Mannheim. Neugierig blicken die Passagiere im Bus auf das Treiben, das sich gerade vor ihnen am Fernbusbahnhof ZOB abspielt: Unzählige Polizisten und Polizistinnen stehen dort, einige bewachen die Eingänge. Denn die rund 30 Fahrgäste, die auf dem Weg ins französische Marseille oder sogar bis ans Endziel Barcelona in Spanien sind, sind gerade mitten in eine Großkontrolle der Polizei geraten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.
Genauer genommen in eine länderübergreifende Fahndungs- und Sicherheitskontrolle, den siebten Sicherheitstag im Südwesten. Dabei arbeiten die Landespolizeien Hand in Hand mit der Steuerfahndung, dem Zoll, der Bundespolizei sowie der Ausländerbehörde und internationalen Strafverfolgungsbehörden zusammen. „Wir haben im gesamten Einsatzbereich 25 Aktionen durchgeführt, die Hälfte davon waren Aufklärungsangebote und Infos über die Polizei. Die Kontrollen haben auch eine Signalwirkung“, sagt Karl Appel, Sprecher vom Polizeipräsidium Mannheim. Durchleuchtet werden an diesem Tag nicht nur Autofahrer auf den umliegenden Autobahnen, sondern auch Reisende, Busfahrer und ihre Fahrzeuge selbst. Denn täglich passieren hier unzählige Busse den Fernbusbahnhof. Wonach da genau gesucht wird?
Ausweise eingesammelt und auf Echtheit überprüft
Im Businneren erklärt ein Ermittler, der anonym bleiben muss: Zunächst werden alle Ausweise der Passagiere eingesammelt - und auf ihre Echtheit überprüft. Dabei können die Beamten kontrollieren, ob sich unter den Fahrgästen jemand befindet, der national oder europaweit zur Fahndung ausgeschrieben ist. Die Fahrer müssen einen international gültigen Führerschein vorweisen sowie eine ordentliche Zeitkarte, auf der gesetzliche Pausen vermerkt sind.
„Wir haben vor allem Personen aus Kroatien, Bosnien oder Serbien im Blick. Aber das Gepäck durchsuchen wir nur, falls es einen Verdachtsmoment gibt“, erklärt der Ermittler weiter. Falls es zu Verständigungsproblemen kommt, sprechen er und seine Kolleginnen Polnisch, Türkisch oder Serbisch. Fluchtversuche oder blinde Passagiere? Auch das ist den Ermittlern an diesem Tag nicht untergekommen.
Die Bilanz von Einsatzleiterin nach fast zehn Stunden Kontrolle: „Es war sehr viel los, trotzdem gab es keine Probleme. Alle hatten Verständnis für die Kontrollen. Vielleicht auch, weil wir keinen Bus gestürmt, sondern einfach die Maßnahmen vorher erklärt haben.“ Unter den bislang über 120 Personen in zwölf Bussen seien nur wenige polizeibekannte Passagiere gewesen. Lediglich in zwei Fällen sei die Duldung des Aufenthaltsrechts ausgelaufen, aber auch Fahndungshinweise habe es gegeben. Zwischen 11 Uhr und 14 Uhr sei zu einem Bus-Stau gekommen, so dass die Beamten und Beamtinnen nicht alle hätten kontrollieren können. Zwar stehen auch für diese Großkontrolle Einsatzkräfte der Hundestaffel samt Drogenspürhunde bereit - die werden bis zum Nachmittag allerdings nicht gebraucht.
Woran es liegt, dass sich gerade an einem Fernbusbahnhof nur wenige Kriminelle tummeln? Zwar kommen und gehen hier viele Menschen ins Ausland, es gibt durchaus eine grenzübergreifende Kriminalität. Trotzdem würden laut Polizeisprecher Appel die grundsätzlichen Kontrollen an Bahnhöfen wirken. „Früher war der Mannheimer Bahnhof ein heißes Pflaster. Mit dem Zuschütten der Borelly-Grotte, der Umgestaltung des Willy-Brandt-Vorplatzes und der Videoüberwachung ist der Bahnhof nun kein Ort mehr, der für Kriminelle verheißungsvoll erscheint“, sagt Appel.
Zur Fahndung ausgeschrieben oder schon polizeibekannt?
Während die Ermittler weiter die heranfahrenden Fernbusse im Blick behalten, landen die eingesammelten Ausweise der Reisenden nach Barcelona in einem Polizeiwagen am Rand des Bahnhofs. Zwei Beamte können hier in Sekundenschnelle die Ausweise auf ihre Echtheit überprüfen und gegebenenfalls direkt zum Landeskriminalamt weiterleiten, das Gutachten für die Justiz erstellt.
Alles Nötige dafür befindet sich in einem tragbaren Koffer: Darin scannt ein kleiner Kasten samt Linse jedes Dokument - vom Führerschein über den Reisepass bis hin zum Personalausweis. Direkt daneben erscheint auf einem Laptop in digitaler Form die Identität der Person. „Wir scannen mit UV-Licht, machen einen Weiß-Abgleich. Fällt uns etwas auf, können wir einen Datenabgleich durchführen“, beschreibt ein speziell dafür geschulter Beamter seine Arbeit.
Per Knopfdruck haben die Beamten Zugang zu Polizeidatenbanken aller Länder im gesamten Schengen-Raum. Allerdings hat dieser Abgleich seine Grenzen: Die Beamten können nur auf Daten von Personen zugreifen, die zur Fahndung ausgeschrieben sind und damit überall gesucht werden. Am häufigsten würde zum Beispiel der italienische Personalausweis gefälscht. Denn den gibt es noch, ähnlich wie den alten deutschen Führerschein, in reiner Papierform - das einzige Format, das die Dokumentprüfer der Polizei nicht digital scannen können.
Bus aus Prag soll unbedingt kontrolliert werden
Zurück am Bussteig fahren immer mehr Busse ein. Als einer mit ausländischem Kennzeichen einbiegt, ruft ein Beamter alarmiert seinen Kollegen zu: „Das ist der Prager, der muss aufgemacht werden!“ Am Bussteig selbst wartet eine Familie mit kleinem Kind, aber auch Einzelreisende mit Koffern geduldig am Gleis. Sie beobachten wortlos, wie die Beamten zuerst den Busfahrer überprüfen und dann zu zweit das Innere betreten. Wohin genau die Wartenden wollen? Ein Fahrgast mit Rucksack weiß zwar nicht, warum die Polizei mit einem Großaufgebot hier ist, er zuckt aber nur gelassen mit den Schultern, schließlich will er nur von Mannheim nach Nürnberg.
Rund 30 Minuten dauert eine Kontrolle im Schnitt, abhängig von der Anzahl der Fahrgäste. Die Fahrscheine selbst aber, erklärt der Ermittler im Bus nach Barcelona später, überprüft die Polizei nicht - das überlassen sie den Busunternehmen und den Fahrern selbst.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-kontrolle-am-mannheimer-fernbusbahnhof-suche-nach-drogen-und-reisenden-kriminellen-_arid,2197364.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-das-ende-der-borelly-grotte-letzter-besuch-im-untergrund-_arid,1829721.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Kriminalstatistik Mannheim: Lage eher durchwachsen