Krieg in der Ukraine

Mannheim reagiert mit Wichernhaus auf steigende Flüchtlingszahlen aus der Ukraine

Weil die Landeserstaufnahmeeinrichtungen überfüllt sind, teilt das Land nun auch Mannheim Geflüchtete zu. Die Stadt mietet deshalb das frühere Seniorenheim in Neckarau als Erstanlaufstelle sein - allerdings nur für einige

Von 
Sebastian Koch
Lesedauer: 
Früher Seniorenheim, ab der zweiten Oktoberhälfte für bis zu 120 zugewiesene ukrainische Geflüchtete Erstanlaufstelle: das Wichernhaus in Neckarau. © Thomas Tröster

Mannheim. Die Zeit für Geflüchtete im Thomashaus ist vorbei - die Verwaltung hatte am Mittwoch erklärt, dass in dem früheren Seniorenheim in Neuhermsheim keine Menschen mehr untergebracht sind. Am Donnerstag teilte die Stadt nun mit, dass „im Laufe der zweiten Oktoberhälfte“ zugewiesene Geflüchtete im Wichernhaus in Neckarau eine Erstanlaufstelle finden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie viele Geflüchtete aus der Ukraine leben in Mannheim?

Bis Donnerstag haben sich laut Verwaltung 3599 Ukrainerinnen und Ukrainer in Mannheim angemeldet. Weil sich Geflüchtete aus der Ukraine aber nicht zwingend melden müssen, dürfte die tatsächliche Zahl höher sein. Laut Verwaltung kommen täglich noch immer mehrere Menschen aus der Ukraine an.

Die bisherige Erstanlaufstelle war das Thomashaus. Warum gibt die Stadt das Haus auf?

Bereits als die Verwaltung das ehemalige Seniorenheim im April bezogen hatte, war klar, dass das nur eine zeitlich befristete Lösung ist. Das Haus wird abgerissen, der Vertrag zwischen Stadt und evangelischer Heimstiftung war nun ausgelaufen.

Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren

Auch das Wichernhaus ist als Seniorenheim bekannt. Warum gibt es dort Platz für Geflüchtete?

Wie das Thomashaus steht das Wichernhaus inzwischen leer. Wie berichtet, hatte eine Unternehmensgruppe den dortigen Pflegebetrieb übernommen und setzt diesen seit 1. September in der neuen Einrichtung „Pflege im Steubenhof“ fort. „Bewohner und Mitarbeitende des Wichernhauses sind bereits umgezogen“, teilte die Stadt am Donnerstag mit. Demnach könne das Haus nun bis 31. Juli 2023 genutzt werden. Wie im Thomashaus sollen Geflüchtete auch hier nur kurzzeitig unterkommen, um dann in „regulären Wohnraum“ vermittelt zu werden.

Ist das Wichernhaus eine Erstanlaufstelle für alle Geflüchteten aus der Ukraine?

Nein. Die Stadt betont ausdrücklich, dass das Neckarauer Haus für „zugewiesene Flüchtlinge“ gedacht ist. „Das Wichernhaus ist kein genereller Anlaufpunkt für Geflüchtete“ - so wie es etwa das Thomashaus war. Neben dem Wichernhaus setzt die Verwaltung bei der Aufnahme auch weiterhin auf Zimmer in Hotels beziehungsweise Gästehäusern. Außerdem seien zuletzt 160 Bewohnerinnen und Bewohner vom Thomashaus in Wohneinheiten auf Columbus umgezogen.

Es hieß immer, Mannheim bekomme keine Geflüchteten vom Land zugewiesen, weil die Stadt ihre Quote übererfülle. Warum werden nun doch Geflüchtete zugeteilt?

Die Verwaltung betont, die Stadt habe nach wie vor mehr Geflüchtete aufgenommen als sie laut Quotenregelung müsste. Das Land verweist auf Anfragen nach Quoten einzelner Stadt- und Landkreise stets auf die Kreise. Weil Landeserstaufnahmeeinrichtungen belegt sind, habe das Land die Verteilungsregelung aber verändert, erklärt die Stadt. So bekämen seit September auch Kreise Geflüchtete anteilig zugewiesen, die ihre Quote erfüllt hätten. Das hat zur Folge, dass die Stadt ihre „Aufnahmekapazitäten erreicht“ habe. Mit der Belegung des Wichernhauses passe die Stadt ihr „Vorgehen an eine veränderte Lage“ an.

Mehr zum Thema

Kommentar Richtig, dass die Stadt ihre Geflüchteten-Politik an Dynamik des Krieges anpasst

Veröffentlicht
Kommentar von
Sebastian Koch
Mehr erfahren
Krieg

Wichernhaus in Mannheim ist neuer Anlaufpunkt für Geflüchtete aus der Ukraine

Veröffentlicht
Von
Sebastian Koch
Mehr erfahren
Ukraine-Krieg

Mannheimer Thomashaus geräumt - Geflüchtete kommen auf Columbus unter

Veröffentlicht
Von
Sebastian Koch
Mehr erfahren

Im Thomashaus hatte es für Geflüchtete viele Monate eine Verwaltungsstraße gegeben, in der sie sich über Fragen zum Meldewesen oder Arbeitsmarkt haben beraten lassen und Anträge stellen können. Ist das auch im Wichernhaus geplant?

Nein. Auch in diesem Punkt ist das Wichernhaus nicht mit dem Thomashaus vergleichbar. Die Verwaltungsstraße im Thomashaus war im Juli abgebaut worden - seitdem finden Geflüchtete im Stadthaus Informationen. Anträge müssen in umliegenden Bürgerdiensten und Jobcentern gestellt werden. Auch im Wichernhaus wird es keine Verwaltungsstraße geben. „Selbstverständlich sind Ansprechpartner vor Ort, die Infos zu verschiedenen Dienststellen geben“, erklärt die Stadt.

Seit Monaten werden Hotels zur Unterbringung gemietet. Wie viele Häuser sind das und welche Kosten sind bislang entstanden?

Laut Stadt sind bislang Zimmer in insgesamt 24 Hotels und Gästehäusern angemietet. Über die genauen Kosten machte die Verwaltung am Donnerstag auf Nachfrage keine Angaben. „Die Verträge sind individuell ausgehandelt“, heißt es.

Müssen wieder Sporthallen präventiv belegt werden?

Zwar erklärt Oberbürgermeister Peter Kurz, dass die Stadt „alle uns sich bietenden Unterbringungsmöglichkeiten“ prüfe. Eine präventive Belegung von Hallen - so wie etwa zu Beginn des Krieges - sei laut einer Sprecherin aber aktuell nicht geplant. „Es ist unser Anliegen, die behelfsmäßige Unterbringung von geflüchteten Menschen in großen Sporthallen mit Notbetten solange wie nur möglich zu vermeiden“, erklärt Kurz.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen