wo der Neubau entstehen soll. Unser Luftbild stammt aus dem Jahr 2017. © Bernhard Zinke

Mannheim. Eine Sache kann auch dann für Aufsehen sorgen, wenn sie gar nicht erwähnt wird. So war das auch beim geplanten Neubau der Mannheimer Stadtbibliothek Anfang Oktober, als Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) und Kämmerer Christian Specht (CDU) ihren Entwurf für den Haushalt fürs Jahr 2023 vorstellten. In diesem Entwurf steht kein Geld für die neue Bibliothek in N 2, auch nicht in der mittelfristigen Planung für die drei Jahre danach. Ist in Zeiten hoher Energiepreise und steigender Inflation schlicht kein Geld mehr da für den Neubau?

CDU-Fraktionschef Claudius Kranz sagte in seiner Etatrede im November mit Blick auf die Bibliothek, man könne den Bürgern nicht „vorgaukeln“, dass Projekte realisiert würden, wenn das Geld dafür gar nicht eingeplant sei. Achim Weizel von den Freien Wählern/Mannheimer Liste (ML) forderte den Stopp der Neubaupläne. So weit dürfte es aber nicht kommen. Das Projekt findet immer noch eine große Mehrheit im Gemeinderat, wie eine Umfrage des „MM“ zeigt.

Gebäude mit Dachgarten und Café

 

  • Im Quadrat N 2 – dort, wo sich aktuell noch das Parkhaus befindet – soll ein neues Gebäude für die Stadtbibliothek entstehen. Im April 2021 hatte der Gemeinderat die Architekten mit der Umsetzung des mehrgeschossigen Neubaus beauftragt, zu dem ein Dachgarten, ein Café und eine Tiefgarage mit drei Ebenen gehören.
  • In dem Neubau sollen die Hauptbibliothek, die sich im Stadthaus in N 1 befindet, sowie die Kinder- und Jugendbibliothek und die Musikbibliothek aus dem Dalberghaus (N 3) einen gemeinsamen Platz finden. Der Gemeinderat hatte sich mehrfach mit großer Mehrheit für das Projekt ausgesprochen.
  • Das neue Gebäude soll „ein Informations- und Wissenshaus für alle Generationen sein, klassische Bibliotheksinhalte bereitstellen, aber vor allem auch neue Medien zugänglich und verständlich machen und vielfältige Kompetenzen für alle Altersgruppen vermitteln“.
  • Der Bau sollte ersten Planungen zufolge 2023 fertig werden. Als Kosten wurden damals 33 Millionen Euro genannt.
  • Schätzungen der Verwaltung gehen aktuell von 75 Millionen Euro aus – dieser Betrag umfasst laut Rathaus neben dem Neubau der Bibliothek auch die Tiefgarage und die Neugestaltung des Dalbergplatzes. Den Anteil der Tiefgarage sollen die Mannheimer Parkhausbetriebe übernehmen. Eine verlässliche Gesamtsumme und genaue Kosten für die drei Teile sei erst nach Abschluss weiterer Planungen am Ende des Jahres möglich, so das Rathaus. „Die Stadt strebt eine baldmöglichste Realisierung der neuen Stadtbibliothek auf N2 an.“ Als Bauzeit veranschlagt sie „zwei bis zweieinhalb Jahre“. 

Grüne, SPD, LI.PAR.Tie und FDP wollen demnach unbedingt an dem Projekt festhalten - auch wenn 2023 keine Investitionskosten im Etat stehen. Letzteres liegt auch daran, dass die Stadtspitze nur noch Projekte in den Haushalt aufnehmen will, die eine gewisse Planungsreife erreicht haben - konkret geht es um mindestens Stufe drei auf einer insgesamt neunstufigen Umsetzungsskala. Derzeit befinden sich die Bibliotheksplanungen laut Rathaus noch in Stufe eins. Stufe drei soll im kommenden Jahr abgeschlossen sein.

„Steht nicht zur Debatte“

„Der geplante Neubau der Stadtbibliothek steht für uns nicht zur Debatte“, betont Grünen-Fraktionschefin Stefanie Hess. Er sei eine wichtige Investition in Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe. Die Bibliothek könne nicht langfristig im sanierungsbedürftigen Stadthaus bleiben - das habe jetzt erst wieder der Wasserschaden gezeigt, der eine mehrtägige Schließung nötig machte. Sobald die entsprechende Planungsstufe erreicht sei, wolle man das Projekt angehen und Geld im Haushalt einplanen. „Wir erwarten, dass im nächsten Jahr der Maßnahmenbeschluss kommt.“

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Auch die SPD steht weiter zum Neubau, wie Fraktionschef Thorsten Riehle erklärt: „Eine Stadt wie Mannheim benötigt eine moderne Bibliothek als Aufenthaltsort, als einen Ort des sozialen Miteinanders.“ Schüler und Studenten müssten dort in großen und kleinen Gruppen gemeinsam lernen und arbeiten können. Das alles sei im Stadthaus nicht möglich, was bereits eine Machbarkeitsstudie nachgewiesen habe. „Es muss deshalb unser gemeinsamer Anspruch sein, dass im nächsten Haushalt, wenn die Planung weit genug vorangeschritten ist, die erforderlichen Gelder für den Neubau perspektivisch bereitgestellt werden.“

Aus Sicht der Fraktion FDP/Mittelstand für Mannheim (MfM) ist der Neubau ebenfalls „dringend notwendig“ - die Raum- und Medienausstattung im Stadthaus entspreche nicht mehr den heutigen Anforderungen. „Wir wollen, dass sich die Stadtverwaltung und der Gemeinderat zu diesem Projekt bekennen und es bald möglichst auf den Weg bringen“, so die FDP/MfM-Fraktion.

Die Fraktion LI.PAR.Tie hält ebenfalls an einem Neubau in N 2 fest. Im Haushalt für 2024 müsse entsprechend Geld eingeplant werden, so die Fraktion. Wenn nicht genügend Geld da sei, könnte auch die GBG - wie beim neuen Technischen Rathaus - die Bibliothek bauen und sie dann an die Stadt vermieten.

Zukunft doch im Stadthaus?

Die Neubaupläne stammen allerdings noch aus einer Zeit, als die Zukunft des Stadthauses völlig offen war und auch dessen Abriss zur Debatte stand. Mittlerweile jedoch ist klar, dass es diesen Abriss nicht geben wird - das zuständige Landesamt hat das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Derzeit erarbeiten Experten eine Machbarkeitsstudie, wie man - vereinfacht gesagt - die Fassade des Stadthauses wegen des Denkmalschutzes erhalten, gleichzeitig aber den Innenbereich umgestalten kann. Deshalb will Stadtrat Andreas Parmentier - als Vertreter der Tierschutzpartei Teil der LI.PAR.Tie-Fraktion -, dass die Verwaltung zusätzlich prüft, ob es wirtschaftlich sinnvoll sei, Teile des Stadthauses für die Bedürfnisse der Stadtbibliothek umzubauen.

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Genau hier setzt auch die CDU-Fraktion an, die einen Neubau aus finanziellen Gründen nicht mehr für realistisch hält. Mit Blick auf die unklare Zukunft des Stadthauses sei es „geradezu fahrlässig“, dort nicht nochmals „die Möglichkeit der Unterbringung einer modernen Stadtbibliothek mit mehr digitalen Elementen“ zu prüfen, so Fraktionschef Kranz. Man liege inzwischen weit über den ursprünglich angesetzten Kosten. Beim Grundsatzbeschluss zum Neubau habe der Finanzrahmen 35 Millionen Euro betragen. Bis heute hätten sich die Investitionskosten „mehr als verdoppelt, auf aktuell 75 Millionen Euro“.

Die ML bleibt dabei, dass für einen Neubau derzeit kein Geld da ist. Andere Projekte sind aus Sicht der Fraktion wichtiger - etwa der Neubau des Kultur- und Sportzentrums Wallstadt. Mit N 2 als Standort eines möglichen Neubaus ist die ML ohnehin nicht einverstanden. „Für einen Neubau der Stadtbibliothek gibt es im Stadtgebiet sicherlich wesentlich geeignetere Standorte als N 2.“

Auch die AfD-Fraktion sieht „gegenwärtig keine Notwendigkeit für einen Neubau“, wie Stadtrat Rüdiger Ernst erklärt. Er verweist auf die „angespannte Haushaltslage, die erwartete Wirtschaftskrise mit drohenden Einnahmeausfällen und die ständig steigenden Baukosten“. Mit Blick auf das Stadthaus erklärt Ernst, seine Fraktion habe „trotz aller bekannter Mängel des Gebäudes“ nicht den Eindruck, „dass der gegenwärtige Zustand so dramatisch wäre, dass ein sofortiger Abriss unvermeidlich wäre“. Der Wegfall der Bibliothek als einer der Hauptnutzer „würde den Leerstand außerdem noch weiter vergrößern“.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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