Mannheim. Im hinteren Teil vom Rosengarten erstreckt sich der riesige Nibelungensaal, in der Collini-Straße steht noch das große Straßenbahndepot mit seiner Türmchenfassade, in N1 das Alte Kaufhaus und in B3 das Nationaltheater. Dafür ist der Goetheplatz ein unbebauter Tennisplatz und der Friedrichspark ein Ausflugsziel mit See. Wie Mannheim vor dem Zweiten Weltkrieg aussah, das kann jetzt jeder sehen und ertasten. Dazu hat der Verein zum Auftakt des Erlebniswochenendes am Plankenkopf in P7 ein großes, bronzenes Stadtmodell enthüllt.
„Ein historischer Moment“, freut sich Oberbürgermeister Christian Specht. Mit der Vorsitzenden Helen Heberer sowie Vorstandsmitglied Andreas Lochbühler, der das Projekt federführend vorangetrieben hat, sowie Künstler Felix Broerken zieht er die Stadtfahne von dem Modell. Es ist „ein Geschenk an die Stadtgesellschaft“, sagt Heberer im Namen des Vereins, ehe sie nach der von einem Blechbläserquartett der Musikschule gespielten Europahymne das Kunstwerk übergibt.
Stadtmodell von Mannheim zeigt unzerstörte Silhouette der Quadrate vor dem Krieg
Seit fast 30 Jahren stehe der Verein für den Erhalt historischer Gebäude und Plätze in Mannheim ein. Nachdem im Zweiten Weltkrieg fast 80 Prozent der Bausubstanz der Innenstadt zerstört worden seien, wolle man zumindest den erhaltenen Teil bewahren, restaurieren und ergänzen, erklärt Heberer die Ziele des Vereins.
Das dreidimensionale Modell ermögliche nun nicht nur, dass man die Stadt „fühlen, sehen und begreifen“ könne, es funktioniere auch als „Gedächtnis der Stadt“, da es die historische, noch unzerstörte Silhouette der Quadrate und angrenzender Bereiche vom Hafen bis zur Christuskirche zeige. „Wir erhoffen uns, dass es Mannheim erfahrbar macht, historisch und räumlich, und Orientierung verschafft“, so Heberer. „Nur wer die Geschichte kennt, kann die Gegenwart begreifen und die Zukunft gestalten“, betont die Vorsitzende.
Künstler Felix Broerken gestaltet fühlbares Stadtmodell von Mannheim
Möglich geworden sei das rund 65.000 Euro teure Bronzemodell nur durch die Hilfe von Spenden der Rotary Clubs Mannheim, Mannheim-Brücke, Mannheim-Amphitrite sowie Heidelberg-Mannheim International, von der Firma Lochbühler Aufzüge, der Firma Sax + Klee, von Bloomaul Peter Hofmann, der Heinrich-Vetter-Stiftung, der VR Bank, dem Ingenieurbüro Bräuer und Späh, der m:con - mannheim:congress GmbH und der GBG Unternehmensgruppe. Dabei hebt Heberer besonders Felix Späh sowie Mitarbeiter der Firmen Lochbühler sowie Sax + Klee hervor, die in den letzten Tagen angepackt hätten, um das Modell termingerecht übergeben zu können.
Möglich gemacht habe das aber auch „Geduld und Fingerspitzengefühl“ des Künstlers, so Heberer. Felix Broerkens Vater Egbert hatte vor 30 Jahren damit begonnen, solche Modelle zu entwerfen, weil sich eine Blindenschule an ihrem Ort der Nähe von Soest in Westfalen befand. Denen wollte er „ein haptisches Erlebnis“ bieten. Er sei „von Kindesbeinen an“ damit aufgewachsen und vor zehn Jahren in den aufwendigen Prozess eingestiegen. Auf der Basis von historischen Plänen und Fotos erstellt er erst ein Modell aus Styrodur, dann ein Wachsmodell, ehe 800 Grad heiße Bronze in die Form gegossen und dann geschliffen wird, schildert er die Herstellung. „Ich hoffe, dass es ein neuer Treffpunkt wird – das wäre das Schönste“, so der Künstler.
Stadtmodell soll der neue Treffpunkt für Mannheimer werden
Oberbürgermeister Specht ist davon überzeugt. „Das wird der neue Treffpunkt schlechthin werden“, so das Stadtoberhaupt zu dem Modell. Lange hätten sich die Mannheimer ja an der Uhr am Paradeplatz verabredet, „doch die ist nicht mehr so zuverlässig“, spielt Specht auf häufige Defekte an. Nun werde das Stadtmodell nicht nur zum Ausgangspunkt von Stadtführungen, „sondern das wird sich etablieren“, glaubt Specht, dass es sich „als neues Symbol, als neuer Treffpunkt“ entwickeln werde.
Das Stadtoberhaupt lobt das Bronzemodell als „etwas ganz Großartiges“. Nachdem der Verein Stadtbild schon ein Fest zum 300. Geburtstag von Kurfürst Carl Theodor 2024 ausgerichtet habe, der sonst „fast vergessen“ worden wäre, ermögliche er nun eine Erinnerung an das barocke Mannheim, das als ideale Planstadt holländischer Baumeister schließlich zum Vorbild von Manhattan geworden sei. Das Modell helfe, „Mannheim begreifbar zu machen, mit Augen und Händen“. Während sonst die Stadt selbst oder Behindertenverbände auf derart inklusive Modelle hinwirkten, „kam diesmal die Initiative aus der Bürgerschaft selbst“, lobt Specht den Verein Stadtbild.
Zudem komme das Modell passend um 50-jährigen Bestehen der Fußgängerzone in den Planken. Die sei damals in Zusammenhang mit der Bundesgartenschau 1975 als „Zeichen des Aufbruchs in eine neue Stadt“ entstanden. „Aufgebrachte Händler, die es damals schon gegeben hat“, wie der Oberbürgermeister schmunzelnd anmerkt, hätten dagegen lange Bedenken gehabt. Heute sei er froh, dass Mannheim „keine sterbende Stadt“ sei, sondern eine moderne und lebendige Innenstadt habe. „Aber wir müssen etwas tun, um sie lebendig zu erhalten, attraktive Angebote schaffen“, damit große Magnete des Handels wie auch kleine und mittelständische Unternehmen erhalten blieben und sich neue Existenzgründer ansiedelten. Dazu müsse man „Lösungen finden, wie die Menschen aus der Region weiter in die Stadt kommen“. Es gelte, die City „schöner, grüner und resilienter zu machen, aber auch die Erreichbarkeit zu erhöhen“, fordert der Oberbürgermeister.
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