Energie

Mannheim will Windrad-Verzicht begrüßen

Jahrelang wurde über mögliche Standorte für Windräder in Mannheim diskutiert. Nun deutet alles darauf hin, dass die Stadt eine windradfreie Zone bleiben wird - zumindest vorerst

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Martin Geiger
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Zeit, dass sich was dreht? In Mannheim aller Voraussicht nach nicht. © Jan Woitas/dpa

Mannheim. Rund ein halbes Dutzend Windräder, jedes höher als der Fernsehturm: Diese Pläne für Flächen in Sandhofen und auf der Friesenheimer Insel sorgten vor ein paar Jahren für große Debatten in der Stadt. Inzwischen hat sich aber, nun ja, der Wind gedreht - und alles deutet darauf hin, dass in Mannheim auf absehbare Zeit keine Windräder gebaut werden. Die Erklärung im Überblick.

Warum ist es wahrscheinlich, dass in der Stadt keine Windräder errichtet werden?

Erstens, weil der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) - der für die Erstellung des entsprechenden Plans zuständig ist - in seinem ersten Entwurf in Mannheim keine Windräder vorgesehen hat. Und zweitens, weil die Stadtverwaltung diese Einschätzung nun begrüßt - und nicht etwa selbst Flächen für Windräder vorschlägt. Das geht aus einer Stellungnahme der Kommune hervor, die Mitte Mai in einem Ausschuss des Gemeinderats beschlossen werden soll. Stimmen die Stadträtinnen und Stadträte dem Entwurf zu, ist das die offizielle Meinung der Kommune in dem laufenden Verfahren.

Warum will die Stadt auf die Anlagen verzichten?

„Dem Verzicht auf Windkraftanlagen im Mannheimer Norden wird wegen der Nutzungskonflikte mit der US-Militärfläche Coleman und der vorhandenen Konflikte mit dem Artenschutz zugestimmt“, heißt es in der Vorlage für den Gemeinderat.

Kommentar Verzicht auf Windräder in Mannheim ist vernünftig - vorerst

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Martin Geiger
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Warum verzichtet der VRRN auf Standorte in Mannheim?

Die hier einst angedachten haben laut Petra Schelkmann, der Leitenden Direktorin des VRRN, die Kriterien nicht erfüllt. Primär liege das am geringen Windaufkommen. Ein anderer Aspekt spielt jedoch auch noch eine bedeutende Rolle.

Welche Faktoren haben diese Entwicklung noch beeinflusst?

Die früheren Überlegungen über mögliche Flächen für Windräder mussten mehr oder weniger komplett über den Haufen geworfen werden. Der Hauptgrund: Die Ampel-Koalition will den Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich beschleunigen und hat dafür wesentliche gesetzliche Bestimmungen verändert. Die energie- und geopolitischen Auswirkungen des russischen Überfalls auf die Ukraine haben diesen Prozess noch beschleunigt.

Und was hat das mit Mannheim zu tun?

Die Bundesregierung hat zahlreiche Hindernisse für den Bau von Windrädern abgebaut. So wurde etwa der Mindestabstand zu Wohngebäuden, jahrelang ein extrem umstrittenes Thema, reduziert: auf ungefähr 500 Meter. Zudem ist die Bedeutung des Landschafts- und Vogelschutzes herabgestuft worden. Dadurch sind, insbesondere im Odenwald und im Kraichgau, zahlreiche neue Potenzialflächen für Windenergie-Anlagen dazugekommen - und somit können die politischen Vorgaben - Stand jetzt - auch ohne Flächen in Mannheim erfüllt werden.

Welche politischen Vorgaben gibt es denn?

Das Land Baden-Württemberg hat die Vorgaben des Bundes nochmals verschärft und dem VRRN aufgetragen, bis Oktober nächsten Jahres 1,8 Prozent der Fläche der Region als Windenergiegebiete auszuweisen.

Heißt das alles, dass in Mannheim definitiv keine Windräder errichtet werden?

Nein. Die Arbeit des VRRN am Teilregionalplan geht weiter und wird vermutlich erst nächstes Jahr abgeschlossen. Bis dahin ist zumindest theoretisch alles noch möglich. Doch selbst wenn der aktuelle Entwurf so beschlossen werden sollte, gibt es noch einen weiteren Weg: Die Stadt könnte auch - wenn es keine Ausschlussgründe gibt - über ihre baurechtlichen Instrumente, also Bebauungs- und Flächennutzungspläne, ein entsprechendes Areal ausweisen. Dafür müsste es jedoch den politischen Willen und entsprechende Mehrheiten geben.

Welche neuen Entwicklungen gibt es im Bereich der erneuerbaren Energien sonst noch?

Der VRRN erstellt derzeit auch einen Teilregionalplan für Freiflächen-Photovoltaik, also für Solaranlagen, die nicht auf Dächern montiert sind, sondern auf eigentlich freien Flächen installiert werden. Mit dem Plan werden Vorbehaltsgebiete für regionalbedeutsame Anlagen festgelegt. In Baden-Württemberg ist gesetzlich festgelegt, dass 0,2 Prozent der Regionsfläche dafür zur Verfügung stehen muss.

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Wie sehen hier die Pläne für Mannheim aus?

Vorgesehen hat der VRRN zwei jeweils ungefähr 25 Hektar große Flächen: Beide liegen zwischen Rangierbahnhof und der Autobahn 656 sowie zwischen der Hochstätt und der SAP Arena.

Für wie geeignet hält die Stadt diese Gebiete?

Sie möchte, dass beide Areale wieder gestrichen werden. „Beide Vorbehaltsgebiete liegen im Bereich des Artenschutzprogramms Feldhamster“, begründet sie diesen Wunsch in der Vorlage für den Gemeinderat. Weitere Restriktionen ergäben sich aus der Lage der Flächen in einem Grünzug sowie aus Vorgaben der Biotopverbundplanung.

Sind dann keine Gebiete für Freiflächen-PV hier vorgesehen?

Doch. Die Kommune will zwei neue Flächen im Norden der Stadt vorschlagen: eine etwa neun Hektar große zwischen der US-Kaserne Coleman und der A 6 und eine etwa 15 Hektar große nördlich der A 6 und westlich von Ikea. Zwar liegt Erstere in einer sogenannten regionalen Grünzäsur und Letztere in einem Landschaftsschutzgebiet. Beides hält die Stadt jedoch offenbar für vertretbar.

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Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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