Das Entsetzen war groß, als Stadt und Kirchen im Mai die flächendeckende Kürzung von Kita-Öffnungszeiten ankündigten. Noch nie habe man in so kurzer Zeit so viele Meinungsäußerungen besorgter und verzweifelter Eltern erhalten, erklärten unisono die Politikerinnen und Politiker mehrerer Gemeinderatsfraktionen. Viele forderten von der Verwaltung, rasch zu handeln und ein Randzeiten-Angebot zumindest für die am stärksten Betroffenen aufzubauen.
Dabei fielen Sätze wie: „Die Eltern brauchen natürlich sehr schnell und vor allen Dingen vor August, September Planungssicherheit.“ Oder: „Das muss funktionieren bis Herbst.“ Elternvertreter forderten ebenfalls, „dass jetzt schnell gehandelt wird, dass wir nicht noch Zeit bis nach den Sommerferien verlieren. Diese Zeit haben wir nicht mehr.“
In Mannheim gibt es das zusätzliche Betreuungsangebot nur für ein Dutzend Kinder
Auf den Druck, der sich von allen Seiten zunehmend aufbaute, reagierte auch die Verwaltung. Im Gemeinderat sagte Oberbürgermeister Christian Specht am 13. Juni, die Randzeitenbetreuung „ist jetzt unter Hochdruck in Bearbeitung“, man wolle „bereits im September Angebote dort machen, wo die Not am größten ist“. Die „Ambition ist extrem groß“, man werde „alles tun“, um auch „Unmögliches möglich zu machen“.
Gemessen an solchen Worten ist das, was bisher dabei herausgekommen ist, ausgesprochen ernüchternd: Eine Woche nach dem Start des Kindergartenjahrs kommt lediglich ein gutes Dutzend Kinder in einer einzigen Einrichtung in den Genuss eines zusätzlichen Betreuungsangebots von einer Stunde täglich.
Der Bedarf liegt um ein Vielfaches höher, 390 Betroffene haben ihn laut einer Erhebung der Stadt erklärt. Das sind zwar nur sechs Prozent aller Eltern. Allerdings haben etwa zehn Prozent der befragten Kitas gar nichts zurückgemeldet. Einige Eltern sagen außerdem, sie seien verunsichert gewesen.
Kita-Krise in Mannheim: Engagement der Stadt reicht nicht aus
Zum Beispiel wegen der Ungewissheit, wer die Kinder betreuen würde oder wo sie betreut würden, ob sie extra abgeholt und anderswo hingebracht werden müssten und einiges mehr. Kritik war im Vorfeld der Auswertung auch aus der Politik gekommen, etwa daran, dass erneut ein Arbeitsbeschäftigungsnachweis vorgelegt werden müsse, vieles nicht digital lief.
Aber so wie es aussieht, spielt das alles im Moment ohnehin keine Rolle. Selbst wenn sich viel mehr betroffene Eltern gemeldet hätten, wären sie vorerst leer ausgegangen. Schließlich gibt es erst eine Hand voll Randzeitenplätze. Offenbar reicht es nicht, dass in der Verwaltung und beim OB „die Ambition extrem groß“ ist.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/meinung/kommentare_artikel,-kommentar-angebot-der-stadt-in-mannheimer-kita-krise-ist-ernuechternd-_arid,2240374.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Angebot der Stadt in Mannheimer Kita-Krise ist ernüchternd
Um flächendeckend gekürzte Öffnungszeiten zu kompensieren, will die Stadt Randzeiten-Angebote in Mannheim schaffen. Am Montag startet gerade Mal eines. Das ist ausgesprochen ernüchternd, findet Bertram Bähr