Mannheim. Zwei verkaufsoffene Sonntage anlässlich zwei geplanter Erlebniswochenenden in der Innenstadt noch in diesem Jahr? Mit dieser Anregung sind der Handelsverband Nordbaden e.V. und die Werbegemeinschaft Mannheim City e.V. an die Stadt herangetreten.
Welche Vorteile und Nachteile das mit sich bringt und ob zwei Sonntagsöffnungen sinnvoll sind - das will die Stadtverwaltung am 9. April im Hauptausschuss des Gemeinderats diskutieren. Welche gesetzlichen Auflagen erfüllt sein müssen, was die Beschäftigten davon halten und wie viel in der Innenstadt los ist. Ein Überblick:
Welche Auflagen gibt es?
Laut Landesgesetz dürfen Läden nur im Ausnahmefall an maximal drei Sonn- und Feiertagen pro Jahr öffnen. Als Ausnahme zählen Feste, Märkte oder Messen. Damit diese als gültiger Anlass zählt, muss vorher klar sein, dass die Veranstaltung attraktiver und ein größerer Besuchermagnet ist, als das zusätzliche Shoppingangebot. Die Aussicht auf mehr Umsatz für die Einzelhändler oder ein „Shopping-Interesse“ der Kunden allein reicht nicht aus. Dabei dürfen die Geschäfte nicht länger als fünf Stunden offen sein, Ladenschuss ist um 18 Uhr. Die Öffnung darf auf keinen geschützten Feiertag wie etwa der 1. Mai oder Tag der Deutschen Einheit fallen.
Warum wird das Thema im Hauptausschuss diskutiert?
Sollte der Gemeinderat grünes Licht geben, bleibt nicht viel Zeit für die Organisation. Denn der erste verkaufsoffene Sonntag wäre schon am 16. Juni, also in zweieinhalb Monaten. Deshalb hatte der Vorsitzende der Werbegemeinschaft Mannheim City darum gebeten, die Entscheidung darüber früher herbeizuführen. Zur Hauptausschusssitzung sind deshalb der zuständige Bezirksbeirat sowie die Mitglieder vom Sicherheitsausschuss geladen, die sich sonst darüber vorberaten.
Mit wie vielen Besuchern rechnen die Veranstalter?
Hier lohnt sich ein Vergleich mit dem Stadtfest-Wochenende 2022. Damals waren rund 95.000 Menschen auf den Planken unterwegs. Zudem rechnet die Stadt mit einem ähnlichen Andrang wie bei den vergangenen Marktmeile-Wochenenden im Oktober. Hier kamen laut Polizei in den vergangenen Jahren zwischen 80.000 und 100.000 Besucher und Besucherinnen.
Wie viel ist sonst an einem Sonntag in der Stadt los?
Über den Tag verteilt halten sich laut Stadt an einem Sonntag ohne Öffnung in den Planken durchschnittlich 10.000 Passanten auf. „Aus den Erfahrungen vergangener Jahre wissen wir, dass der Handel während eines verkaufsoffenen Sonntages bei nur fünf Stunden Öffnungszeit in etwa die gleiche Anzahl an Kundschaft wie während eines Montages zählt, an dem üblicherweise zehn Stunden geöffnet ist“, heißt es in der Vorlage. Während eines Wochenendes mit der Marktmeile würden fast fünfmal so viel wie an einem regulären Sonntag ohne Geschäftsöffnung in die Innenstadt strömen. An einem Montag liege die durchschnittliche Besucherzahl bei 21.000 am Tag.
Was ist bei Mode und Musik am 16. Juni geplant?
Mode und Musik: Das steht an diesem Wochenende im Vordergrund bei „In Mannheim spielt die Musik“ und „Mode im Quadrat“. Die Veranstaltung war schon im vergangenen Somer Anlass für einen verkaufsoffenen Sonntag. Im ersten Teil dreht sich alles um Musik, wird es Bühnen auf dem Paradeplatz, Kapuzinerplannken oder am Marktplatz geben. Künstler ziehen durch die Straßen oder geben Konzerte in den Geschäften. Mit dabei sind alle Mannheimer Musik- und Kultureinrichtungen. Im zweiten Teil geht es um Mode. Kooperation mit Mannheimer Modeschulen und Modeschauen auf der Straße, in Passagen und Geschäften sind geplant.
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Wie sieht die neue Marktmeile am 6. Oktober aus?
Schmecken und Genießen: Dahinter verbirgt sich die ehemalige „MarktMeile Mannheim“. Seit Jahrzehnt wird damit an die Verleihung der Marktrechte an die Stadt erinnert. Die am 10. September 1613 ausgestellte Urkunde ist auch die historische Grundlage für Jahrmärkte und wesentliche Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufschwung. Die Marktmeile war bislang mit einer Sonntagsöffnung verbunden. Zwischen 11 und 18 Uhr gibt es Märkte wie der Kunstmarkt und der Herbstmarkt sowie das Jazz Festival „Jazz im Quadrat“. Neu dabei ist das Angebot „Wein und Genuss“.
Was sagt die Stadt zu den vorgeschlagenen Sonntagen?
Die Verwaltung schlägt vor, der Anregung des Handelsverbands und der Werbegemeinschaft zu folgen. Die gesetzlichen Voraussetzungen liegen vor. Die Veranstaltungsreihe diene dazu, die Attraktivität urbanen Lebens in Mannheim nach den von Krisen geprägten Jahren neu an die Menschen heranzutragen. Die Ladenöffnung stehe nicht im Vordergrund, sondern runde das Gesamterlebnis des Besuchs Mannheims ab. Menschen, die anlässlich der Veranstaltungen Mannheim so „wiederentdecken“ , seien auch versucht, die Stadt an den übrigen Tagen des Jahres wieder zu besuchen und damit zu beleben.
Warum sehen die Kirchen Arbeit am Sonntag kritisch?
Vor der Freigabe von Sonntagsöffnungen schreibt der Gesetzgeber die Anhörung der Kirchen vor. Beide Dekanate äußern sich in einer gemeinsamen Stellungnahme kritisch zu der Anzahl der beabsichtigen Sonntage. „Wir sehen die Sonntagsöffnung kritisch, weil nun schon zwei Sonntage für die Innenstadt beantragt sind. Dazu kommen die verkaufsoffenen Sonntage in den Stadtteilen“, schreiben Ralph Hartmann und Karl Jung. Schon für die Innenstadt gehe das über den ursprünglich einmal verabredeten Oktobertermin zur Marktmeile hinaus. Der Sonntag sei der eine Tag der Woche, „an dem auch eine umfassende Freiheit von werktäglichen Zwängen möglich ist. Das gelte insbesondere für die Angestellten im Einzelhandel. Diese Freiheit gehört zum Kern des Sonntags.“
Was halten die Beschäftigten davon, sonntags zu arbeiten?
Auf Anfrage dieser Redaktion kritisieren die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Mannheim den Vorschlag scharf: Man befürchte, dass so eine schleichende Aushöhlung des Sonntagsschutzes geplant ist. „Wie so oft gewinnt man den Eindruck: aus einer „einmaligen Ausnahme“ soll schleichend die neue Regel abgeleitet werden – genau das hatten wir befürchtet.“, so der DGB Kreisvorsitzende Ralf Heller. „Wir erwarten nun von den Fraktionen im Gemeinderat, dass sie sich hier und jetzt an ihre Zusage aus dem vergangenen Jahr erinnern und selbst daran halten: nämlich, dass die Ausweitung der Sonntagsöffnungen aus dem BUGA-Jahr 2023 eine Ausnahme bleiben wird.“ Die Geschäftsführerin von Verdi Rhein-Neckar, Kathrin Biro, findet: „Im letzten Jahr wurden die Gewerkschaften mit entsprechendem Vorlauf zur Entscheidung im Gemeinderat zu einem Gespräch mit Vertretern von Stadt und Handel eingeladen. Aber in diesem Jahr saßen wir bei den Vorberatungen nicht mal mit am Tisch.“ Dass man nicht einbezogen wurde, zeige, dass offenbar kein Interesse an der Stimme der Beschäftigten bestehe, so Biro. DGB Kreisvorsitzende Ralf Heller erinnert sich an die Debatten im Gemeinderat im März 2023 und an jene Beteuerungen über Ausnahmen. „Umso entsetzter sind wir jetzt, dass die Verwaltung den Vorschlag des Handelsverbands in dieser Form übernimmt.“
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