Nationaltheater Mannheim

So lief der Spielzeitstart des NTM beim Theaterfest

Ein 100-köpfiger Kinderchor, viele Mitmachaktionen und ein leidenschaftliches Plädoyer des Kulturbürgermeisters - das Nationaltheater ist in die neue Spielzeit gestartet

Von 
Peter W. Ragge
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20 Jahre unter Leitung von Anke-Christine Kober: der Kinderchor des Nationaltheaters beim Theaterfest zum Auftakt der neuen Spielzeit. © Michael Ruffler

Mannheim. Schnee, obwohl es 20 Grad hat und die Sonne scheint? Bei dieser Aussicht rennen die Kinder an die Bühne. Alle wollen mal anfassen, was da leise von der Bühne im Alten Kino rieselt. Es ist „nicht giftig, nicht schädlich“, wie Christoph Frank, Technischer Leiter Schauspiel, versichert. Der von ihm erzeugte Kunstschnee gehört zur „Theater-Show“, einem der Höhepunkte des Theaterfests in und vor dem Alten Kino zur Eröffnung der neuen Spielzeit.

Im Klötzchenparadies: Philipp Scholl mit Tochter Josephine und links Berenike auf Franklin, wo es auch ganz viele kreative Angebote für Kinder gab. © Michael Ruffler

Es ist die 246. Spielzeit seit Gründung des Nationaltheaters unter Kurfürst Carl Theodor, wie Tilmann Pröllochs, Geschäftsführender Intendant, hervorhebt. Mit den vier Spartenintendanten eröffnet er das Fest. „So ist das eben beim Vier-Intendanten-Modell, da müssen alle was sagen“, kommentiert Ulrike Stöck (Junges Nationaltheater), und Schauspielchef Christian Holtzhauer spricht vielen Besuchern aus dem Herzen, die trotz der Umleitungen und einer nur im 30-Minuten-Takt verkehrenden, oft überfüllten Stadtbahn in das Neubaugebiet Franklin gekommen sind. „Ich staune jedes Mal“, sagt er über die sich ständig ändernde Verkehrsführung, aber es werde „nur noch wenige Wochen dauern“, dann sei der Schauspiel-Standort besser erreichbar.

Leidenschaftliches Plädoyer für die Kultur

Doch schon jetzt strömen die Besucher zum Theaterfest, wo sie außer den Intendanten auch das Blechbläserensemble des Orchesters und Kulturbürgermeister Thorsten Riehle begrüßen. Der nutzt die Gelegenheit für ein leidenschaftliches Plädoyer für die Kultur. Die sei „nicht verzichtbar“ und keineswegs eine freiwillige Leistung der Kommune, sondern eine „Pflichtaufgabe der Gesellschaft“, betont der Bürgermeister, auch wenn die Finanzlage der Stadt derzeit „nicht so rosig“ sei.

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Und obgleich in die Generalsanierung des Nationaltheaters „verdammt viel Geld“ fließe, so stehe Mannheim im Vergleich zu anderen Theater-Sanierungsprojekten – so geht Stuttgart gerade von 1,3 Milliarden aus – derzeit „deutlich günstiger da“, so Riehle. Er würde sich wünschen, „dass die Mannheimer wieder mehr stolz auf ihr Theater sind“, so der Bürgermeister.

Technische Tricks und Lieblingsmelodien

An diesem Nachmittag zumindest ist das zu spüren. So liefert der von Monika Kulczinski geführte Richard-Wagner-Verband ein Beispiel für das, wie es Pröllochs formuliert, „großartige Zusammenwirken“ zwischen Theater und Gesellschaft. Rote und rosa Rosen, lila und orange Veilchen – dank Spenden der Gärtnerei Beier bieten die Damen des Richard-Wagner-Verbandes eine bunte Blütenpracht an ihrem Stand, die sie zugunsten des Internationalen Opernstudios und damit des künstlerischen Nachwuchses verkaufen, für den sich der Verband schon lange engagiert. „Wunderbar“, kommentiert Opernintendant Albrecht Puhlmann diesen ehrenamtlichen Einsatz.

Es dreht sich, damit Geld zusammenkommt: das Bühnenkarussell des Schauspiels im Alten Kino Franklin. © Michael Ruffler

Den leisten auch Mitglieder der Freunde und Förderer des Nationaltheaters, die mit dem Theater-Team und die anstehende Eröffnung der Opern-Ersatzspielstätte am Luisenpark (Opal) informieren. Die werde „ganz, ganz großartig“, verspricht Puhlmann, nur das Umfeld sei bis zur Eröffnung wohl noch nicht fertig gestaltet. Aber vielleicht könne der Wagner-Verband mit einigen seiner Pflanzen helfen, scherzt er.

Das Schauspiel hat ja seine Ersatzspielstätte schon seit eineinhalb Jahren auf Franklin. Bei der Rückkehr an den Goetheplatz wünscht es eine Drehbühne, die es in dieser Ersatzspielstätte gibt und die schnelle Bühnenbild-Wechsel ermöglicht. Im Etat der Generalsanierung ist sie aber nicht drin. Doch dafür sind Berrin Seker und Henriette Heinrich vom Mannheimer Stadtensemble da, die mit viel Charme das Bühnen-Karussell anpreisen. Gegen eine Spende darf man da in Autoscooter steigen, auf Pferdchen aus Kunststoff oder in eine riesige rosa Kutsche, die sich alle zusammen wie ein Karussell drehen. Die Bestandteile stammen aus Bühnenbildern, der weiße Hirsch vom „Mannheimer Sommer“. Zu Paul Linckes „Berliner Luft“ oder der „Promenade“ aus „Bilder einer Ausstellung“ dreht sich langsam, mit bis zu 7,5 Metern pro Minute, diese Scheibe – gegen eine Spende. Und nicht nur Kinder steigen gerne auf. „Das ist auch etwas für das innere Kind“, animiert Berrin Seker mit Erfolg die Erwachsenen.

Die „Räuber“ gehen in den Käfertaler Wald

Gleich darauf drängen sich Erwachsene und Kinder im Schauspielhaus. Bei der „Theater-Show“ bleibt kein Platz leer. Holtzhauer und sein Team präsentieren, „was auf der Bühne möglich ist – und wer es möglich macht“. Das beginnt bei Maskenbilderin Lara May und Karin Vocke, Herrenschneiderin und Ankleiderin, die nicht nur über ihre Arbeit berichten, sondern kurzerhand Johanna (17), die sich aus dem Publikum freiwillig meldet, mal eben schnell völlig verwandeln. Während sie das hinter der Bühne tun, lässt es Christoph Frank nicht nur schneien. Der Bühnenmeister verrät und zeigt auch allerlei andere technische Tricks und Spezialeffekte.

Blumenverkauf für den künstlerischen Nachwuchs: der Richard-Wagner-Verband mit Uta Trui (v.l.), Helga Heinold, Monika Kulczinski und Marion Roth. © Michael Ruffler

Doch so faszinierend das ist – derweil ist auch vor dem Alten Kino viel geboten. Die Schauspieler Uwe Tropmann, Sebastian Reich und Soyi Cho bieten „Lügen üben“ und entlarven dabei so herrlich absurd wie amüsant, wie leicht falsche Behauptungen die Runde machen können. Die Opernsolisten Ruth Händle, Ilja Aksionov und Thomas Berau bringen ihre Lieblingsstücke – und dann kommt der größte Auftritt von allen: der Kinderchor. Über 100 Mädchen und Jungen zählt er, die unter dem Motto „Lieder zum Träumen“ von „Amazing Grace“ bis „Can You Feel the Love Tonight“ schwungvoll viele beliebte Titel anstimmen, am Ende gekrönt durch ein „Halleluja!“. Schließlich ist ihre Dirigentin Anke-Christine Kober seit 20 Jahren im Amt. Darauf ein Prosit – etwa mit einer „Räuberlimonade“, die das Stadtensemble an seinem Stand mit vielen frischen Früchten mixt – als guter Vorgeschmack auf ihre ganz eigene Fortschreibung der „Räuber“, die das Ensemble von Beata Anna Schmutz unter dem Titel „Räuber*innen“ im Juni 2025 im Käfertaler Wald zeigen will.

Redaktion Chefreporter

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