Fasnacht

Kleiner Umzug am Samstag: So stimmen die Mannheimer Narren sich ein

Närrische Bootsfahrt, dann ein kleiner Umzug, der gar nicht klein war – das war am Fasnachtssamstag in Mannheim los.

Von 
Peter W. Ragge
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Schunkelrunde mit Sarah I. und Marco II. auf der Bühne auf den Planken beim kleinen Umzug am Samstag. © Michael Ruffler

Mannheim. „Was für ein berauschendes Gefühl“, ruft Stadtprinzessin Sarah I. aus, „es ist so schön, hier zu stehen!“ Hier – das ist eine Bühne auf den Planken, wo am Samstag der von der Karnevalskommission organisierte „Kleine Umzug“ des Prinzenpaares durch die Quadrate einen Zwischenstopp einlegt. Sonst nur als Einstimmung auf den großen Fasnachtszug am Sonntag gedacht, ist dieser Umzug diesmal mit rund 500 Teilnehmern alles andere als klein.

Los geht es auf dem Wasser. Für die traditionelle „Närrische Bootsfahrt“ hat die Karnevalskommission die „Königin Silvia“ gechartert, das neuste Schiff der Weißen Flotte Heidelberg und nach der in Heidelberg geborenen Königin Silvia von Schweden benannt. Mit an Bord sind außer dem Stadtprinzenpaar auch acht weitere Prinzessinnen aus Vororten, von Ludwigshafen oder Viernheim. Nun könnten sie „zwei gemütliche Stunden die Landschaft genießen“, begrüßt Sabine Kowalski, Präsidentin der Karnevalskommission, die Gäste der Fahrt. Sie soll die Tollitäten zurück zu den Wurzeln der Mannheimer Fasnacht führen, geht doch der Schlachtruf „Mannhem Ahoi“ auf die Tradition der Hafenstadt zurück und ist seit 1839 belegt.

So gleitet die „Königin Silvia“ nun auf Neckar und Rhein entlang. Während Markus Schnell munter in die Tasten seiner „Quetschkommod“ greift, ziehen Lagerhäuser, Tankanlagen, Schrottplätze und Kräne vorbei, sieht man die riesigen Anlagen der BASF ebenso wie das Museumsschiff, wo gerade Ehrenamtliche bei der Arbeit zu beobachten sind. Zwischendurch darf das Stadtprinzenpaar, Sarah I. und Marco II., zu Schiffsführer Christopher Götz in die Kabine. „Immer eine Hand breit Wasser unter dem Kiel“ , wünscht ihm der Prinz und dankt Götz für die ungewöhnliche Tour.

„Töchter Feudenheims“ singen an Bord der „Königin Silvia“

Sonst meist im Neckartal bis Neckarsteinach unterwegs, steuert er das 59 Meter lange Ausflugsschiff per Joystick mit ganz leichter Hand auf „Vater Rhein“. Dass zwei je 500 PS starke Motoren es antreiben, merkt man höchstens, als Götz mitten auf dem Strom in Höhe vom Speicher 7 dreht, um wieder zu Tal bis zur Neckarspitze und dann zurück in den Neckar zu fahren.

Miriam Frank, ehemalige Stadtprinzessin und in diesem Jahr erstmals eine der Zugmoderatorinnen, kündigt noch zwei besondere Gäste an: die „Töchter Feudenheims“. „Oh, Mannem is schäää“, singen Melissa Genazino und Mona Kourschil, und die Gäste an Bord stimmen gerne mit ein. „Ach wie isses so schön, durch Mannem zu gehn“, heißt es in einem ihrer Lieder – und das passt, denn nach ihrem Auftritt legt das Schiff an, und jetzt gehen die Fasnachter tatsächlich durch die Stadt.

Die Masse an Garden und Elferräten, die sie am Anleger am Neckarufer begrüßen, ist beeindruckend. Mannheimer Traditionscorps (MTC), „Pilwe“, „Sandhase“, Feuerio, „Löwenjäger“, Carneval Club Waldhof (CCW), „Gowe“, „Spargelstecher“, „Stroseridder“, „Lallehaag“, „Zabbe“, „Fröhlich Pfalz“ und Heddesheimer „Grumbe“ stehen unter anderem Spalier. „So viele Aktive hatten wir schon lange nicht mehr“, staunt Hans-Joachim Bender von der KKM, während KKM-Vizepräsident Thomas Dörner die Sperrung des Luisenrings durch Polizei, RNV und Fahrzeuge von Heck Verkehrstechnik koordiniert.

Die „Töchter Feudenheims“ (v. l. Mona Kourschil, Melissa Genazino) singen an Bord der „Königin Silvia“. © Michael Ruffler

Erstmals sind dank dem neuen KKM-Vorstandsmitglied Tanja Heidemann auch schon samstags zwei Schwellköpp der KKM und Fahnenschwinger dabei. Ob sie schon mal trainieren wollen, die 9,8 Kilo schweren Pappmache-Köpfe zu schleppen? Nein, entgegnet Christian Braun, „ich muss nicht üben, ich mache das schon zehn Jahre“, sagt der 35-Jährige. „Angefangen haben wir mit sechs Jahren in der Kleppergarde“, ergänzt sein Bruder Sven.

Mit ihren Trommeln geben die Karlsternhexen das Signal, dass der Marsch durch die Quadrate beginnt. Zwischendrin spielt die Brassband der „Stroseridder“. Für Musik sorgen zudem der CCW, der Musikboxen in zwei kleinen Leiterwägelchen transportiert. „Pilwe“-Elferrat Marc Karusseit trägt ein Megaphon, über das Musik zu hören ist, Begleiter der „Löwenjäger“-Garde schleppen Rucksäcke mit Musikboxen.

Schnell bleiben viele Passanten stehen, es werden Handys gezückt, Bilder gemacht, Videos gedreht. Gerade die Hexen sorgen immer mal wieder für Aufsehen, stürmen mit ihren Reisigbesen in die Zuschauerreihen, verstrubbeln Frauen die Haaare, erschrecken Eltern, schenken aber auch Kindern Lutscher. Elli (5), die Jüngste im Hexenkostüm, bekommt aber von einer Passantin auch etwas geschenkt – Zuckerwatte.

Viernheimer Prinzessin auf dem Holzpferd

Viel Aufmerksamkeit zieht auch Prinzessin Vanessa I. von der närrischen Galoppade vom Club der Gemütlichen (CdG) Viernheim auf sich. Sie sitzt auf einem Holzpferd, wird von zwei Elferräten gezogen. Das passe zu ihrem Titel, sei sie doch nicht nur im Gardetanzsport aktiv, sondern auch Hobbyreiterin. Das Stadtprinzenpaar ist natürlich vornehmer unterwegs: Sarah I. und Marco II. sitzen im offenen CLE Mercedes-Cabrio, vom Autohaus Ebert eigens zur Verfügung gestellt. Immer wieder kommen Menschen an den Wagen, die sie begrüßen oder Fotos machen wollen oder Autogramme wünschen. „Das ist der von der Pferderennbahn“, erkennt ihn eine Frau am Marktplatz.

„Das sind ja unglaublich viele“, staunt ebenso Feuerio-Vizepräsident Stefan Hoock, als der Umzug auf den Planken einen Zwischenstopp einlegt. Schausteller Markus Rick hat da einen Lkw als Bühne aufgestellt, Marco II. und alle Prinzessinnen dürfen sich dem närrischen Volk zeigen. Stefan Hoock singt mit dem Prinzenpaar, die Leute klatschen, singen, es bildet sich eine Polonaise. „Schöner könnte es nicht sein, eine schöne Einstimmung auf den Fasnachtszug“, freut sich Marco II., und in dem Moment scheint die Sonne ganz besonders schön. „Der Herrgott ist doch ein Fasnachter“, meint Hildegard Maringer von der Tanzgruppe „Lödies“ der „Löwenjäger“ dazu.

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Man spürt förmlich, wie sich alle Fasnachter auf den großen Umzug am Sonntag freuen. „Sechs Jahre waren jetzt auch eine lange Unterbrechung – und man sieht an der Resonanz der Leute: Der Bedarf ist da“, so Feuerio-Gardekommandeur Jürgen Steube. „Wir freuen uns alle, und die Vorbereitung hat auch super geklappt, die waren alle so freundlich und hilfsbereit“, lobt MTC-Kommandeur Dirk Neumann das Team der städtischen Tochter Veranstaltungen-Tourismus-Marketing (VTM), die den Fasnachtsumzug erstmals organisiert.

Am Ende des kleinen Umzugs steuern alle Fasnachter den Wasserturm an und dürfen sich dort mit dem Riesenrad „Colossus“ auf bis zu 35 Meter Höhe drehen. Aus den Gondeln schallt es weithin hörbar „Ahoi“, auch das „Löwenjäger“-Lied ist zu hören. Prinz Marco II. strahlt, als er aussteigt: „Super, sensationell, dieser Blick über die Stadt – den hast Du ja sonst nicht“, schwärmt er.

Redaktion Chefreporter

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