Mannheim. Autos belegen in deutschen Großstädten zehn Prozent und mehr der öffentlichen Fläche. Auch in Mannheim. „Das können wir uns nicht mehr erlauben“, betonte Oberbürgermeister Peter Kurz auf einem Symposium zum Abschluss des Innovationsfestivals Innomake. Zwölf Tage lang hatten sich Expertinnen und Experten, Bürgerinnen und Bürger auf verschiedenen Veranstaltungen, in Workshops, bei Vorträgen und in Ausstellungen, mit der Frage befasst, wie die Stadt der Zukunft - oder die Zukunft der Stadt - aussehen soll. 2500 Menschen kamen so insgesamt zusammen, wie die Veranstalter von Innomake mitteilten, das Stadtmarketing sowie Next Mannheim, eine Dachmarke, unter der Mannheimer Gründungszentren betrieben werden.
Mobilität war dabei eines der drängenden Themen - auch beim Abschluss-Event. So bezeichnete es Kurz mit Verweis auf steigende Autozahlen in Deutschland als „völlig irre“, dass es immer mehr „Stehfahrzeuge“ gebe, die den öffentlichen Raum besetzen. Denn der sollte eigentlich für anderes und andere da sein, zum Beispiel für Fußgänger oder Sitzgelegenheiten wie neuerdings in der Fressgasse. Kurz’ Meinung war eindeutig: „Das Privatauto ist keine Antwort auf Mobilität, das steht zu 95 Prozent der Zeit nur rum.“ Es gehe allerdings nicht darum, Autofahrer zu verdrängen, die zentrale Frage sei vielmehr, wie die Räume in den Städten neu genutzt werden können. Sein Appell: „Wir brauchen einen Wandel in der Diskussion und müssen aus den ideologischen Gräben rauskommen.“
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Das versucht auch Paris, die Diskussion und die Stadt zu wandeln, wie die zum Symposium live aus der französischen Hauptstadt zugeschaltete stellvertretende Bürgermeisterin Pénélope Komitès erklärte. „Die Stadt, die nur mit Autos funktioniert, ist nicht mehr überlebensfähig“, sagte sie. Stattdessen müssten Fahrrad- und Fußwege ausgebaut, autonome Shuttlebusse eingeführt und Viertel zu völlig autofreien Zonen erklärt werden. Komitès weiß aus ihrer langjährigen Arbeit aber auch, dass die Menschen bei diesem Wandel mitgenommen werden müssen. „Metropolen wie Paris müssen nachhaltiger werden, wir haben gar keine andere Wahl, aber Innovationen sind kein Selbstzweck, die Bürger müssen selbst Akteure werden.“
Das war auch der Ansatz des Innovationsfestivals. So hatte Karmen Strahonja, Geschäftsführerin des Stadtmarketings, im Vorfeld des Festivals, das nunmehr zum dritten Mal stattfindet, betont: „Ziel ist, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wie schaffen wir eine lebenswerte, inklusive und nachhaltige Stadt?“ Durch ein durchgängiges Fahrradwegekonzept zum Beispiel, durch höhere Preise für das Parken in der Innenstadt, durch die Installation von sogenannten NeighborHubs, also sozialen Orten in Quartieren, wo sich Menschen treffen und arbeiten können und so der Vereinsamung entgegenwirken.
Auch durch die Nutzung von brachliegenden Flächen, durch Förderung gemeinschaftlicher Bauprojekte, durch die Schaffung von zentralen Co-Working-Plätzen. Vor allem aber müsse, da waren sich die Akteure einig, die Trennung von Arbeiten, Wohnen und Leben in den Städten aufgehoben werden. „Wir müssen die Städte zurückerobern, verlorene Qualitäten zurückgewinnen“, so Peter Kurz. Die funktionale Trennung der Städte sei ein Produkt der Industrialisierung. „Die große Aufgabe der Gegenwart und auch die große Chance ist, das wieder zusammenzuführen.“ Mit dem Slogan „Die Stadt der Viertelstunde“ will Paris genau das umsetzen: eine dezentralisierte Stadtorganisation mit dem Ziel, alle notwendigen Bereiche des alltäglichen Lebens in 15 Minuten zu erreichen. Am besten mit dem Fahrrad. Dazu zählen Einkaufen, Arztbesuche, Schule, Arbeit, Freizeit, Kultur.
Doch selbst beste Konzepte nützen nichts, wenn sie nicht umgesetzt werden. „Wir müssen experimentierfreudiger werden“, findet die Pariser Vize-Bürgermeisterin, „wir sollten neue Lösungen einfach ausprobieren und sie nicht nur auf dem Papier stehen haben.“ Immerhin, das verspricht der Geschäftsführer von Next Mannheim, Christian Sommer, es würden „alle entwickelten Ideen“ aus den zwölf Tagen Festival aufgenommen und Möglichkeiten der Umsetzung geprüft.
Im Netz noch abrufbar
2500 Besucherinnen und Besucher nahmen an den Veranstaltungen des zwölftägigen Innovationsfestivals Innomake teil.
Initiatoren von Innomake sind das Stadtmarketing Mannheim und Next Mannheim, eine Dachmarke, unter der die Stadt Aktivitäten in den Bereichen Startup-Ökosystem, kulturelle Stadtentwicklung, Popmusik-Förderung, Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenfasst.
Rückblicke auf die einzelnen Veranstaltungen gibt es auf innovationsfestival-mannheim.de/news.
Auch ein Stream des des Abschluss-Events ist verfügbar: innomake-mannheim.de.
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