Mannheim. Halloween ist auch für viele Menschen in den Benz-Baracken ein besonderes Fest. Vor allem natürlich, wenn sie Kinder haben. So sieht man auch nun wieder einige schaurig-schöne Verzierungen auf Balkonen und in Vorgärten.
Ein gruseliger Anblick ganz anderer Art ist - jedenfalls für Bewohner und Fans der RTL2-Reihe „Hartz und herzlich“ - im Freien Weg 12 zu finden. Das im hinteren Teil gelegene Haus, zentrale Kultstätte der Serie, ist nun gänzlich verwaist. Der darin zuletzt wohnende Hausmeister Michael Klesius musste es komplett räumen. Bald soll es abgerissen werden, wie der „Mannheimer Morgen“ aus mehreren Quellen erfuhr.
"Hartz und herzlich": Dagmar starb vor drei Jahren
In diesem Haus lebte früher Dagmar, die wie alle bei „Hartz und herzlich“ nur mit Vornamen genannt wurde. Sie starb vor ziemlich genau drei Jahren am 8. November an einem Hirnschlag. Der überraschende Tod der 67-Jährigen, die als gute Seele der Benz-Baracken galt, löste bei Millionen Fans eine Schockwelle aus. Nach wie vor reisen fast täglich welche nach Mannheim und schauen sich auf dem Waldhof-Ost das Grundstück an.
Dass Dagmars nur rund 60 Quadratmeter großes Haus - marode und schimmelbefallen - abgerissen werden soll, wurde schon bald nach ihrem Tod bekannt. Aber bis sich ein Käufer fand, durfte es Hausmeister Klesius als Zweitwohnsitz mieten. Zusammen mit seinem Kumpel Lothar renovierte er alles und richtete es liebevoll her, auch den Garten. Seither dient das Haus vor allem der Nachbarschaft als Treffpunkt.
Investor aus Freiburg will offenbar Wohnungen auf Areal bauen
Allerdings war auch klar, dass auf dem 850-Quadratmeter-Grundstück sehr viel mehr möglich ist. Interessenten schreckte wohl lange vor allem der Preis ab, dem Vernehmen nach wurden zuletzt noch 600 000 Euro verlangt. Wer es nun gekauft hat und was daraus werden soll, kursiert nur gerüchteweise. Die Rede ist von einem Investor aus Freiburg und Plänen für eine Wohnbebauung, vermutlich höherwertig. Auf der anderen Straßenseite stehen bereits moderne Mietshäuser der GBG, die sich stark von den noch verbliebenen Blöcken gegenüber unterscheiden.
An einem Beispiel festgemacht: Die einen haben abschließbare Abfallbehälter vor ihrer Tür, die anderen klagen über überquellende Tonnen, weil Fremde einfach ihren Müll hier lassen. Zwischen Zugezogenen und Alteingesessenen gab es auch bereits Konflikte um die Nutzung der Spielplätze vor den neuen Häusern.
"Hartz und herzlich": Elvis regt ein großes Wandgemälde zur Erinnerung an Dagmar an
An Donnerstagnachmittag kommt auf einem Roller Elvis an Dagmars Haus vorbeigefahren, einer der Hauptakteure in der Serie. „Sehr schade, dass jetzt alles von Dagmar wegkommt“, bedauert er. „Ausgerechnet vor ihrem Todestag.“ Zum Glück habe er daheim noch einige Erinnerungen. Er würde sich wünschen, dass hier auch künftig etwas an die Verstorbene erinnert. Etwa ein großes Wandgemälde an einem Haus, wie es ein paar Ecken weiter vom Boxer Charly Graf mit seiner Mutter hängt.
Dass der Abriss von Dagmars Haus unausweichlich sei, darüber habe er sich keine Illusionen gemacht, sagt Elvis. „Aber immerhin konnten wir uns jetzt noch drei Jahre lang hier treffen. Das war schön.“
Ähnlich äußert sich später Hausmeister Klesius, als er vorbeikommt. Einerseits ist er froh über die Zeit, die er hier nun noch verbringen durfte. Andererseits aber auch traurig, dass es nun vorbei ist. „Mir tut es vor allem leid, dass das hier als Begegnungsstätte wegfällt.“
Dagmar war Liebling der "Hartz und herzlich"-Fans
An diesem Tag wieder aus dem Rheinland nach Mannheim gereist ist Ralf Jühe, bei der Produktionsfirma Ufa von Beginn an der Hauptverantwortliche für die Staffeln aus den Benz-Baracken. Er erzählt, Dagmar sei ihnen bei den Dreharbeiten damals aufgefallen, weil sie ständig in ihrem Garten Holz gesägt habe. „Dann hat sie uns erzählt, dass sie das zum Heizen für ihren Ofen braucht.“ So wurde Dagmar, die damals noch ein Stück weiter in einem Kiosk arbeitete, fester Bestandteil der Reihe. Und mit ihrer patenten Art und ihren lustigen Sprüchen zum Liebling der Fans.
Jetzt muss Jühe klären, wie man in der Serie mit dem Abriss des Hauses umgeht. Normalerweise werden die gedrehten Szenen mit etwa einem halben Jahr Verspätung ausgestrahlt, das ist bei aufwendigeren TV-Produktionen so üblich. Derzeit laufen auf RTL2 auch nur Wiederholungen bereits gesendeter Staffeln.
Nun wolle man allerdings eine Ausnahme machen und das Anrücken der Bagger möglichst zeitnah zeigen, also etwa zwei Wochen später, berichtet der Produzent. Aber dafür muss er erst mal rausfinden, wann der Abriss genau geplant ist. Den zu sehen, dürfte sich für Fans auch weit nach Halloween noch recht gruselig anfühlen.
Benz-Barracken seit 2017 Drehort für TV-Doku
- Die Sozialreportage „Hartz und Herzlich“ wird von UFA Show & Factual produziert und ausgestrahlt. Die erste Staffel, in Duisburg, lief 2016. Seit 2017 wird auch in Mannheim in den Benz-Barracken gedreht.
- Dagmar wurde am 19. Februar 1954 in Thüringen geboren und starb am 8. November 2021. Die gute Seele der Benz-Barracken wuchs wohlbehütet mit ihrer Familie und ihren vier Geschwistern in Jena auf. Mit sieben Kindern flüchtete sie im Oktober 1989 in den Westen. In Mannheim wurde ihr achtes Kind geboren. Sie hat 28 Enkel sowie Urenkel.
- Ihr Haus mit Garten war ihr Rückzugsort. Am 26. November wurde sie in Mannheim im Kreis ihrer Familie und engsten Freunde beigesetzt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Glosse "Übrigens" Benz-Baracken: Bei der GBG piept es neuerdings