Erdbeben

Lastwagen aus Mannheim voller Spenden für Überlebende des Erdbebens in der Türkei und Syrien

Von der Windel bis zum Zelt - wie hunderte Mannheimer und Mannheimerinnen ihre Hilfsbereitschaft für Menschen im Katastrophengebiet zeigen und wie viele Spenden bereits bei der Stadt eingegangen sind

Von 
Eva Baumgartner , Lisa Uhlmann , Tatjana Junker und Sophia Gehr
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Vom Neuen Messplatz direkt ins Katastrophengebiet: Hunderte bringen am Montagabend Decken, Rollstühle oder Kleidung an den Platz. Die Sachen werden per Lkw in die Türkei gefahren. © Emrah Durkal

Mannheim. Babysachen, Kleidungsstücke, Rollstühle und Nahrungsmittel - voll beladen mit Sachspenden sind noch am Montagabend zehn bis 15 Lkw von Mannheim in die Türkei aufgebrochen. „Da hat keine Stecknadel mehr reingepasst, ich war sehr fasziniert davon, wie Mannheim reagiert hat“, berichtet Emrah Durkal einen Tag später. Er war dabei, als sich am Montagabend Hunderte Menschen auf dem Neuen Messplatz versammelten, um zu spenden - für die Opfer des schweren Erdbebens im türkisch-syrischen Grenzgebiet.

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Allerdings waren deutlich mehr Menschen dem Aufruf zur Hilfsaktion des Vereins Ulu Camii, Verband der Islamischen Kulturzentren, über die sozialen Medien gefolgt als erwartet. Laut Durkal, der im Vorstand des Ortsvereins der SPD-Schönau sitzt, stammt der Aufruf von Mannheimerinnen und Mannheimern aus der türkischen und kurdischen Community. Sie hatten privat Lastwagen eines Unternehmens aus Viernheim organisiert, die bereits ihre Ladung aus der Türkei hierher geliefert hatten - und sowieso leer wieder in die Türkei zurückgefahren wären.

Dass aber die Hilfsbereitschaft so groß sein würde, damit hatten die Organisatoren nicht gerechnet. Wie die Polizei Mannheim auf Nachfrage mitteilte, waren „vorsichtig geschätzt mehr als 500 Menschen vor Ort“, so ein Sprecher der Polizei. Die Beamten stießen zur Aktion dazu, weil es im Bereich des Neuen Messplatzes zu Verkehrsbehinderungen gekommen war.

Ein Lkw, der die in der Mannheimer Neckarstadt säckeweise gesammelten Sachspenden in das Erdbebengebiet fahren soll, wurde schließlich zur Seite gefahren, um das „kurzzeitige Verkehrschaos zu beseitigen“, so der Polizeisprecher. Die Hilfsaktion begann gegen 19 Uhr Uhr und endete gegen 22 Uhr.

Sorge und Trauer um Angehörige

Während vom Neuen Messplatz sechs Lastwagen ihre Reise in die Türkei gestartet hatten, seien laut Durkal auch in den Stadtteilen Schönau, Rheinau und in der Stadt Ludwigshafen weitere Lkw mit Spenden aufgebrochen. „Ich war sehr beeindruckt, alle haben gespendet, unabhängig von Religion oder Herkunft“, sagt Durkal. Viele in Mannheim hätten bei der Katastrophe enge Angehörige verloren. Durkal selbst habe ebenfalls Verwandte in der Türkei. Die lebten aber glücklicherweise nicht im Erdbebengebiet.

Säckeweise Spenden für Überlebende in der Türkei. © Emrah Durkal

Auch der Leiter der Mannheimer Stadtbibliothek, Yilmaz Holtz-Ersahin, macht sich große Sorgen: „Ich habe dort Verwandte und Bekannte, aber kann sie nicht erreichen, ich weiß nicht, wie es ihnen geht.“ Der Bücherei-Chef ist angesichts der Situation in der Türkei und Syrien tief betroffen und ruft alle Mannheimer zum Spenden auf: „Es ist eine Tragödie, die man nicht in Worte fassen kann. Ich würde mich freuen, wenn wir uns alle beteiligen, wenn wir helfen und spenden“, so Holtz-Ersahin im Gespräch mit dieser Redaktion.

Auch Mannheimer Unternehmer wie Mustafa Baklan organisieren inzwischen Unterstützung für die Opfer des Erdbebens. Baklan ist Chef der Mannheimer Firmengruppe Suntat. Sie produziert und verkauft mediterrane Lebensmittel - und hat selbst mehrere Werke in der Türkei. Sie liegen allerdings nicht im Katastrophengebiet, Mitarbeiter sind laut Baklan nicht betroffen. Sein gemeinnütziger Verein Suntat Bildungsbrücke, der normalerweise Bildungsprojekte in Mannheim und der Türkei unterstützt, habe gemeinsam mit dem Verband türkischer Unternehmer Rhein-Neckar (TID) und dem Deutsch-Türkischen Institut für Arbeit und Bildung in Mannheim (DTI) eine Hilfsaktion für die Erdbeben-Opfer gestartet.

„Wir haben bei Unternehmen in der Türkei 6000 Decken und 50 große Zelte gekauft, außerdem 3000 weitere Decken in Deutschland“, sagt Baklan. In den nächsten Tagen soll außerdem eine weitere Hilfslieferung per Lkw mit Medikamenten, Windeln, Jacken und anderen Hilfsgütern in das Katastrophengebiet starten. Zudem organisiere man derzeit eine finanzielle Hilfsaktion.

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Mit dem Verein Mannheim hilft ohne Grenzen rufen auch die Stadt Mannheim sowie Religionsgemeinden dazu auf, für die Opfer in der Türkei zu spenden. Die Stadt hat ein Spendenkonto eingerichtet. Inhaber des Spendenkontos ist der Verein Mannheim hilft ohne Grenzen. Bis Dienstagabend sind laut Stadt mehr als 10 500 Euro eingegangen. Seit 2017 verbindet Mannheim eine Projektpartnerschaft mit der türkischen Stadt Kilis, die ebenfalls stark vom Erdbeben betroffen ist. Dort sollte in wenigen Wochen ein gemeinsames Bildungszentrum eingeweiht werden. Bereits am Montag hatte Oberbürgermeister Peter Kurz in einem Kondolenzschreiben seinem türkischen Amtskollegen seine Anteilnahme ausgedrückt sowie Unterstützung angeboten. Die erste Rückmeldung der Pojektpartner: Die Stadt habe bereits viele Verletzte und Todesopfer zu beklagen. Immer wieder erschüttern Nachbeben die Umgebung, hätten die Menschen Angst, zurück in ihre Häuser zu gehen. Eine große Zahl der Gebäude sei zerstört. Man brauche Hilfe bei der Essensversorgung und beim Wiederaufbau - man sei für jede Hilfe dankbar.

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Für Mittwoch, 8. Februar, haben Mannheimer Fußballfans der türkischen Mannschaft Fenerbahce zu Sachspenden wie Schuhen oder Hygieneartikeln aufgerufen. Abgabestellen sind in Birkenau, Weinheim oder Mannheim. Die Lkw voller Spenden der Hilfsaktion von Montag werden wohl am Mittwochabend im Katastrophengebiet ankommen. Sie sollen laut Durkal von Helfern dann dorthin gelotst werden, wo sie am dringendsten gebraucht werden.

Redaktion Eva Baumgartner gehört zur Lokalredaktion Mannheim.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

Redaktion Online-Redakteurin, zudem zuständig für redaktionelle Videos

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