Mannheim. Es ist eine kleine Attraktion in der Neckarstadt und seit seiner Errichtung im Jahr 2018 für viele Anwohner ein Spiel-, Sport- und Wohlfühlort geworden: Wo früher Autos parkten, vergnügen sich seither Kinder und Jugendliche aus allen Schichten der Bevölkerung. Es gibt einen kostenlosen Verleih für Spielgeräte und Musikinstrumente, Konzerte finden ebenfalls kostenlos statt, die aber wegen der Lautstärke dann doch nicht überall auf Gegenliebe stoßen. Am Samstag schließt das „Alter“ auf der südlichen Platzhälfte am Alten Meßplatz für immer. Ein Rückblick.
Die Stadt will Missstände in der Neckarstadt-West mit gezielten Entwicklungsvorhaben beheben. Sie plant dies schon seit 2002, als die Fläche am Alten Meßplatz im Rahmen eines umfangreichen Wettbewerbsverfahrens zur Neugestaltung der Mannheimer Kurpfalzachse überplant wird.
Projekt Alter war eine gemeinschaftliche Idee
Die Geschichte des „Alter“ beginnt jedoch erst 2018, als die südliche Fläche am Alten Meßplatz mit einem Sportpark und einem Kiosk aufgewertet werden soll. Die Neckarstädter reagieren verschnupft. Die erste Zwischennutzung, der seit 2013 etablierte Biergarten, sei ein Stück Kulturgut und dürfe nicht abgerissen werden. Doch das Vertragsverhältnis zwischen Stadt und „Altem Bahnhof“ sei von Beginn an begrenzt gewesen, heißt es vonseiten der Stadtverwaltung.
Für die Übergangszeit, bis das Haus der Deutschen Sprache an der Stelle gebaut wird, soll das Parkplatzgelände, das an den Biergarten angrenzt, neu gestaltet werden. Die Finanzierung wird von der städtischen Entwicklungsgesellschaft MWSP und der Stadt Mannheim getragen.
Das „Alter“ selbst ist eine gemeinschaftliche Idee des Filmemachers Philipp Kohl, des Künstlers Philipp Morlock und des Architekturbüros Yalla Yalla! Der Sportpark und der Kiosk werden von dem sich in Gründung befindenden gemeinnützigen Vereins POW geplant und betrieben.
Der Platz mit dem Kiosk zum Verweilen, dem Geräteverleih mit Badmintonschlägern, Skateboards, den Tischtennisplatten und Basketballkörben ist zwar nur eine Zwischenlösung für das Areal. Aber Philipp Kohl, Julia Alicka, Wulf Kramer, Robin Lang und Philipp Morlock von POW haben mit der Vereinsgründung ihr Projekt besiegelt, das dann Schlag auf Schlag im Frühjahr 2018 startet.
Die beiden pinkfarbenen Seecontainer, in denen sich Kiosk und Verleih befinden, werden das Markenzeichen des „Alter“. Eine Lichterkette, die bis in die Nachtstunden leuchtet, gibt ein sichereres Gefühl. „Wir wollten hier eine problematische Fläche aufwerten, eine bessere Atmosphäre schaffen“, sagt Kohl. Das sei gelungen und solle auch für 2019 gelten, wenn die Initiative in ihr zweites und letztes Jahr gehe, wie seinerzeit vermutet wird. Es ist noch längst nicht das Ende des Projekts.
"Alter" hat viel Aufmerksamkeit von der Politik bekommen
In seinem zweiten Jahr erlebt das Nachbarschaftsprojekt seinen Höhepunkt: Der Sportpark „Alter“ wird als vorbildliches Projekt beim Wettbewerb der Nebenan.de-Stiftung zum Landessieger gekürt und der POW erhält den Nachbarschaftspreis. Ministerpräsident Winfried Kretschmann dankt den Mannheimern für ihren Einsatz und lobt das Projekt: „Es ist ein wunderbares Beispiel dafür, was man auf die Beine stellen kann, wenn man gemeinsam anpackt.“
Anfang 2020 wird der Verein vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bau als Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik ausgezeichnet. Im Mai wird die Ansiedlung des Forums Deutsche Sprache vom Gemeinderat beschlossen. Seit 2021 liegen die Ergebnisse des Hochbauwettbewerbes zum Bau vor.
Anwohner begrüßen das Aus
Im August 2023 steht fest, dass das gemeinwohlorientierte Projekt am 30. September diesen Jahres seine Pforten schließt. Zu diesem Zeitpunkt ist das „Alter“ längst ein Vorzeigeprojekt, das viele schätzen, aber das auch kritisiert wird. Eine Petition will das Projekt erhalten. Direkte Anwohner stören sich hingegen an Lautstärke, Müll, Alkohol- und Drogenkonsum auf dem Platz und begrüßen das Aus.
Die Aktivitäten des „Alter“ ziehen in den kommenden Wochen auf die angrenzende Fläche am Brückenkopf um, jedoch in abgespeckter Form. Der Verein kann die Arbeit nicht länger allein stemmen, und der Platz ist künftig wegen des Baus für das Forum Deutsche Sprache für den Sportpark zu klein. Deshalb werden einige Geräte ganz abgebaut. Das Folgeprojekt „Oase“ unter dem Dach von POW soll dort verstetigt werden - wie und ob das gelingen kann, wird derzeit unter allen Protagonisten diskutiert.
Nur eines ist klar: Leise wird das „Alter“ sich nicht verabschieden. Für Freitag ist geplant, dass die Chöre der Stadt (Chor für Menschen die nicht singen können, Kneipenchor, Obdachlosenchor) auftreten, wie der POW-Vorsitzende, Florian Budke, mitteilt. Am Samstag sollen den ganzen Tag Konzerte stattfinden - dann schließt das „Alter“ für immer. Und die „Oase“ geht in die ohnehin geplante Winterpause.
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