Corona - Bisher bei 0,66 Prozent der vollständig Geimpften in Mannheim Corona festgestellt / Ein Betroffener berichtet

Impfdurchbrüche nehmen in Mannheim stark zu

Von 
Steffen Mack
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Eine Spritze wird mit dem Biontech-Impfstoff aufgezogen. Zu einer Infektion kann es danach dennoch kommen, aber der Schutz vor einem schweren Verlauf ist hoch. © dpa

Mannheim. Tilmann Luppold hat es etwas mehr als ein halbes Jahr nach seiner zweiten Impfung erwischt. „Ich habe mich krank gefühlt, hatte Fieber“, erzählt der 55-jährige Mannheimer. Da er praktischerweise niedergelassener Arzt ist, konnte er tun, was anderen Infizierten nicht möglich ist: von sich selbst einen Abstrich nehmen und im Labor analysieren lassen. Ergebnis: Corona positiv. „Mir ist es relativ schlecht gegangen“, berichtet Luppold. Seine Sauerstoffsättigung sei auf 88 Prozent gesunken. Normal sind 94 bis 98 Prozent. „Meine Patienten schicke ich ab 86 Prozent ins Krankenhaus.“

Von Sarah Connor bis Niklas Süle

Von Menschen, bei denen trotz vollständiger Impfung das Virus auftritt, hört man oft. Etwa Sängerin Sarah Connor, US-Rockstar Jon Bon Jovi, Bayern-Trainer Julian Nagelsmann oder nun Nationalverteidiger Niklas Süle. Zuletzt waren mehr als ein Drittel der in Mannheim registrierten Neuinfizierten komplett geimpft, Tendenz steigend.

247 Neuinfektionen gemeldet

  • Die Corona-Zahlen steigen weiter beängstigend. Am Mittwoch meldete die Stadt 247 neue Fälle sowie erneut ein Todesopfer im Zusammenhang mit dem Virus: Ein über 50-jähriger Mann starb in einem Krankenhaus.
  • Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 339,7 und liegt jetzt wieder über dem Landesschnitt von derzeit 316.
  • Unter vollständig Geimpften bleibt die Inzidenz im Land bei 43,7, bei den übrigen beträgt sie nun 829,2. sma

Doch so dramatisch das klingt, so beruhigend wirken andere Zahlen: Nach den wöchentlichen Statistiken des Stuttgarter Sozialministeriums sind 198 111 der in Mannheim Gemeldeten vollständig geimpft. Die festgestellten Impfdurchbrüche beziffert das Gesundheitsamt mit 1301. Das sind nur 0,66 Prozent. Eigentlich ist das ein sehr guter Wert - zumal stets klar war, dass die Impfstoffe nicht zu 100 Prozent schützen.

Allerdings lag die Quote vor drei Monaten, als die Corona-Zahlen sehr viel niedriger waren, sogar nur bei 0,06. Dass sie auf das Zehnfache gestiegen ist, bedeutet: Kennt man 150 vollständig geimpfte Mannheimer persönlich, ist darunter rein rechnerisch ein dennoch Infizierter. Und die 149 weiteren kennen bestimmt andere. So wird daraus vom Hörensagen eine bedrohliche Welle.

„Boostern“ auch im Klinikum möglich

Corona-Impfungen können nun auch im Mannheimer Klinikum aufgefrischt werden. Das teilte Sprecher Dirk Schuhmann auf Anfrage mit. Der Impfpunkt in der Universitätsmedizin ist allerdings nur für in Mannheim gemeldete Menschen gedacht, die keinen Hausarzt haben.

Erforderlich ist unter www.umm.de/impfpunkt auch eine Online-Anmeldung. Angeboten wird das Vakzin von Biontech, an jedem zweiten Freitag auch das von Moderna. Termine mit Letzterem sind laut Schuhmann aber bis in den Januar hinein ausgebucht. Bei jenen beiden Impfstoffen soll man beim „Boostern“ nicht das Präparat wechseln. Dies wird nur bei AstraZeneca und Johnson & Johnson empfohlen.

Wohl keine Patienten angesteckt

Tilmann Luppold vermutet, dass er sich in seiner Hausarztpraxis in Neckarau bei einer Reiserückkehrerin infiziert hatte. In Kombination mit einer fehlerhaft gefertigten Maske. „Wenigstens habe ich, soweit ich weiß, keine Patienten angesteckt.“ Mit drei Leuten sei das Gesundheitsamt allen Kontakten nachgegangen.

Beim jetzigen Pandemiegeschehen ist das - auf Empfehlung des Robert Koch-Instituts und auf Weisung der Politik - anders. Ein Leser, der anonym bleiben will, erfuhr gerade, dass er mehrere Stunden mit einem Infizierten im Auto gesessen hatte. Er rief die Corona-Hotline an und fragte, was er machen solle. Antwort: nichts. Da er geimpft sei und keine Symptome habe, sei alles okay.

Die Gesundheitsämter konzentrierten sich jetzt ganz auf Corona-Cluster. Und wenn auf Kontaktpersonen, dann auf ungeimpfte. Dass dieser Ansatz nicht unberechtigt ist, zeigt sich in den Krankenhäusern. Auf der Covid-Intensivstation des Klinikums seien bislang nur sehr wenige Geimpfte gelegen, teilt der Ärztliche Direktor Hans-Jürgen Hennes mit. Die wenigen Ausnahmen wiesen meist ein hohes Alter oder teils schwere Vorerkrankungen auf.

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In den beiden christlichen Krankenhäusern musste nach Auskunft von Hennes’ Kollegen Dieter Schilling lange Zeit kein einziger vollständig geimpfter Corona-Patient intensivmedizinisch behandelt werden. Das habe sich nun erst mit dem rasanten allgemeinen Anstieg der Neuinfektionen im November geändert. Auf den Isolierstationen hat sich der Anteil der Geimpften zwar von zehn bis 15 auf jetzt rund 50 Prozent erhöht. Doch müssten zwei Drittel davon wegen anderer Erkrankungen stationär versorgt werden. Daher würden diese Menschen auch bei der Hospitalisierungsinzidenz, die über die Warn- oder Alarmstufe im Land entscheidet, nicht mitgerechnet.

Schilling betont auch, sowohl im Diako als auch im Theresienkrankenhaus sei noch kein einziger vollständig geimpfter Corona-Patient gestorben. Und „nahezu alle“ hätten eine abwehrschwächende Begleiterkrankung gehabt. Bei mehr als der Hälfte habe die letzte Impfung länger als sechs Monate zurückgelegen.

Wie bei Tilmann Luppold. Für ihn bleibt entscheidend, wie gering das Risiko einer schweren Erkrankung bei Geimpften ist. Er sei sich „hundertprozentig sicher: Ohne Impfung hätte ich ins Krankenhaus gemusst“. So ging es ihm nach zweitägigem Leiden bald wieder gut. Davon kann er nun seinen Patienten berichten.

Aktuell kämen wieder einige zur Erstimpfung, wohl wegen der sonst immer stärkeren Nachteile für sie. Und besonders gefragt seien derzeit Auffrischungen („Booster“). Die hält Luppold nach sechs Monaten für sinnvoll. Bei einer Mitarbeiterin habe er danach deutlich mehr Antikörper festgestellt. Noch besser sehe es aber bei ihm aus: Für Geimpfte sei eine Infektion„das beste Boostern, das man kriegen kann“.

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