Sicherheit

Heidelberger Kriminologe: „Mannheimer Waffenverbotszone sollte beibehalten werden“

Auf Grundlage einer Studie des Heidelberger Instituts für Kriminologie will die Stadt Mannheim die Waffenverbotszone über den 1. Dezember hinaus verlängern. Was die Studie über die Waffenverbotszone genau sagt

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Sebastian Koch
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In großen Teilen der Innenstadt, auch in der Breiten Straße, gilt seit 1. Dezember 2023 eine auf zunächst ein Jahr befristete Waffenverbotszone. Die soll nun verlängert werden. © Thomas Tröster

Mannheim. Das Medieninteresse im Glasfoyer des Rathauses am Donnerstagnachmittag ist groß: Die Verwaltung präsentiert die Ergebnisse der Sicherheitsfokusbefragung, die dafür ausschlaggebend sein soll, ob die im Dezember eingeführte Waffen- und Messerverbotszone in der Innenstadt fortgeführt oder aufgehoben werden soll. Schnell ist klar: Sicherheitsdezernent Volker Proffen (CDU) wird Oberbürgermeister Christian Specht eine Verlängerung empfehlen. Der Erfolg spreche dafür, erklären Proffen und Dieter Hermann vom Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg, der die Befragung konzipiert und ausgewertet hat. Fragen und Antworten dazu.

Welche Erkenntnisse hat die Befragung ergeben?

Viele. Allerdings sind die auf den ersten Blick recht unübersichtlich. „Die Befragung hat ergeben, dass die Waffenverbotszone durchaus ambivalent bewertet wird“, sagt Proffen. „Der Großteil der Bevölkerung befürwortet die Zone aber.“ Die sei „wichtig“, Gewaltkriminalität in der Innenstadt zu reduzieren und Sicherheit zu erhöhen.

© MM-Grafik

Tatsächlich ist die Zahl der Körperverletzungen in der Innenstadt gestiegen. Aber: Im Vergleich mit anderen Stadtteilen deutlich geringer. Die Rate liegt auch deutlich unter dem Durchschnitt für die Stadt. Mit Abstand die stärkste Steigerung weist der Jungbusch auf, dahinter Neckarstadt-West und Schönau. Die Innenstadt liegt im hinteren Drittel. Die Sicherheitslage in Mannheim hat sich trotz der Verbotszone insgesamt also verschlechtert. Das gelte aber bundesweit, sagt Hermann. „Ohne die Zone wären die Zahlen in der Innenstadt noch höher.“

Dagegen ist die Furcht vor Kriminalität in der Innenstadt stark gestiegen. Hinter dem Jungbusch und der Neckarstadt-West hat die Innenstadt hier den dritthöchsten Wert - deutlich über dem Schnitt. Proffen und Hermann verweisen darauf, dass die Befragung nur wenige Wochen nach dem Attentat auf dem Marktplatz durchgeführt worden war. Das habe die Kriminalitätsfurcht in der Innenstadt „ganz erheblich“ wachsen lassen.

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Hermann leitet aus der Befragung außerdem ab, dass es zwar eine „begründete Skepsis“ zur Wirksamkeit der Verbotszone gibt. Allerdings hätte eine Mehrheit auch gesagt, dass die Einführung der Zone kein Fehler gewesen sei. Demzufolge sei der Anteil der Personen, die das Gebiet meiden, weil sie sich dort wegen der Waffenverbotszone unsicherer fühlten, „relativ klein“, und es gebe „kein verstärktes Gefühl des Unwohlseins in der Waffenverbotszone“.

Wie werden die Ergebnisse interpretiert?

„Die Waffenverbotszone sollte beibehalten werden“, sagt Hermann, da die Kriminalität dort weniger stark ansteige als außerhalb der Zone. Das steigere die objektive Sicherheit und so auch das subjektive Empfinden. Die Verwaltung müsse die Waffenverbotszone aber positiv bewerben. Die Daten würden nämlich zeigen, dass die, die die Waffenverbotszone negativ beurteilen auch eine hohe Kriminalitätsfurcht aufweisen. Die aber, die die Waffenverbotszone positiv bewerten, fürchten sich auch weniger vor Kriminalität.

Wie viele Waffen wurden sichergestellt?

Die Präsidentin des Polizeipräsidiums Mannheim, Ulrike Schäfer, informierte im Sicherheitsausschuss am späten Nachmittag unter anderem über 16 erlaubnisfreie Schreckschusswaffen, neun Pfeffersprays und sieben Messer mit einer Klingenlänge über vier Zentimeter. Insgesamt seien 35 Verfahren wegen Führens einer Waffe eingeleitet sowie fünf Ordnungswidrigkeiten festgestellt worden. Alle 28 Verdächtigen seien männlich gewesen, knapp zwei Drittel davon Jugendliche oder Heranwachsende. Nur zwei Verdächtige waren älter als 40.

Wirkliche Vergleichsdaten zur Zeit vor der Waffenverbotszone gibt es hier nicht - auch weil entsprechende Waffen damals teilweise eben nicht verboten waren. Generell lasse sich von diesen Daten kein Rückschluss auf den Erfolg der Waffenverbotszone schließen, sagen Proffen und Hermann. Wenn man wenige Waffen beschlagnahmt hätte, könne man sagen, die Zone schrecke ab. Hätte man viele gefunden, könnte man sagen, die Zone funktioniert. „Diese Zahlen kann man eigentlich immer als Erfolg interpretieren“, sagt Hermann.

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Wie ist die Studie einzuordnen?

Hermann spricht von einer „außergewöhnlichen“ Studie, auf die zahlreiche Gemeinden schauen würden. Zwar hätten viele Städte Waffenverbotszonen - bislang aber habe keine eine derartige Evaluation angestrengt. Die Studie sei außergewöhnlich gut, weil die Stadt regelmäßig Sicherheitsbefragungen durchführt - und so belastbare Vergleichsdaten vorliegen. In anderen Städten, etwa in Leipzig, hat es die nicht gegeben. Für die vorgestellte Befragung in Mannheim wurden 20 000 Menschen zufällig angeschrieben. Fast 20 Prozent haben geantwortet. „Für eine Online-Umfrage ohne Erinnerungsschreiben ist das recht hoch“, sagt Proffen.

Wie geht es nun weiter?

Am Nachmittag diskutierte der Sicherheitsausschuss über die Befragung (Berichterstattung folgt). Für die Verlängerung der bis 1. Dezember befristeten Verbotszone ist aber ohnehin Oberbürgermeister Specht - nicht der Gemeinderat - verantwortlich. Proffen sagte, dass die Ausgestaltung der Verordnung nun geprüft und erörtert werde. Dazu gehört, ob die Zone zeitlich wieder begrenzt wird oder ob sie räumlich auf die ganze Innenstadt ausgeweitet wird. Für beides zeigte sich Proffen prinzipiell offen.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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