Mannheim. Längst sind die Elektro-Scooter Teil des Straßenverkehrs geworden - auch in Mannheim. Allerdings gibt es auch hier Probleme. Welche Kontrollen es für Fahrer gibt, wie Verstöße bestraft werden und was die Stadt dagegen unternimmt: Antworten darauf haben der städtische Mobilitätsberater Tim Neugebauer und Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU) den Stadträten im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung geben. Ein Überblick:
Was hat die Stadt bislang getan, um die Nutzung zu regulieren?
Die Stadt hat mit vier E-Scooter Verleihern Vereinbarungen getroffen. Die Anbieter seien sehr entgegenkommend, auch weil sie den öffentlichen Druck spürten und Sanktionen fürchten, so Neugebauer. In der Vereinbarung sind auch Kernzonen definiert, in denen Anbieter täglich maximal 100 Fahrzeuge aufstellen dürfen. Dazu kommen großzügige Parkverbotszonen, rund um Gewässer wie das Neckarufer, Brücken, Fußgängerzonen oder den Paradeplatz sowie Grünanlagen. Hier können Nutzer die Roller nicht abmelden und deshalb nicht abstellen. Das soll verhindern, dass Scooter wie in Köln im Rhein landen. Dort hatten Taucher mehrere Hundert Fahrzeuge aus dem Fluss gefischt. Bislang habe man in Mannheim drei versenkte Scooter gefunden, bekannt sind aber nur die Fahrzeuge, die dem Ordnungsamt gemeldet werden. Die Dunkelziffer, räumt Neugebauer ein, sei möglicherweise höher. Die Verleiher geben an, dass sie bislang eine einstellige Zahl an Scootern aus den Mannheimern Gewässern geborgen haben.
Haben die E-Scooter den Nah- verkehr in Mannheim gefördert?
Die Bilanz vom Ersten Bürgermeister Christian Specht (CDU): Es sei der Wunsch vom Bundesverkehrsministerium gewesen, dass die E-Roller den Nahverkehr fördern. „Tatsächlich gibt es keinen nachweislichen ökologischen Effekt vom Einsatz der Roller, im Gegenteil: Sie sind zum Spaßinstrument geworden.“ Besonders die abgestellten E-Scooter auf Gehwegen oder im Feld seien störend, sind sich auch die anwesenden Stadträte einig.
Wie viele Scooter sind in Mannheim unterwegs
Insgesamt 3400 E-Roller werden im Durchschnitt an einem Sommertag in Mannheim und Ludwigshafen ausgeliehen. Die beiden Städte werden als ein Verkehrsgebiet zusammengefasst.
Wie oft kommt es zu Unfällen oder Verstößen
Laut der polizeilichen Kriminalstatistik hat es 2020 insgesamt 500 Vorkommnisse mit E-Roller in Mannheim geben. Davon waren 56 Verkehrsunfälle. 25 Personen wurden leicht, neun schwer verletzt. 270 Verstöße von Fahrenden, die alkoholisiert unterwegs waren, vermeldet die Polizei. Allerdings gelten für Tretrollerfahrer die gleichen Promillegrenzen wie für Autofahrer: Wer alkoholisiert mit 0,5 bis 1,09 Promille E-Scooter fährt, riskiert ein Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg und einen Monat Fahrverbot. Für Fahranfänger unter 21 Jahren gilt die Null-Promille-Grenze. In 90 Fällen der verzeichneten Verstöße standen die Nutzer unter anderen berauschenden Mitteln. Die meisten werden von der Polizei auf frischer Tat ertappt.
Das sagen Leser über E-Tretroller
Manchmal stehen sie mitten im Weg – und sorgen nicht nur für Ärger, sondern sind auch eine Gefahr für den Straßenverkehr. Dass die Stadt Mannheim dieses „E-Roller-Unwesen“ duldet, ist für MM-Leser Andreas Bohrdt „völlig unverständlich“. Er hat sich aus Ärger über falsch geparkte Roller an die Redaktion gewandt. Denn „den Tiefpunkt dieser Unsitte“, findet Bohrdt, habe er in der Haardtstraße entdeckt: Zwei Scooter, die mitten auf dem Gehweg abgestellt wurden, der zudem ein zentraler Schulweg zur Diesterweg-Grundschule im Lindenhof sei.
Dass der Gesetzgeber E-Scooter und Fahrräder gleichstellt, macht es der Stadt nicht leicht, falsches Abstellen zu ahnden. Grundsätzlich dürfen laut Stadt E-Scooter auf Gehwegen abgestellt werden, wenn die verbleibende Gehwegbreite noch 1,60 Meter beträgt. Ein anderer Leser schildert auch: In Feudenheim, Neckarstadt-Ost und der Gartenstadt würden Spaziergänger, „meist männlich und im mittleren bis Rentenalter“, ordnungsgemäß abgestellte Flitzer mitten auf Fuß- oder Radwege schieben oder auf Grünflächen werfen.
Darauf angesprochen, bekomme er aggressive Antworten. „Als Besitzer eines privaten E-Scooters werde ich von der gleichen Personengruppe öfters verbal angefeindet oder beim Überholen mit dem PKW ein wenig abgedrängt“, schreibt er weiter. Er sieht das Problem nicht bei den Scootern oder Nutzern – für ihn als Pendler sei das Konzept der E-Scooter „perfekt erfüllt“ , schließlich erreiche er so ohne Probleme die S-Bahn-Haltstelle.
Wie wird das falsche Abstellen kontrolliert?
Zwar hat der Ordnungsdienst bei seinen täglichen Kontrollen auch die E-Scooter im Auge. Während aber die Fahrt mit dem Scooter klar geregelt ist und Verstöße nach dem Bußgeldkatalog sanktioniert werden, ist das Nachweisen vom Falschparken ein Problem: Zum einen sehe die Bundesgesetzgebung laut Stadt weiterhin keine Verstöße beim Abstellen der Fahrzeuge vor. Deshalb gebe es dafür keine Bußgelder. Zum anderen kann jeder und jede, nachdem der Fahrer die Miete beendet und den Roller abgestellt hat, den Scooter umtreten oder umstellen. Oft würden laut Neugebauer andere die Scooter verschieben. Entfernt werden störende Roller erst, wenn entweder eine Beschwerde beim Ordnungsamt eingeht oder der Ordnungsdienst eine Verkehrsbehinderung entdeckt. Die Behörde informiert dann den Anbieter mit der Aufforderung, das Fahrzeug einzusammeln. Nur wenn eine Beschwerde oder ein Defekt gemeldet wird, seien die Anbieter verpflichtet, die Roller innerhalb von 24 Stunden einzusammeln. In diesem Jahr sind bis zum ersten September insgesamt 80 Beschwerden beim Ordnungsamt eingegangen. Zwar schwankt diese Zahl je nach Wetterlage, trotzdem könne man laut Neugebauer von zwei bis drei Beschwerden wöchentlich ausgehen.
Welche weiteren Regeln kann die Stadt für E-Roller einführen
Die Stadt prüft derzeit noch, welche Regelungen im Rahmen einer Sondernutzung getroffen werden können. Das sei zwar ein juristischer Graubereich, in Nordrhein-Westfalen gebe es bereits ein entsprechendes Urteil dazu, so Neugebauer. Auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt die Stadt auch: Man erhoffe sich davon einerseits, die Zahl an Fahrzeugen pro Anbieter begrenzen zu können, andererseits klarere Regeln für das Aufstellen der Fahrzeuge definieren zu können. Neben Verbotszonen können bei Verstößen gegen die Sondernutzungsregeln grundsätzlich ein Zwangsgeld oder der Widerruf der Genehmigung angedroht werden. „Ausgewiesene Parkzonen sind derzeit nicht geplant, da die Ungenauigkeit des GPS der Fahrzeuge dies nicht zulässt und die Anbieter keine festen Parkstationen einrichten wollen“, heißt es auf Nachfrage weiter.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar E-Scooter in Mannheim: Mobilität beschleunigen statt ausbremsen