Mannheim. Es verneigt sich heute zwar keiner mehr, aber spontanen Beifall gibt es sofort, als er sich den Weg durch die Menge bahnt: Kurfürst Carl Theodor (René Kolb) und Gattin Elisabeth Augusta (Franziska Schulz), die sonst in Schwetzingen die kurpfälzischen Herrscher der Barockzeit verkörpern, brauchen eine Weile, bis sie sich auf den Kapuzinerplanken zur Bühne vorgearbeitet haben. In ihrer Entourage läuft der Mann, der heute regiert: Oberbürgermeister Christian Specht. Und der lobt es als „wunderbare Idee“, dass der Feuerio ein Fest zu Ehren des Kurfürsten ausrichtet.
Ohne Carl Theodor hätte es das Mannheimer Nationaltheater nicht gegeben
Das finden viele Leute schon gleich morgens. Bereits zum Beginn des Programms sind nämlich alle Bänke und Stehtische vor der Bühne besetzt. Da tritt das Nationaltheater mit sieben Solisten des Opernensembles auf. „Ohne Carl Theodor hätte es uns nämlich nicht gegeben“, erinnert Cordula Demattio, Chefdramaturgin der Oper, an die Gründung durch Carl Theodor. Wobei er damals an eine „gewinnbringende Spielstätte“ für Mannheim als Ausgleich für seinen Umzug nach München dachte. „An diesen Plan arbeiten wir noch heute“, bemerkt Helen Heberer süffisant, die als Vorsitzende des Vereins Stadtbild von der Bühne immer mal wieder amüsante historische Anekdoten einstreut.
Mozart-Klänge mit Oper und Kammerorchester
Auch wenn das Nationaltheater heutzutage keinen Gewinn macht - Sympathien gewinnt es sicher mit seinem Auftritt. Estelle Kruger, Amelia Scicolone, Ilja Aksionov, Christopher Diffey, Thomas Berau, Ilya Lapich und Joachim Goltz lassen mit Arien von Wolfgang Amadeus Mozart und Georg Friedrich Händel nicht nur Werke von Komponisten aus der Ära des Kurfürsten erklingen, sondern bieten mit Ausschnitten aus der „Fledermaus“ auch etwas Vergnügliches - und die Botschaft, was alles in der neuen Ersatzspielstätte am Luisenpark (Opal) zu hören und zu sehen sein wird, etwa Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“: „Hunger ist der beste Koch! Ral-la-la-la-la, Ra-Ia-la-la, ral-la-la-ia.“
Ein großes Angebot an Essen
Aber Hunger muss niemand haben bei diesem Fest, wo es von Spanferkel über Champignons und guter Bratwurst bis zu Reibekuchen mit Lachs (traditionell von den Enkeln des früheren Feuerio-Präsidenten Bernhard Kaiser zubereitet) eine ganz große Auswahl gibt. Die ist aber auch deshalb nötig, weil das Programm Schlag auf Schlag geht, acht Stunden fast ohne Pause. Das Kurpfälzische Kammerorchester (KKO) rückt in großer Besetzung an, spielt unter anderem Werke von Mozart und Stamitz und damit jener Komponisten, die am Hof von Carl Theodor und seinem berühmten Orchester in Mannheim gewirkt haben.
Allerdings ist die Bühne für das Orchester fast zu klein. Feuerio-Vizepräsident Stefan Hoock steigt daher auf eine Lautsprecherbox für eine seiner Moderationen, und er sieht „ein ganz tolles Bild“, denn: „Der Platz ist voll“, freut er sich. „Es ist uns eine Ehre“, sagt Bodo Tschierschke, der Feuerio-Präsident, bei der Begrüßung von Oberbürgermeister Specht, der mit dem Schwetzinger Kurfürstenpaar und dessen Hofstaat sowie dem Mannheimer Traditionscorps - Kurpfälzer Schlossgarde auf der Bühne steht und das Fest eröffnet. Der Feuerio beweise mal wieder sein Motto, das „Mehr als nur Fasnacht“ lautet, und bewähre sich als Verein, der Brauchtum und Traditionen pflege, so der Oberbürgermeister. Schließlich habe Mannheim Carl Theodor viel zu verdanken. Es sei daher „großartig“, so zu seinen Ehren zu feiern und dies zusammen mit so vielen Kulturinstitutionen zu tun. „Vielleicht wird das eine Dauereinrichtung“, deutet Specht an. Noch deutlicher wird Kulturbürgermeister Thorsten Riehle. Er würde es sich wünschen, dass das Carl Theodor-Fest jedes Jahr stattfinde, sagt er. Es sei „super, ein tolles Fest“, so Riehle und auch eine gute Gelegenheit, den Stolz auf die Kultureinrichtungen auszudrücken.
Gelungene Verbindung von Unterhaltung und Geschichtsunterricht
Und es machen ja nicht nur die großen Einrichtungen wie Nationaltheater und KKO mit, auch die Freilichtbühne. Von dort kommen Simon Paulus und Marco Hullmann, die als strenger wie würdevoller Regent sowie als sehr eloquenter Hofastronom Christian Mayer an einen unachtsam beim Feiern ausgelösten Brand in der Sternwarte 1776 erinnern, über den seine Durchlaucht sich gar sehr echauffiert.
So verbindet das Fest den ganzen Tag Unterhaltung und historische Information. Christoph Bühler vom Schwetzinger Schloss erläutert von der Bühne herab die Bedeutung der Sommerresidenz, während sich beim Stand vom Marchivum ununterbrochen das Glücksrad dreht. „Die Leute sind sehr interessiert“, stellt Andreas Schenk vom Marchivum fest, das auf seine Carl-Theodor-Ausstellung einstimmt. „Sehr schön, richtig charmant“ sei es hier, lobt Susan Becker, Leiterin vom Amt für Touristik, Kultur, Wirtschaft und Kommunikation Weinheim - jener Stadt, wo Kurfürstin Elisabeth Augusta ihre letzte Lebenszeit im Schloss verbracht hat. Ihr Infostand habe eine „sehr gute Resonanz mit vielen intensiven Gesprächen“.
Schwungvolle Unterhaltung am Nachmittag
Das ist auch an den Ständen von Nationaltheater und Kurpfälzischem Kammerorchester zu hören. „Wir sind positiv überrascht, wir verkaufen sogar Karten“, sagt KKO-Geschäftsführerin Gabriele Gefäller. Vor allem viele Familien spricht Stadträtin Melanie Seidenglanz an, die Dienst macht am Kreativ-Stand der Metropolregion Rhein-Neckar und dort auch für Demokratie und Werte wirbt. Mit farbigen Punkten können die Besucher markieren, welche Werte ihnen besonders wichtig sind. „Gewaltlosigkeit“ steht an erster Stelle, gefolgt von Familie. „Gute Stimmung, ein schönes Miteinander“, lobt Seidenglanz das Fest.
Je länger es dauert, umso mehr setzt der Feuerio dann auf leichtere Unterhaltung - und genau dieses Konzept geht auf. Nach den Klassik-Fans freuen sich am Nachmittag die Schlagerfreunde über „Die drei Prinzen“ mit ihren Hits, stimmen mit Schlagersänger Janis Nikos „Griechischer Wein“ an und tanzen Sirtaki. Schließlich begeistert die Mannheimer Band Braveland mit ihrem tollen Sound, ehe die Bigband im Quadrat den sommerlichen Tag flott beendet - und man bei Akteuren wie Publikum überall nur in zufriedene Gesichter schaut. Carl Theodor, so strahlt Feuerio-Aktive Christiane Forelle, habe eben von oben ganz bewusst die Sonne geschickt.
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