Mannheim. Eigentlich ist es ein ganz normaler Samstag auf den Benz-Barracken. Die warmen Temperaturen locken die Bewohner ins Freie. Manche nutzen das schöne Wetter für einen Spaziergang, andere genießen die Zeit, indem sie auf der Terrasse vor ihrem Haus sitzen und die Woche gemütlich ausklingen lassen. Für viele ist es ein Moment, um die Seele baumeln zu lassen. Doch nicht überall auf der Wohnanlage ist Ausruhen angesagt. Denn wer am Häuschen im Freien Weg 12 vorbeigeht, spürt den Kontrast.
Auf dem Gelände, wo einst Dagmar ihr kleines Reich zu einem Kult-Häuschen machte, tummelt sich eine Gruppe Menschen. Aufmerksamen Beobachtern dürfen wohl auch die Fernsehkameras nicht entgangen sein. Dort ist ein kleines Team damit beschäftigt, eine Handvoll Menschen, die am Häuschen der verstorbenen Dagmar eine Pergola entfernen, zu filmen. Denn das rund 60 Quadratmeter große Gebäude, das Hausmeister Michael Klesius derzeit als Zweitwohnsitz gemietet hatte, soll abgerissen werden (wir berichteten). Bereits Ende Oktober wurde der Beschluss offiziell verkündet. Nun ist es soweit. Die ersten Arbeiten des Rückbaus wurden jetzt an diesem Samstag gestartet.
Herausforderndes Leben der Menschen in den Benz-Baracken
Die Benz-Barracken auf dem Waldhof zählen zwar nicht zu den schönsten Wohngegenden der Quadratestadt, genießen aber dennoch Kultstatus. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Sozialreportage „Hartz und Herzlich“ seit 2017 dort gedreht wird. Die Reality-Doku, die von UFA Show & Factual produziert wird, kam nach der ersten Staffel in Duisburg im Jahr 2016 auch nach Mannheim. Dort werden das oftmals herausfordernde Leben der Bewohnerinnen und Bewohner, die Probleme, aber auch die schönen Momente gezeigt.
Inzwischen hat das Format auch außerhalb der Region viele Anhänger, und so manche Fans von auswärts pilgern auch schon mal auf den Waldhof, um sich das Setting selbst anzuschauen, und um einen Blick auf die Bewohnerinnen und Bewohner zu werfen, die durch die Dokumentation fast schon Promistatus genießen. Zu den bekanntesten Anwohnern gehören neben Elvis und Hausmeister Klesius vor allem auch Make-up-Artistin Janine. Als Liebling der Fans galt aber nicht zuletzt vor allem Dagmar. Sie war zu Recht die gute Seele der Benz-Barracken.
Dagmars Tod vor drei Jahren sorgte für große Trauer und Erschütterung
Dagmar wurde am 19. Februar 1954 in Thüringen geboren und wuchs wohlbehütet mit ihrer Familie und ihren vier Geschwistern in Jena auf. Sie flüchtete schließlich mit sieben Kindern im Oktober 1989 in den Westen, ihr achtes Kind erblickte in Mannheim das Licht der Welt. Sie hat zudem 28 Enkel sowie Urenkel. Doch Dagmar starb schließlich am 8. November 2021 im Alter von 67 Jahren und wurde am 26. November im Kreis ihrer Familie in Mannheim beigesetzt. Ihr Tod sorgte nicht nur in den Benz-Barracken für große Trauer und Erschütterung.
Immerhin hatte sie sich vorgenommen, mindestens das Alter von 70 Jahren zu erreichen. Laut ihrer Tochter Anja wurde die trotz vieler gesundheitlicher Einschränkungen stets lebensbejahende Frau durch einen Hirnschlag tragisch aus dem Leben gerissen. Doch Dagmar bleibt unvergessen. Die anderen Bewohner erinnern sich gern an die herzensgute Frau, die trotz ihres eigenen Schicksals stets an andere Menschen dachte und bis zu ihrem Lebensende hilfsbereit war.
Dagmar war wegen ihrer kecken Sprüche beliebt
Für die anderen hatte sie nicht nur immer ein offenes Ohr, sondern unterstützte sie tatkräftig. Bei Nachbarn und Zuschauern der Serie war sie nicht zuletzt auch aufgrund ihrer Selbstironie und ihren kecken Sprüchen beliebt. Sie liebte es, sich selbst durch den Kakao zu ziehen. Legendär sind Momente, in den sie Elvis liebevoll als „Hustensaftschmuggler“ bezeichnet oder den Spruch „So ist das Leben hier, kurz und beschissen, wie eine Hühnerleiter“ heraushaut. Dagmar wird, auch Jahre nach ihrem Tod, schmerzlich vermisst. Ihr kleines Kult-Häuschen, das schon damals als Rückzugsort bekannt war, diente den Bewohnern in den vergangenen Jahren als Treffpunkt.
So ist das Leben: kurz und beschissen wie eine Hühnerleiter.
Klesius und sein Kumpel Lothar renovierten das von Schimmel befallene Gebäude und richteten auch den Garten her. Doch diese Ära geht nun auch zu Ende. Denn das 850 Quadratmeter große Grundstück hat viel Potenzial. Nun ist es verkauft worden, dem Vernehmen war der Wert auf 600.000 Euro angesetzt. Doch wer es gekauft haben soll, darüber wird derzeit noch spekuliert. Glaubt man kursierenden Gerüchten, handelt es sich um einen Investor aus Freiburg. So könnten dort möglicherweise hochwertigere Häuser, ähnlich wie sie bereits von der GBG auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen, auf dem Areal gebaut werden.
Dreharbeiten auf dem Gelände von Dagmars Häuschen dauerten mehrere Stunden
Derzeit geht es aber vor allem noch um den Rückbau. Wie dieser in der kommenden Zeit über die Bühne gehen soll, steht nicht fest. Denn Gespräche mit den Bewohnern waren während und auch nach den Dreharbeiten nicht möglich. Tagsüber am Samstag werden manche der bekannten Kultbewohner am Drehort gesehen. Nicht nur auf dem Gelände selbst, auch auf der Straße, die zu Dagmars Häuschen führt, wird für die Serie mehrere Stunden lang gefilmt. Das Ergebnis dürfte wohl in Kürze in der Sendung „Hartz und Herzlich“ zu sehen sein.
Am frühen Samstagabend ist es in der Straße ruhig. Eine Familie mit Kinderwagen geht vorbei, eine Gruppe junger Männer ist unterwegs und einzige Hundebesitzer, die mit ihren Lieblingen Gassi gehen. Auf einer der Terrassen haben es sich Nachbarn bequem gemacht. Sie lassen den sonnigen Tag, der in einen lauen, fast sommerlichen Abend übergegangen ist, ausklingen und unterhalten sich. An Dagmars Häuschen selbst ist niemand mehr zu sehen. Am Gelände sind Schilder angebracht, auf denen „Betreten der Baustelle verboten“ zu lesen ist. Das Tor ist verschlossen, und auch das Grundstück scheint inzwischen verweist. Die Bewohner, die vorher noch zu sehen waren, sind nicht mehr da. Auch das Kamerateam hat sich inzwischen zurückgezogen. Am Haus selbst scheint sich an dem Tag wenig getan haben.
Noch sind viele Fragen offen: Wann wird das Häuschen weiter zurückgebaut? Wer wird daran beteiligt sein? Und wie geht es überhaupt mit dem Grundstück weiter, auf dem Dagmars Kult-Häuschen so viele Jahre lang ein beliebter Treffpunkt der Benz-Barracken war? Möglicherweise könnte die eine oder andere Information bei der Ausstrahlung von „Hartz und Herzlich“ Licht ins Dunkle bringen. Man darf also gespannt sein, wie es auf den Benz-Barracken und vor allem mit dem Haus von Dagmar weitergeht.
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