Nein, eine Vorentscheidung, ob es Windkraftanlagen in Schriesheim dereinst einmal geben wird, sei das nicht, beteuern die Befürworter jener drei Beschlüsse, die der Gemeinderat der Weinstadt am Mittwochabend mit breiter Mehrheit fasst. Aber eben auch alles andere als ein Stopp-Signal, wie die wenigen Gegner dieser Beschlüsse befürchten.
Anders als die in der Fläche liegenden Kommunen ist Schriesheim mit seinem Berghang grundsätzlich prädestiniert für diese Form der Energieerzeugung. Und daher auch dafür als ein Standort ausersehen, und zwar am „Weißen Stein“. Am Mittwoch sollte der Gemeinderat entscheiden, wie es weitergeht.
Und dies nach einer öffentlichen Informationsveranstaltung im Januar - „mit dem Charakter einer Werbeveranstaltung“, wie Frank Funcke in der Bürgerfragerunde zu Beginn der Ratssitzung kritisiert. „Die Diskussion basierte thematisch auf der Annahme, dass wir Windräder wollen“, wendet der Aktive der Initiative „Gegenwind“ ein. Doch als er zu seinem Wortbeitrag zu diesem Thema anheben will, da interveniert der Bürgermeister: Nach geltender Rechtslage sei es nicht gestattet, in der Bürgerfragerunde Themen anzusprechen, die nachfolgend auf der Tagesordnung stehen, erläutert Christoph Oeldorf. Doch das ist an diesem Abend ja der Fall.
Denn bis September 2025 muss Baden-Württemberg 1,8 Prozent seiner Fläche für Windenergie auswählen. Träger des Projektes vor Ort ist der Verband Region Rhein-Neckar. In seiner Planung ist der Weiße Stein enthalten. Er sei windmäßig geeignet, „aber nicht konfliktfrei“, formuliert der für Energie zuständige Verbandsmitarbeiter Till Fügener in der Ratssitzung. Besonders die Nähe zum Vogelschutzgebiet sei problematisch. Durch eine Änderung des Zuschnitts der für Windkraft vorgesehenen Fläche sei diese Problematik jedoch zu verringern, erläutert er.
Ohne Mitwirkung hat die Stadt künftig nichts mehr zu sagen
Doch erst jetzt beginnt der Prozess, zu dem die Stadt Schriesheim nun ihre Stellungnahme abgeben muss. „Wir sehen es als Verwaltung positiv, dass Schriesheim berücksichtigt wird“, sagt Bauamtsleiter Markus Dorn. Gibt es eine Alternative? Würden sich Kommunen der Mitarbeit verweigern, etwa, weil sie Windenergie grundsätzlich ablehnen, wird eine „Superprivilegierung“ wirksam, wie Verbandsdirektorin Petra Schelkmann erläutert. Dann kann ohne Mitwirkung der jeweiligen Kommunen über Anträge von interessierten Betreibern entschieden werden. „Um es salopp zu formulieren: Dann haben wir nichts mehr zu sagen“, ergänzt der Bürgermeister.
Freie Wähler und FDP fordern Bürgerentscheid zum Thema
„Wir müssen uns der Energiewende stellen“, macht der Grüne Bernd Molitor klar: „Nur durch den jetzigen Beschluss können wir steuern.“ Daher stimmt auch die CDU zu, „obwohl ich Windkraftanlagen im Wald sehr kritisch sehe“, wie Fraktionschef Michael Mittelstädt bekennt.
Auch Freie Wähler und SPD stimmen zu, aber mit unterschiedlichen Akzenten. „Die SPD bekennt sich klar zur Windenergie, wo sie ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist“, macht SPD-Fraktionschef Sebastian Cuny klar. Für die Freien Wähler betont Hans Beckenbach: „Am Ende des Prozesses muss aus unserer Sicht ein Bürgerentscheid stehen.“
Gespalten ist die FDP. Ortsvorsitzende Ulrike von Eicke bezeichnet den Standort „Weißer Stein“ als „beschränkt geeignet“, Fraktionschef Wolfgang Renkenberger lehnt ihn jedoch prinzipiell ab: „300 Meter Abstand zu einem Vogelschutzgebiet sind eindeutig zu wenig.“ Auch er plädiert für einen Bürgerentscheid.
„Ich will gar keine Windkraftanlagen“, sagt AfD-Rat Thomas Kröber: Denn Windenergie sei unwirtschaftlich, schädlich für die Natur und als Energiequelle nicht verlässlich.
Bei der Abstimmung votieren er und Renkenberger sowie die CDU-Ratsmitglieder Lisa Hartmann und Frank Spingel und FW-Stadträtin Nadja Lamprecht gegen die Verwaltungsvorlage. Die Mehrheitvon CDU und FW sowie Grüne und SPD geschlossen stimmen zu, auch ISB-Stadträtin Liselore Breitenreicher.
Auf Basis dieser Entscheidung folgen zwei weiteren Anträge der Verwaltung: die Prüfung des Standorts anhand eines Kriterienkatalogs und die Bildung einer Arbeitsgruppe gemeinsam mit Dossenheim; denn der angedachte Windkraft-Standort liegt an der Gemarkungsgrenze.
„Dossenheim ist in diesem Prozess schon weiter“, erinnert Molitor. Das sei für ihn nicht relevant, entgegnet Mittelstädt: „Ich spring’ auch nicht in den Neckar, weil der Nachbar das tut.“ Dennoch stimmt auch die CDU zu, wie Grüne, FW, SPD und die Stadträtinnen von Eicke (FDP) und Breitenreicher (ISB). Bei dieser Abstimmung über die Arbeitsgruppe mit Dossenheim bleiben Kröber und Renkenberger mit ihrem Nein alleine, der Altenbacher CDU-Stadtrat Karl Reidinger enthält sich.
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