Mannheim. Egon Jüttner erhält nun Post aus dem Mannheimer Rathaus. Im Gemeinderat war der gesundheitlich angeschlagene 82-Jährige schon länger nicht mehr. Auch alle drei Sitzungen seit der Kommunalwahl Anfang Juni versäumte er. Wie Stadtsprecherin Monika Enzenbach auf Anfrage bestätigt, fehlte der Stadtrat – früher CDU und jetzt Mittelstand-für-Mannheim (MfM) – ohne Entschuldigung, obwohl die Geschäftsordnung eine solche vorschreibt. Ergo konnte er auch nicht wieder offiziell verpflichtet werden.
In einem ersten Schritt werde Jüttner schriftlich auf sein pflichtwidriges Verhalten hingewiesen, so Enzenbach. Sollte er nicht innerhalb einer Woche reagieren, werde die Zahlung seiner Aufwandsentschädigung eingestellt. Für die ehrenamtliche Tätigkeit erhält man pro Monat 1040 Euro, davon sind 307 steuerfrei.
Nun droht ihm auch ein Ordnungsgeld von 1000 Euro
Nimmt Jüttner auch an der nächsten Gemeinderatssitzung am 19. November nicht teil, wird laut der Sprecherin im Ältestenrat über eine Rüge oder ein Ordnungsgeld beraten. Letzteres würde 1000 Euro betragen.
In der Lokalpolitik hat derzeit dem Vernehmen nach niemand Kontakt zu dem 82-Jährigen. Eine „MM“-Anfrage per Mail vom Montag ließ er unbeantwortet. Bekannt ist, dass Jüttner einige Zeit in einer Pflegeeinrichtung verbringen musste, um sich von einem Krankenhaus-Aufenthalt zu erholen. Mittlerweile soll er wieder zu Hause sein.
Das bestätigt CDU-Stadtrat Wilken Mampel, der ihn gut kennt – beide leben in Sandhofen. Vor Jüttners Haus sei mehrfach der Wagen einer mobilen Pflegehilfe gesichtet worden. Der Sohn habe berichtet, seinem Vater gehe es „einigermaßen“.
Birgit Reinemund, deren FDP-Fraktion sich Jüttner wie MfM-Vorgänger Wolfgang Taubert anschloss, kommunizierte vor einigen Wochen mit ihm per Brief. Sie wollte das gemeinsame Arbeitsprocedere absprechen. Zurück kam eine eher nichtssagende Antwort. Reinemunds Bitte an den Sohn, der Vater solle sie anrufen, blieb erfolglos.
Die Fraktionschefin betont, sie habe Jüttner schon in ihrer gemeinsamen Zeit im Bundestag als verantwortungsvoll erlebt. Dass er gesundheitliche Probleme habe, tue ihr leid. Fakt sei aber: „Uns fehlt eine Stimme, die wir dringend brauchen können.“ Im Gemeinderat hat weder das bürgerlich-konservative noch das linke Lager eine Mehrheit, bei den Etatberatungen im Dezember sind enge Entscheidungen zu erwarten.
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Sollte Jüttner sein Mandat niederlegen, würde Taubert nachrücken. Der holte auf der MfM-Liste die zweitmeisten Stimmen. Dass er sich nach zehn Jahren im Gemeinderat aktuell nicht mit all den Vorlagen herumplagen müsse, „tut meiner Seele mal ganz gut“, meint der 69-Jährige. Sollte der Sitz aber irgendwann freiwerden, wolle er ihn übernehmen, sofern ihm seine Gesundheit bis dahin nicht dazwischenfunke. Jüttners Verhalten findet Taubert bedauerlich. „Schade, dass er sein eigenes Denkmal ein Stück weit zerstört.“
Mit Zweifeln, ob jener Stadtrat noch die Erwartungen der Bürger erfüllen könne, hatte die CDU vor einem Jahr auch seine Nicht-Nominierung für die Kommunalwahl begründet. „Das hat mich sehr geärgert“, sagte Jüttner Mitte März dem „MM“. Seine Partei habe sich ihm gegenüber „nicht sauber verhalten“.
CDU leitet gegen 82-Jährigen Parteiausschlussverfahren ein
Seinerzeit machte der Christdemokrat keinen Hehl daraus, dass sein Unmut ein treibendes Motiv dafür war, diesmal für die MfM zu kandidieren. Taubert fädelte das ein, weil Jüttners Bekanntheit viele Stimmen versprach. 7622 wurden es.
Das habe seiner CDU wiederum definitiv geschadet, befindet der Kreisvorsitzende Christian Hötting. Daher hätten sie mittlerweile beschlossen, ein Parteiausschlussverfahren gegen ihren Ehrenvorsitzenden einzuleiten. Ein Gemeinderatsmandat für eine andere Gruppierung anzunehmen, sei ein Musterbeispiel für die Notwendigkeit eines solchen Schrittes. Jüttner habe zwar viel für die CDU getan. „Aber irgendwann ist der Bonus aufgebracht.“ Somit wird er nun noch ein weiteres Schreiben enthalten, das ihn zu einer Stellungnahme auffordert.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheimer Stadtrat Jüttner droht noch einigermaßen würdigen Abgang zu verpassen