Betreuung

Kita-Krise: Stadt Mannheim schafft nur ein zusätzliches Betreuungsangebot

Nach flächendeckender Kürzung von Kita-Öffnungszeiten in Mannheim versucht die Stadt, Entlastung zu schaffen. Das gestaltet sich allerdings schwierig

Von 
Bertram Bähr
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Flächendeckend eine Stunde weniger Ganztagsbetreuung: Darüber wären die Eltern der katholischen Kita St. Adalbert in Seckenheim sogar froh. Denn für ihre Kinder ist bereits um 14 Uhr Schluss. Wegen der prekären Situation ihrer Einrichtung gehen sie jetzt auf die Barrikaden – unter anderem mit einer Demo. © Elternschaft St. Adalbert

Mannheim. Jetzt ist sie also in Kraft getreten: die flächendeckende Kürzung der Öffnungszeiten in städtischen, katholischen und evangelischen Ganztags-Kitas und Krippen sowie Horten an städtischen Kinderhäusern. Eine Stunde weniger pro Tag: Das bedeutet, dass die Einrichtungen in Mannheim statt 46,5 Stunden pro Woche nur noch 41,5 Stunden (oder notfalls sogar weniger) geöffnet sind. In der Regel endet die Betreuungszeit damit von montags bis donnerstags um 16 und freitags um 15 Uhr.

Als Stadt und Kirchen Ende Mai ihre Kürzungspläne verkündeten, kam sofort der Ruf nach Randzeitenbetreuung auf. Mit ihr soll nach dem Ende der regulären (gekürzten) Betreuungszeit ein Angebot für Eltern geschaffen werden, die beruflich darauf angewiesen sind. Bewältigt werden soll es ausdrücklich nicht von pädagogischen Fachkräften, sondern zum Beispiel von Vereinen oder Elternzusammenschlüssen.

Stadt Mannheim ermöglicht ein einziges Angebot mit einer Stunde Betreuung

Eine Woche nach dem Beginn des neuen Kindergartenjahrs, am kommenden Montag, geht nun ein erstes Randzeitenangebot mit einer einstündigen Betreuung pro Wochentag an den Start, wie Bürgermeister Dirk Grunert auf Anfrage mitteilte. Das „Pilotprojekt“, so bezeichnet es die Stadt, versorgt im Eltern-Kind-Zentrum Ida Dehmel – einer städtischen Einrichtung mit rund 155 Kindern im Rott – elf- bis zwölf Kita- und zwei Krippenkinder. Das Angebot entstand in Zusammenarbeit mit dem Sportkreis Mannheim. Mit einem weiteren Angebot in einer evangelischen Einrichtung rechnet Grunert demnächst.

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Bevor die Stadt in Gespräche mit potenziellen Trägern der Randzeitenbetreuung ging, startete sie unter den Eltern eine Bedarfsabfrage. Wie viele Eltern sich daran beteiligten, werde „trägerübergreifend nicht erfasst“, teilt die Stadt mit. „Wir können lediglich dokumentieren, wie viele Eltern einen dringenden Bedarf angemeldet haben.“ Die entsprechende Aufstellung vom 23. Juli führt 280 Eltern im Kita-, 75 im Krippen- und 35 im Hortbereich an. Das entspreche etwa sechs Prozent der betroffenen Eltern.

Bürgermeister Gruner lässt offen wann und wo es weitere Betreuungsangebote gibt

Zum Teil seien es pro Einrichtung nur sehr wenige Kinder, für die Bedarf angemeldet worden sei. Für sie ein eigenes Angebot zu schaffen, sei nicht möglich. Deshalb überlege man in solchen Fällen, Betreuungen etwa auf Stadtteilebene zu schaffen. In der Kita Ida Dehmel dagegen ist der Bedarf so hoch, dass es eine Lösung für die Einrichtung gibt. Der Ansatz der Stadt für die weitere Vorgehensweise sei dieser, so Dirk Grunert: „Wir starten mit den Einrichtungen, die den höchsten Betreuungsbedarf angemeldet haben und arbeiten das Stück für Stück ab.“

Wann und wo neue Angebote dazu kommen, lässt Grunert offen. „Die weitere Entwicklung hängt davon ab, wie schnell wir Personal finden“, teilt der Bürgermeister mit. Bisher sei die Zahl derer, die in der Randzeitenbetreuung arbeiten wollten, noch sehr überschaubar. „Das sind einzelne konkrete Personen, keine Flut von Bewerbungen“.

Randzeitbetreuung greift in Mannheim erst ab 16 Uhr

Grunert führt das vor allem auf die jetzt zu Ende gehende Ferienzeit zurück und erhofft sich in nächster Zeit größeres Interesse. Die Stadt hat eine E-Mail-Adresse eingerichtet, unter der sich potenzielle Unterstützerinnen und Unterstützer melden können: 58.erga@mannheim.de.

Weitgehend geklärt sind inzwischen viele rechtliche Fragen, zum Beispiel die Versicherung der Kinder oder der Personen, die das Angebot gestalten. Die Versicherung läuft über die Träger der Randzeitenbetreuung, also zum Beispiel über den Sportkreis, den Stadtjugendring oder einen größeren Verein. Unter ihrem Dach könne beispielsweise auch eine Elterninitiative tätig werden, die eine Betreuung auf die Beine stellen wolle.

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Die Randzeitenbetreuung greife erst ab 16 Uhr, das entspreche dem Willen des Gemeinderats, so Grunert. Aber den entsprechenden rechtlichen Rahmen für Eltern könne man auch auf Modelle übertragen, in denen die Randzeitenbetreuung ab 16 Uhr nichts nutzt – weil die Öffnungszeiten noch stärker gekürzt wurden. Das ist zum Beispiel bei der katholischen Kita St. Adalbert in Seckenheim der Fall, die laut Internetseite noch immer eine Betreuung bis 17 Uhr anbietet. Das sei schon sehr lange nicht mehr der Fall, sagt die Elternschaft, die wegen der prekären Betreuungssituation Anfang der Woche auf die Barrikaden gegangen ist und vor der Kindertagesstätte demonstriert hat. Jetzt werde nur noch bis 14 Uhr betreut.

Mannheimer Eltern sind wütend über Kita-Krise in der Stadt

In einer Pressemitteilung der Elternschaft heißt es, „eine hohe Fluktuation und ein massiver Krankenstand unter den Fachkräften führen seit Jahren zu einer instabilen Betreuungssituation“. Die jüngste, sehr kurzfristig vor den Sommerferien mitgeteilte „dauerhafte Kürzung der Öffnungszeiten auf ein Notfallplan-Niveau“ stelle für viele Eltern „eine erhebliche berufliche und private Herausforderung“ dar. Einige Fragen zur Situation in der Kita hatte der „Mannheimer Morgen“ vor einigen Tagen der Gesamtkirchengemeinde gestellt. Bislang gibt es dazu nur die Auskunft, dass die Beantwortung noch etwas dauern könnte.

Zurück zur Randzeitenbetreuung: Stadt und Kirchen hatten sie auch damit begründet, dass man so 400 zusätzliche Kindergartenplätze vergeben könne. Mitte Juli teilte die Stadt dazu mit, die evangelische Kirche habe dank der geringeren Öffnungszeiten ab September 195 der knapp 250 offenen Plätze zugesagt. Die Freigabe von 150 Plätzen in katholischen Einrichtungen solle „schrittweise ab September“ erfolgen. An diesem Stand, so Grunert, habe sich bisher nichts geändert.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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